MAY DECEMBER
© François Duhamel / Courtesy of Netflix

May December

„May December“ // Deutschland-Start: 30. Mai 2024 (Kino) // 13. September 2024 (DVD)

Inhalt / Kritik

Zwanzig Jahre ist es her, als Gracie Atherton-Yoo (Julianne Moore) als damalige Lehrerin mit einem ihrer Schüler erwischt wurde. Mittlerweile sind die Jahre ins Land gegangen und fast niemand erinnert sich mehr an den Skandal-Fall. Fast niemand deswegen, weil ein biografischer Independent-Film über diese Geschichte geplant ist, bei dem Elizabeth Berry (Natalie Portman) Gracie verkörpern soll. Im Rahmen ihrer schauspielerischen Vorbereitungsphase besucht sie Gracie, die mit ihrem Mann  (Charles Melton) und den dreiköpfigen Nachwuchs ein unbesorgtes und reiches Leben führt. Zu Beginn ahnt dabei noch niemand, dass das Öffnen alter Wunden eine subtile Lawine in Gang setzt.

Vorhersehbar wie unberechenbar

Recht banal könnte man das Konzept von May December bezeichnen: Eine Schauspielerin verliert sich selbst bei der Verkörperung einer, wie sie es selbst sagt, dunklen, aber dafür umso interessanteren Person. Das Motiv der menschlichen Transformation erkennt man schon auf Meilen entfernt. Die resultierende Erwartung, dass man es mit einem durchdachten und intelligenten Film zu tun hat, steigt daher schnell. Derartige Ideen bieten schließlich viel Potential für tiefgründige Psychogramme.

Ein sprachlicher Albtraum

Regisseur Todd Haynes (Carol) entscheidet sich mit einer zu jederzeit innewohnenden Oberflächlichkeit überraschenderweise für die absolute Gegenrichtung. Wird beispielsweise irgendeine Frage gestellt, wie sich eine Person fühlt, folgen immer und immer wieder abgehackte und fast schon roboterhafte Antworten: Gut! Großartig! Das Problem ist, dass man gefühlt irgendeine Seite aus dem Drehbuch nehmen und wahrscheinlich direkt mehrere Anstriche in dieser oberflächlichen Hinsicht vornehmen könnte. Aufgrund dessen stellt sich bald die Frage ein, ob das nicht Absicht ist, um das Hollywood-Leben bewusst als oberflächlich und fast schon gedankenlos hinzustellen. Es fällt schwer, diesen Gedanken aufrecht zu erhalten, da die schauspielerische Transformation damit wiederum komplett überflüssig wäre. Zumal das Publikum auch vermehrt mit Bildern von Schmetterlingen konfrontiert wird und das Motiv der Transformation erneut ganz deutlich erkennbar ist.

Der bisher rätselhafteste Film in Cannes

Dass May December in der Hauptsektion der Filmfestspiele in Cannes anzutreffen ist, verursacht Verwunderung, doch dann eigentlich auch wieder nicht. Viele werden sich bestimmt in diese Rätselhaftigkeit flüchten und irgendwo soll da bestimmt auch Kunst drinstecken. Zu krampfhaft erscheint jedoch der Versuch, irgendeine Meta-Ebene hinein zu packen, besonders dann, wenn die Monotonie einsetzt. Bis zum Ermüden wiederholen sich hierbei die Bilder, bei denen die Kamera auf die Menschen zu- und herauszoomt. Doch nicht nur bildlich, auch musikalisch ist dies der Fall, wenn eine verheißungsvolle Melodie immer wieder einsetzt. Durch eben jene Monotonie entsteht darüber hinaus aber auch das Problem der Spannungslosigkeit. Da sich nicht wirklich eine Entwicklung der Figuren einstellt, wird auch an dieser Stelle enorm viel Potential verspielt.

Aus den Augen, aus den Sinn

Eigentlich weiß May December ganz genau um seine Schwächen. Das macht sich besonders an den sehr raren Stellen bemerkbar, wenn die Figuren einen Funken Intelligenz durchscheinen lassen. Überrascht ist die einstige Skandalnudel Gracie zum Beispiel dann, wenn die Schauspielerin ihr eine Frage stellt, die an sich nichts mit der schauspielerischen Verkörperung zu tun hat. Es ist offensichtlich, dass das Ergründen anderweitiger menschlicher Kontexte vermutlich genauso hilfreich ist, wenn es um den schauspielerischen Vorbereitungsprozess geht. An dieser Stelle könnte man letztlich auch noch einen Brückenschlag machen und sagen, dass sich herausragende Filmproduktionen gerade dadurch abheben, wenn die Schauspieler*innen den Figuren überzeugend Leben einhauchen. Bei diesem Film kann man das aber absolut nicht sagen, im Gegenteil. Zu oberflächlich auf der anderen Seite und zu wenig mysteriös auf der anderen, gehört May December zu dieser Sorte Film, mit der man sich nach dem Einsetzen der Credits gar nicht mehr so wirklich beschäftigen möchte.

Credits

OT: „May December“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Todd Haynes
Drehbuch: Samy Burch, Alex Mechanik
Musik: Marcelo Zarvos
Kamera: Christopher Blauvelt
Besetzung: Natalie Portman, Julianne Moore, Charles Melton, Piper Curda, Elizabeth Yu

Bilder

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May December
fazit
"May December" will das Publikum mit verheißungsvollen Bilder und Klängen in den Bann ziehen, verliert sich dabei jedoch in absoluter Bedeutungslosigkeit. Die schauspielerische Transformation, um die es eigentlich gehen soll, kann sich dadurch zu keinem Zeitpunkt richtig entfalten.
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