Madame Annie und ihre Familie

Eigentlich ist Annie Castillon (Alexandra Lamy) mit ihrem Leben ziemlich glücklich. So ist sie seit vielen Jahren mit Laurent (Philippe Katerine) verheiratet, hat vier Kinder mit ihm. Das bedeutet zwar immer mal wieder Stress, aber ihr gefällt es, wie es ist. Doch dann stößt sie eines Tages auf einen positiven Schwangerschaftstest, den jemand in den Eimer im Badezimmer geworfen hat. Nur wer? Nacheinander klappert sie ihren Mann und die ältesten drei Kinder César (Matteo Perez), Max (Joaquim Fossi) und Poupi (Chloé Gaillard) ab, immer auf der Suche nach der Besitzerin des Schwangerschaftstests. Dabei muss sie feststellen, dass in ihrer Familie vieles nicht so ist, wie sie es sich ausgemalt hat und die anderen ihre Geheimnisse haben …

Eine Familie im Umbruch

Es gehört bei Filmen dazu, dass sie mit aller Macht verkauft werden müssen und dafür gern auf große Namen gesetzt wird. Was aber tun, wenn keine großen Stars mitspielen oder der Film Teil eines Franchises ist? Dann wird über Bande gespielt, werden entweder direkt Vergleiche mit Erfolgstiteln bemüht oder auch auf andere Werke der Beteiligten verwiesen. Ganz beliebt: „von den Produzenten von…“. Wenn auch das keine Option ist, werden hierzulande Filme gern einfach umbenannt. So auch hier. Während die französische Komödie im Original schlicht Le test hieß, wurde sie in Deutschland in Madame Annie und ihre Familie umbenannt. Offenbar hoffte man, auf diese Weise Fans von Monsieur Claude und seine Töchter anzuziehen, die hier einen ähnlichen Film vermuten.

Die Entscheidung ist ein wenig zwiespältig. Auf der einen Seite spielt der Test an sich in dem Film tatsächlich nicht die große Rolle, die der Titel und die Inhaltsangabe vermuten lassen. Zwar dreht sich am Anfang alles darum, dass Annie herausfinden möchte, wer die Schwangere ist. Dies führt aber über kurz oder lang dazu, dass sich die Familie mit sehr viel mehr auseinandersetzen und sich einiger Sachen bewusst werden muss. Da geht es beispielsweise um die Beziehungen der Protagonistin zu ihrem Mann und ihren Kindern. Aber auch die Frage, was die einzelnen Leute eigentlich von ihrem Leben erwarten, wird in Madame Annie und ihre Familie angesprochen. Insofern passt der neue Titel schon, den sich das deutsche Marketingteam ausgedacht hat.

Leise und rührend

Dennoch sollte man nicht erwarten, dass der Film mit dem offensichtlichen Vorbild zu vergleichen ist. Das zeigt sich gerade im Hinblick auf den Humor. Wo Monsieur Claude und seine Töchter die Vorurteile des Vaters nutzte, um eine Mischung aus Situationskomik und politisch wenig korrektem Humor anzubieten, da ist man hier deutlich freundlicher. Da wird niemand direkt angegriffen. Konflikte gibt es in Madame Annie und ihre Familie zwar schon. Die werden aber vergleichsweise schnell abgearbeitet, der Ton ist deutlich versöhnlicher. Und er ist eben leiser, da wird kein vergleichbares Gagfeuerwerk abgefackelt, wird nicht im Minutentakt versucht, das Zwerchfell des Publikums zu bombardieren. Wer etwas in diese Richtung sucht, der ist hier daher verkehrt.

Amüsant ist der Film zum Teil aber schon. Gerade zu Beginn hat Regisseur Emmanuel Poulain-Arnaud zusammen mit seinem Co-Autor Noé Debré (Der verlorene Prinz und das Reich der Träume) einige witzige Szenen eingebaut. Wenn die Familie herauszufinden versucht, wer denn nun die Schwangere ist, kommt es zu absurden Situationen. Doch das bleibt nicht bis zum Ende so. Dafür hat Madame Annie und ihre Familie einige rührende Momente. Einer der schönsten ist ein spontaner Anflug geschwisterlicher Verbundenheit, ähnlich zu einer Szene in The Adults. Da ist also schon einiges drin, wofür es sich lohnen kann, bei dieser Familie einmal vorbeizuschauen. Man muss nur eben wissen, worauf man sich dabei einlässt.