In The Desert spielt Patricia Arquette eine Frau, die nach dem Tod ihrer Mutter in eine Krise gerät, dann aber ihre Berufung als Privatdetektivin findet. An ihrer Seite sehen wir Matt Dillon, der ihren Mann Danny spielt und sie bei ihren Ermittlungen unterstützt, dabei aber auch eigene Ziele verfolgt. Seit dem 17. Mai 2023 ist die schwarzhumorige Serie auf Apple TV+ zu sehen. In unserem Interview lest ihr, was die beiden dazu zu sagen haben.
Was hat euch an den Rollen gereizt? Könnt ihr eure Charaktere beschreiben?
Patricia Arquette: Peggy hat mich gereizt. Sie hat Fehler, sie ist eine Gelegenheitssüchtige, aber mit einem Herzen aus Gold. Ich mochte alle Charaktere, die in der Geschichte vorkommen. In gewisser Weise fühlten sie sich wie überspitzte Versionen von Leuten an, die ich in meinem eigenen Leben getroffen hatte. Auch die Möglichkeit zu lachen hat mich gereizt, ich denke wir alle brauchen es, zu lachen.
Matt Dillon: Als ich die Skripte las, bei einer Fernsehserie gibt es ja mehrere, gefiel mir vor allem, dass die Autoren sich so auf die Charaktere konzentrierten. Der Plot und die Story ergaben sich aus den Figuren. Die Charaktere waren der wichtigste Teil der Serie. Danny ist kompliziert, er ist in gewisser Weise ein komplexer Typ. Er ist einer dieser Leute, die nicht in der Lage zu sein scheinen, ehrlich zu sein. Das ist aber nicht seine Schuld, so ist er eben einfach. Er ist auch ein sehr einfallsreicher Charakter. Seine Absichten und seine Handlungen lassen sich oft nicht in Einklang miteinander bringen. Seine Absicht ist es zum Beispiel, ein gutes, spirituelles Leben zu führen, er ist ja auch sehr verliebt in diese Frau. Aber seine Handlungen stehen im Widerspruch zu seinen Gefühlen. Ich liebe Danny einfach, weil er sehr real ist. Alle Charaktere sind sehr real. Das ist das Wichtigste hier, nicht der Plot.
In The Desert arbeitet ihr ist das erste Mal zusammen. Wie fühlte sich das an, nachdem ihr beide ja schon so lange dabei seid, ohne vor der Kamera aufeinander getroffen zu sein?
Patricia Arquette: Es war surreal. Ich sah Matt in Filmen als ich jünger war, und immer hat jeder für ihn geschwärmt. Es war seltsam, wir haben uns noch nie zuvor getroffen. Zum ersten Mal dann ein paar Monate, bevor wir in The Desert mitspielten. In den ganzen Jahren meiner Karriere wollte ich immer mit ihm arbeiten, aber es ergab sich nie. Als der Castingdirector dann seinen Namen erwähnte, nachdem ich ihn ja vor ein paar Monaten getroffen hatte, waren wir alle sofort überzeugt, dass er die beste Wahl wäre. Es gab immer etwas an Matt, das mir irgendwie vertraut vorkam. Ich glaube, zwischen Peggy und Danny gibt es ebenfalls etwas, das sich vertraut anfühlt.
Matt Dillon: Bei mir war es so, dass ich eben arbeiten wollte, aber vor allem wollte ich mit Patricia arbeiten. Ich dachte immer, dass sie toll ist. Als es sich dann tatsächlich ergab, war es eine schöne Überraschung. Du denkst zwar nicht, dass es NIE passieren wird, aber du gehst auch nicht davon aus. Es ist einfach schön wenn es dann doch passiert, da ich ihre Arbeit schon immer gelernt habe. Mit Patricia zusammenzuarbeiten war auch einer der Gründe, wieso ich unbedingt bei der Serie mitmachen wollte. Wenn wir vor zwanzig Jahren zusammengearbeitet hätten, wäre etwas ganz anderes dabei entstanden. Einer der Vorteile, dass es erst jetzt dazu kam, ist dass wir nun etwas viel Komplexeres machen konnten. Die Charaktere sind sehr komplex, und da wir ja nun älter sind, können wir diese Komplexität auch viel besser darstellen.
Patricia, eines deiner größten Projekte war Medium. Wie war es für dich, Peggys Persönlichkeit und ihr Suchtproblem zu kreieren, nachdem du dort ja die Fähigkeit hattest, tote Leute zu sehen?
