Drei Jahre musste Muraki (Ryo Ikebe) wegen Mordes im Gefängnis verbringen, einen Auftragsmord, den er im Namen des Yakuza-Bosses Funada (Seiji Miyaguchi) erledigte. Nun ist er zurück in Tokio, doch in seiner Abwesenheit hat sich einiges in der Stadt getan, sodass er diese kaum wiedererkennt. Sein Gefühl der Entfremdung und Verwunderung wird noch verstärkt, als er von dem Zusammenschluss der verschiedenen Clans hört, unter anderem auch dem Funadas, was ihn den eigentlichen Sinn des Mordes hinterfragen lässt. Dennoch hält er den Gangstern die Treue, die hinter seinem Rücken über seine vermeintlichen Rachepläne sprechen oder inwiefern der den Bossen gefährlich werden könnte.
Zudem hat seine Geliebte Shinko (Chisako Hara) in Murakis Abwesenheit einen neuen Liebhaber gefunden, was sie ihm nach einem letzten Schäferstündchen gesteht. Muraki scheint all dies scheinbar wenig zu kümmern und er vertreibt sich eine Zeit beim Glücksspiel, wo er die schöne Saeko (Mariko Kaga) kennenlernt, die dank ihm einmal auf der Seite der Gewinner zu stehen scheint. Nicht nur ihre Schönheit zieht Muraki in ihren Bann, sondern auch ihre Sorglosigkeit über die riesigen Summen, die sie jeden Abend verspielt. Nach kurzer Zeit kommen sich die beiden näher und Muraki verspricht ihr, er werde sie zu einem anderen Spiel begleiten, bei dem die Einsätze noch höher seien, was Saeko dankend annimmt. Während die Beziehung zu Saeko intensiver wird, erhält Muraki auch die ersten Aufträge von seinem Boss, der froh ist, ihn wieder in seinem Clan zu haben. Unter Begleitung von Aikawa (Naoki Sugiura) versucht Muraki, wieder Fuß zu fassen in diesem neuen Tokio, doch seine Verbindung zu Saeko lässt ihn nicht los. Als er erfährt, was sich wirklich hinter ihr verbirgt und wie sie fühlt, ist er ihr bereits verfallen und ebenfalls in Gefahr, sich zu verlieren.
Das Ende einer Jugend
In einem Interview über eines seiner Hauptwerke, nämlich Pale Flower von 1964, sagte Regisseur Masahiro Shinoda (Demon Pond, Silence) einmal, er habe nach dessen Fertigstellung gemerkt, dass seine Jugend nun endgültig vorbei sei. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits bei neun Filmen Regie geführt hatte, fand Shinoda mit diesem Film seine Themen und seine Sprache sowie die damit verbundene Sicherheit, was auch außerhalb seines Heimatlandes gewürdigt wurde. Der Gangsterfilm ist, ähnlich wie die Arbeiten seines Kollegen Seijun Suzuki, mehr als nur ein Genrefilm, sondern Ausdruck einer tief empfundenen Nihilismus über die japanischen Nachkriegsgesellschaft, die Hinwendung zum Konsum und dem blinden Gehorsam, den man unter dem Deckmantel des Patriotismus verkauft.
Von den ersten Minuten wird man als Zuschauer konfrontiert mit diesem desillusionierten Blick auf die Stadt und ihre Bürger. Muraki, einst ein funktionierendes Zahnrad innerhalb der Yakuza-Hierarchie, blickt mit einer Mischung aus Verwunderung und kaum verhohlenem Ekel auf diese Stadt, von der ihn nun mehr trennt als der Lebensweg, den er vor vielen Jahren einschlug. Er spricht davon, dass alles einfach weitergeht und die Zeit einfach weitergeht, wie bei den zahlreichen Uhren in dem Geschäft, in dem er sich ein letztes Mal mit seiner Geliebten spricht, bevor sich ihre Wege für immer trennen werden. Mit den Mitteln des Film Noir, den Kontrast von Hell und Dunkel sowie einem beachtlichen Gespür für die Inszenierung privater wie auch urbaner Räume betont Shinoda eine Stimmung, die den ganzen Film durchzieht, und immer mehr das Gangstergenre verlässt und Pale Flower mehr zu einem Drama werden lässt, in der zwei Menschen sich beginnen zu verlieren oder sich dunklen Neigungen hingeben, weil ohnehin sonst alles verloren ist.
Keine Ehre, nur überleben
Das ist starker Tobak, den Shinoda in Pale Flower behandelt, und nicht minder zynisch sind seine Figuren. Ryo Ikebe und Mariko Kaga spielen Liebende, die noch einmal etwas wagen, aber eigentlich schon wissen, dass sie verlieren werden, wie beim Glücksspiel. Sollten sie jedoch einmal gewinnen, wird so lange gespielt und auf Risiko gesetzt, bis alles wieder verloren ist, vielleicht sogar mehr als das Geld, was man bei sich trägt.
Ähnlich wie beispielsweise Kenji Fukasaku in der Battles Without Honor and Humanity-Reihe ist die Hierarchie der Yakuza ein Abbild der Gesellschaft. Ehre, Prinzipien oder gar Würde, sagt Muraki an einer Stelle, gibt es nicht mehr oder sind nur leere Hülsen. Es geht nur noch um das eigene Überleben, was seine zynische Weltsicht treffend auf den Punkt bringt.
OT: „Kawaita hana“
Land: Japan
Jahr: 1964
Regie: Masahiro Shinoda
Drehbuch: Masahiro Shinoda, Ataru Baba
Musik: Toru Takemitsu, Yuji Takahashi
Kamera: Masao Kosugi
Besetzung: Ryo Ikebe, Mariko Kaga, Takashi Fujiki, Naoki Sugiura, Seiji Miyaguchi, Eijiro Tono, Chisako Hara, Shinichiro Mikami, Koji Nakahara, Isao Sasaki
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