Hypermoon
© Asa Sandzen / Mia Engberg / Miljia Rossi / Olle_Westman

Hypermoon

„Hypermoon“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Die deutsche Dokumentarfilmerin Mia Engberg blick auf ihr Leben zurück. In Hypermoon verarbeitet sie die Erinnerungen, die sie bis heute begleiten. Telefonate mit ihrem Exfreund, Zeitgeschichte der 90er Jahre, aber auch ihre Krankheitsgeschichte fließen gleichermaßen ineinander. Das Resultat ist ein Filmessay über menschliche Erinnerungen und die Zerbrechlichkeit des Lebens.

Ein prädestinierter Festival-Film

Bereits nach wenigen Minuten stellt man direkt fest: Hypermoon ist wie geschaffen für das DOK.fest München: Es handelt sich um eine durch und durch unkonventionelle Produktion. Unverblümt expressionistisch, verleiht Regisseurin Engberg ihrem neuesten Werk einen auf den ersten Blick fast schon experimentellen Touch. Bilder, die sich zwischen Expressionismus und Hyperrealismus (der besonders die Naturgewalten, Licht und Wasser umfasst) bewegen, brennen sich in die Netzhaut ein. Dazu passt auch die Narrative, die weder einer konventionellen filmischen Logik entspricht, noch ist diese chronologischer Natur. Vielmehr ist die Narrative von einer menschlichen Unmittelbarkeit geprägt, da Engberg ihre Gefühle und Erinnerungen fragmentarisch festhält. Es scheinen die wichtigsten Erinnerungen ihres Lebens zu sein. Oder?

Mit fortschreitender Laufzeit stellt sich Hypermoon in einer Hinsicht als besonders heraus. Es geht eigentlich weder um die Vergangenheit, noch um Gegenwart und Zukunft. Man hat fast das Gefühl, dass dieser Film in eine gänzliche neue Kategorie fällt, die filmwissenschaftlich erst noch ergründet werden muss. Vielmehr verschwimmen die zeitlichen Kontexte, auch wenn es vermehrt um vergangene Erinnerungen geht. So gesehen geht es gleichzeitig um alles (das Leben) und gleichzeitig um nichts – die Unbedeutsamkeit von all dem, wenn man so will.

Unkonventionelle Kunst

Mal bunt, dann mal wieder schwarz-weiß, geht ein Spiel mit den Bildern einher. Der Kommentar von Engberg ist jedoch kein emotionaler, sondern meist schon mehr ein faktischer. Dass der Krankheitsverlauf auf einer medizinischen Ebene verhandelt wird und nicht auf einer gefühlsbetonten, kann man nur als unkonventionell bezeichnen. Antworten auf Fragen wie „Wie hast du dich gefühlt, als du die lebensverändernde Diagnose bekommen hast?“ wird es hier nicht geben. Vielleicht liegt hier zu viel Angst darin, man vermag es nicht zu sagen. So zieht sich die emotionslose, ja schon fast kalte Narrative durch den Film und verursacht eine schwer greifbare Atmosphäre.

Aufgrund all des Hyperrealismus, das heißt den alltäglichen Bildern des Lebens, könnte man fragen, ob Hypermoon ein erkenntnistheoretischer Film ist. Das heißt: Kann man mit dem Film ein Stück weit die Welt und oder das menschliche Sein ergründen? Die Antwort darauf kann nur verneint werden. Erstens, weil der Film keine starke Nachwirkung hinterlässt und nur bedingt zum philosophischen Nachdenken anregt. Zweitens geht es auch Hypermoon gar nicht darum, irgendwelche Antworten zu liefern, sondern vielmehr um das unmittelbare Schauen und Erleben dieser mitunter bildgewaltigen Optik.

Letztlich kristallisiert sich aber auch an anderer Stelle das Besondere heraus: Der Film ist in seiner Machart absolut neutral. Es gibt hier weder Hoffnung, zum Beispiel für Leidensgenossen, welche das gleiche medizinische Schicksal tragen, noch gibt es Angst und schon gar nicht eine Art Traumabewältigung für die eigenen Sorgen des Publikums. In der Gesamtheit ist es ein Nullsummenspiel: Alles hebt sich auf, wird neutralisiert und so resultiert ein komplizierter, zumindest aber erinnerungswürdiger meditativer Touch.

Credits

OT: „Hypermoon“
Land: Schweden
Jahr: 2023
Regie: Mia Engberg
Drehbuch: Mia Engberg
Musik: Patrik Vörén
Kamera: Miljia Rossi, Mia Engberg

Bilder

Trailer

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Hypermoon
Fazit
"Hypermoon" erfüllt alle Kategorien für einen Festivalfilm. Durch und durch ausdrucksstark, hinterlässt uns Mia Engberg mit einer bildgewaltigen Ästhetik, die sich zwischen Hyperrealismus und Expressionismus bewegt.
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