Patricia Arquette: Unterbewusst gibt es sicher einen Teil von Peggy, der sich außerhalb ihres Körpers befindet. Der bereit ist zu gehen, aber auch bleiben muss. Sie hat diese Dysfunktionalität eines Süchtigen, sie sieht zu, dass sie die Welt nach ihren Bedürfnissen gestalten kann. Sie hat auch diesen schönen Teil in sich, der sich um andere kümmern möchte. Sie basiert lose auf Nancy, die Schwester eines unserer Autoren, welche wirklich verstarb. Sie war eine Süchtige und hatte ein echtes Herz aus Gold. Für mich war es wichtig, diese Lebenskraft und diesen Überlebenswillen zu zelebrieren.
Matt, wie würdest du deinen Charakter beschreiben?
Matt Dillon: Zu Danny gibt es viel zu sagen. Er ist ein Typ, der einfach nicht ehrlich sein kann, sein Herz aber am rechten Fleck trägt. Er ist sehr loyal und sehr verliebt in seine Frau. Sie möchte sich zwar scheiden lassen, aber er ist nicht bereit, diese Beziehung aufzugeben. Ich würde ihn als einfallsreichen und loyalen Typen beschreiben, der optimistisch ist. Er glaubt, dass schon alles gut gehen wird. Er hat ein Interesse an Spiritualität entwickelt, aber da er ein Opportunist ist, benutzt er das, um zu manipulieren, zu stehlen und zu betrügen. Mit seiner komplizierten Art zu denken rechtfertigt er das alles vor sich selbst. Im Grunde denkt er wirklich, dass er sich auf einer spirituellen Reise befindet, bei welcher er Peggy als Begleitung dabei haben möchte. Er liebt sie wirklich sehr. Es hat viel Spaß gemacht, ihn zu spielen. Man merkt, dass die Autoren die Charaktere lieben.
Wie seid ihr mit den Herausforderungen umgegangen, die einige Szenen mit sich brachten?
Patricia Arquette: Die Herausforderungen waren auch mit dafür verantwortlich, dass es so viel Spaß machte. Alle diese Leute tragen die ein oder andere Form von Schmerz mit sich herum und wollen eine ganz bestimmte Sache. Peggy möchte etwas komplett anderes, sie will alle manipulieren, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Ihre Mutter zu verlieren, war für Peggy wohl das Schlimmste. Ihre Mutter ist ja ihre Mutter, aber irgendwie auch ihr Baby. Als ihr Vater die Familie verließ, wurde Peggy selbst zu einer Art Mutterfigur. Ihre Mutter hat sie nicht verurteilt, schien Peggys Fehler nicht zu sehen. Als ihre Mutter starb, verlor sie damit jemanden, der sie wirklich liebte. Auch die Beziehung zu ihren Geschwistern ist nicht einfach, da Peggy es nicht mag, wie diese sie sehen. Die größte Herausforderung war allerdings, die Serie zu verwirklichen. Wir haben jahrelang versucht, sie zu verkaufen. Du kannst etwas Großartiges schreiben, aber kannst du auch jemanden dazu bringen, es zu kaufen? Das ist richtig schwierig.
Matt Dillon: Meine Herausforderung bei Danny war sicherzustellen, dass der Typ auch wirklich das werden konnte, was sein Potenzial hergab. Seine verschiedenen Seiten miteinander auszubalancieren. Dannys größte Herausforderung ist es, Peggy in seinem Leben zu behalten, die Familie zusammenzuhalten. Aber natürlich macht Danny das, was Danny macht – die Katze lässt das Mausen nicht.
Patricia, in letzter Zeit hast du in vielen TV-Serien geglänzt: Escape at Dannemora, The Act, Severance, jetzt The Desert. Hat das Fernsehen deiner Meinung nach heutzutage die großartigsten Rollen zu bieten?
Patricia Arquette: Ich glaube, gerade ist eine sehr schwierige und seltsame Zeit für den Film. Es gibt nur noch sehr wenige Vorführmöglichkeiten. Das ist ziemlich traurig. Ich hoffe, dass sich das bald wieder ändert, und Leute wieder mehr ins Kino gehen. Das Aufkommen von Streamingdiensten, kombiniert mit der Pandemie und Fernsehern, die so groß sind wie eine Wand, hat dazu geführt, dass da viel kollabiert ist. Es gibt sicher viele tolle Möglichkeiten im Fernsehen, aber ich liebe Filme, und ich möchte nicht, dass Kinofilme aussterben. Ich möchte, dass Filme im Kino gesehen werden. Damit meine ich nicht nur große Comicfilme, sondern auch Kunstfilme.
Vielen Dank für das Gespräch!
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