Nach dem Selbstmord ihres Vaters droht Chloe (Bailee Madison) die Zwangsräumung. Um an Geld zu kommen, plant ihr Bruder T.J. (Anthony Turpel) einen Raubzug, der jedoch gehörig schief geht. Er selbst kann zwar unerkannt fliehen, jedoch wird sein Handy am Tatort sichergestellt. Um es aus der Asservatenkammer zu entwenden, nutzt die Kriminologie- und Gerichtsmedizinstudentin ihr Wissen, um mithilfe eines injizierten Narkotikums ihren Tod vorzutäuschen. Als sie einige Stunden später im Leichenschauhaus aufwacht, scheint ihr Vorhaben unter einem guten Stern zu stehen. Doch die Dinge nehmen eine ungeahnte Wende, als der Leichenbeschauer (Jerry O’Connell) auftaucht. Chloe sieht sich dabei nicht nur mit der Tatsache konfrontiert, dass er illegalen Organhandel betreibt und sich an den ihm ausgelieferten Körpern bedient, sondern muss auch feststellen, dass sie nicht die einzige noch lebende Person unter den „Toten“ ist …
Medizinischer Mumpitz
Die ersten zwanzig Minuten mögen für manche schon genug sein, um bei Play Dead – Schlimmer als der Tod direkt wieder wegzuschalten. Medizinkundige werden noch ein paar Probleme mehr mit dem Einstieg haben. Wer nicht dazu gehört, aber an Bildungslücken hängt, die es ungeschlossen erlauben, sich nicht mit Filmfehlern aufzuhalten, sollte vielleicht direkt zum nächsten Absatz springen. Das von Chloe verwendete Propofol ist tatsächlich ein Narkosemittel, das nicht nur beim Menschen zum Einsatz kommt, und daher wie im Film gezeigt durchaus vom Tierarzt bezogen werden kann. Damit hört es mit der Akkuratesse aber fast schon wieder auf. Richtig ist auch noch, dass das Sedativum sehr schnell wirkt – im Normalfall ist der Patient nach spätestens 40 Sekunden weggetreten. Der Wirkstoff kann vom Körper zu 100% resorbiert werden, da eine intravenöse Applikation stattfindet.
Da fängt es hier ja schon an: Chloe steckt sich die Nadel in den Oberarm, was bestenfalls einer intramuskulären Injektion entspricht und nicht zum gewünschten Ergebnis führen würde. Ihr Plan ist somit eigentlich schon beim ersten Schritt zum Scheitern verurteilt. Dass das Mittel auf wundersame Weise doch wirkt, rettet leider auch nichts – der nächste Schritt sieht nämlich vor, dass sie für eine halbe Stunde betäubt liegen bleibt, damit der Körper kalt ist und keine Wiederbelebungsversuche unternommen werden. Während das allein schon ganz eigene Probleme mit sich bringt, wollen wir weiter bei den medizinischen bleiben. Wie erwähnt tritt die Wirkung von Propofol schnell ein, dreißig Minuten entsprechen aber ungefähr der fünf- bis siebenfachen Wirkungsdauer einer einmaligen Dosis; eine Dauerinfusion ist hier ja nicht möglich.
Filme, insbesondere Horrorfilme, müssen die Realität immer etwas in ihrem Sinne zurechtbiegen. Chloe muss irgendwie als „Leiche“ ins Leichenschauhaus, das ist das Endziel (der Einleitung). Dort setzt die Handlung ja erst richtig ein. Direkt hier starten kann Play Dead – Schlimmer als der Tod aber natürlich auch nicht, es müssen ja erst einige Charaktere eingeführt und die Ausgangssituation etabliert werden. Der Zuschauer muss ja zumindest den Grund für Chloes verrückten Plan verstehen können. Wenn es keinen realistischen Weg gibt, ihren Plan in die Tat umzusetzen, muss getrickst werden, prinzipiell gibt es daran beim Film nichts auszusetzen. Das ist gang und gäbe. Es wäre aber doch löblich, wenn auf eine Weise getrickst wird, die innerhalb des Filmrealität funktioniert. Es hätte ja beispielsweise ein neuer, experimenteller Stoff eingeführt werden können, zu dem sich Chloe als Studentin der Gerichtsmedizin Zugriff verschafft – das wäre auch nicht absurder, als was uns präsentiert wird, brächte aber immerhin weniger Probleme mit sich.
Ein beeindruckend unheimlicher Antagonist
Wer glaubt, dass die ersten zwei Schritte von Chloes Plan zu ausführlich auseinander genommen wurden, der sollte froh sein, dass der Rest des Films hier nicht ebenso detailliert zerpflückt wird. Wer also darüber sowie weitere logische Ungenauigkeiten hinwegsehen und sich das Abschalten in der ersten halben Stunde verkneifen kann, für den hat Play Dead – Schlimmer als der Tod nämlich auch etwas Positives in petto. Vor allem Jerry O’Connell ist durchaus ein Grund zum Einschalten. Als Bösewicht ist er bisher ja eher nicht bekannt – in Danger Park – Tödliche Safari war er zwar antagonistisch unterwegs, aber seine Rolle dort war ein wenig komödiantisch-überzogen angelegt. Hier ist er allerdings durch und durch ernst – und vor allem überzeugend. Nach fast zwanzig Minuten taucht er das erste Mal auf, nach etwa 45 Minuten spricht er sein erstes Wort. O’Connells Performance ist sicher das Beste am Film, Bailee Madison (Meine erfundene Frau) kann zwar nicht ganz mithalten, ist aber auf jeden Fall immer noch absolut solide.
Gore-Freunden wird auch etwas geboten: Die Organentnahme wird von der Kamera natürlich filmischer und „ekliger“ festgehalten als etwa die tatsächlichen Operationen in Emergency: NYC. Das Setting erinnert ein wenig an Die Leiche der Anna Fritz aus dem Jahre 2015, in welchem eine totgeglaubte Frau im Leichenschauhaus erwacht. Während Play Dead – Schlimmer als der Tod abgesehen davon wenig mit dem spanischen Thriller gemein hat, ist er in gewisser Weise doch altbekannt. Es gibt zwar einige spannend inszenierte Momente, welche die an sich ziemlich vorhersehbare Handlung aber nicht retten können. Einen Blick sind sie dennoch wert. Mit einer Laufzeit von 106 Minuten ist der Film darüber hinaus zu lange geraten, pacingfreundliche Kürzungen hätten hier nicht geschadet.
OT: „Play Dead“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Patrick Lussier
Drehbuch: Simon Boyes, Adam Mason
Musik: Steve Moore
Kamera: Mac Fisken
Besetzung: Bailee Madison, Jerry O’Connell, Anthony Turpel, Chris Lee, Chris Butler, Jorge Luis-Pallo, Kyler O’Neal
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