Seit Jahrzehnten schon ist Renfield (Nicholas Hoult) seinem Herrn und Meister Dracula (Nicolas Cage) treu ergeben. Das hat Vorteile. So kann ihn der untote Vampir heilen. Er altert nicht mehr. Futtert er Käfer oder andere Insekten, entwickelt er sogar kurzzeitig außergewöhnliche Kräfte. Allerdings muss er dafür auch regelmäßig nichtsahnende und unschuldige Opfer besorgen, die sein Boss dann aussaugen darf. Doch eben das macht Renfield zunehmend zu schaffen, sein Gewissen spielt da nicht mehr mit. Außerdem belastet ihn das Verhältnis allgemein, fühlt er sich in seiner Rolle doch nicht ernst genommen. Damit ist er nicht der einzige: In einer Selbsthilfegruppe lernt er lauter Leute kennen, die alle unter toxischen Beziehungen zu leiden haben. Dort hat er eine Idee, wie er aus diesem Dilemma wieder herausfindet und trifft dabei über Umwege auf den Verbrecher Tedward Lobo (Ben Schwartz) und die Polizistin Rebecca (Awkwafina) …
Ein Vampir als Spaßvogel
Auch wenn sie inzwischen etwas außer Mode gekommen sind, ohne Vampire wäre das Horrorgenre um zahlreiche Klassiker ärmer: Ob es Bram Stokers einflussreicher Roman Dracula ist oder die zahlreichen Filme, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind, da waren viele unvergessliche Schauermomente dabei. Das heißt aber nicht, dass man mit den Blutsaugern nicht auch seinen Spaß haben könnte. Komödien wie Tanz der Vampire oder 5 Zimmer Küche Sarg haben demonstriert, dass selbst todbringende Gestalten für den einen oder anderen Witz gut sind. Neuester Zugang in diesem Segment ist Renfield. Dabei steht hier, der Titel verrät es bereits, gar nicht der Fürst der Finsternis im Mittelpunkt, sondern dessen treuer Diener – auch dieser geht auf Stoker zurück.
Die Idee für die Geschichte hatte jedoch Robert Kirkman, der in erster Linie für seine Comicreihe The Walking Dead bekannt ist und auch bei der darauf basierenden Fernsehserie hin und wieder mitwirkte. Das konkrete Drehbuch überließ er hingegen Ryan Ridley. Wie viel des fertigen Films nun auf wen zurückzuführen ist, lässt sich von außen natürlich nicht beurteilen. So oder so überzeugt das Ergebnis nur zum Teil. Absolut brillant ist der Einfall, das Verhältnis zwischen Dracula und Renfield in eine Reihe mit anderen toxischen Beziehungen zu stellen. Die können privater Natur sein oder auch beruflicher. Gemeinsam ist ihnen, dass die einzelnen Teilnehmenden der Selbsthilfegruppe ziemlich unter der Situation leiden und versuchen sich gegenseitig aufzubauen und zu mehr Selbstständigkeit zu verhelfen. Dass die anderen nicht ahnen, mit wem der Protagonist so hadert, ist Teil des Spaßes.
Zwischen brillant und gewöhnlich
Weniger spaßig ist hingegen die Sache mit der Mafia, die in alles hineingezogen wird. Gerade die Geschichte um Rebecca, die als Einzige in der Polizei aufrecht und gesetzestreu ist, enttäuscht. Nicht weil sie schlecht ist. Sie wurde nur von so vielen anderen auf ähnliche Weise erzählt, dass dies hier zur Verschwendung von Zeit und Potenzial wird. Warum das einzigartige Szenario durch solche Gewöhnlichkeiten verwässern? Ebenfalls weniger bemerkenswert sind die Actionszenen. Zwar lässt Regisseur Chris McKay (The Tomorrow War) ordentlich Blut spritzen. Ansonsten bleiben die Kämpfe aber wenig in Erinnerung, zumal sie nicht übermäßig zahlreich sind. Auch in der Hinsicht wäre bei Renfield also mehr drin gewesen.
Aber diese inhaltlichen und inszenatorischen Mängel werden durch das gut aufgelegte Ensemble wieder ausgeglichen. Nicolas Cage ist als irrer Vampir natürlich eine Idealbesetzung, er muss sich hier nicht zurückhalten. Awkwafina darf erneut ihren trockenen Humor unter Beweis stellen. Aber auch Nicholas Hoult als sich emanzipierender Sklave und Ben Schwartz in der Rolle des überzogenen Möchtegern-Gangsterbosses erledigen ihre jeweiligen Aufgaben gut. Insgesamt ist Renfield ein unterhaltsamer Beitrag zum Segment der Vampirkomödie, die zwar nicht ganz das erhoffte Highlight ist, aber doch so sympathisch ist, dass man ihr einen größeren Erfolg gegönnt hätte. Zumindest in den USA ist der Film aber untergegangen und musste sich von den Einspielergebnissen dem gleichzeitig gestarteten The Pope’s Exorcist geschlagen geben.
OT: „Renfield“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Chris McKay
Drehbuch: Ryan Ridley
Musik: Marco Beltrami
Kamera: Mitchell Amundsen
Besetzung: Nicholas Hoult, Nicolas Cage, Awkwafina, Ben Schwartz, Shohreh Aghdashloo, Brandon Scott Jones
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