Wenzel – Glaubt nie, was ich singe
© Sandra Buschow – Wenzel

Wenzel – Glaubt nie, was ich singe

„Wenzel – Glaubt nie, was ich singe“ // Deutschland-Start: 11. Mai 2023 (Kino)

Inhalt / kritik

Auch wenn das Ende der DDR bereits mehr als dreißig Jahre zurückliegt, die Unterscheidung zwischen West- und Ostdeutschland geht ununterbrochen weiter. Ob es sich dabei wirklich um Mauern im Kopf handelt, die das Erbe der vorangegangenen verschiedenen Systeme sind, oder die verschiedenen Erfahrungen im Anschluss, darüber darf diskutiert werden. Ebenso, ob diese Unterschiede nicht einfach nur herbeigeredet werden. Auffällig ist es aber schon, dass die Wende zu einem Gesamtdeutschland irgendwie nie so ganz vollzogen wurde, der Osten als Region nach wie vor ein Thema ist. Das stellt auch Hans-Eckardt Wenzel fest, ein Liedermacher, der selbst aus der ehemaligen DDR stammt und sicherlich durch die damalige Zeit geprägt wurde. Aber nicht so, wie man sich das vielleicht vorstellen würde.

Ein Querkopf aus Leidenschaft

So betont der ihm gewidmete Dokumentarfilm Wenzel – Glaubt nie, was ich singe, wie sich der nur unter seinem Nachnamen bekannte Sänger seinerzeit gegen die Obrigkeit auflehnte. Das tat er aber nicht in Form eines offensichtlichen Protests, sondern versteckter, in Gestalt des Humors. Die Ablehnung der Verhältnisse war in seinen Liedern und Texten zu spüren. Aber nicht so sehr, dass dies ihm dies zum Verhängnis wurde. Später, nach der Wende, war ein Verstecken nicht mehr nötig. Im neuen Deutschland durfte ganz offen kritisiert werden, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Der Humor ist dennoch geblieben, mit Ironie, mal auch richtigem Spott, begleitet der 1955 in Kropstädt bei Wittenberg geborene Künstler die Entwicklungen seines Landes.

Dass er sich Regeln ganz gern immer noch entzieht, wenn er diese für unsinnig hält, zeigt sein Umgang mit der Corona-Pandemie. Da er offensichtlich nichts von den Auflagen hielt, die ihm Konzerte verboten, deklarierte er sie einfach zu Diskussionsabenden um. Am Ablauf hat sich wenig geändert, nur durften zwischen den Liedern Fragen gestellt werden. Ob diese Möglichkeit genutzt wurde, das verrät Wenzel – Glaubt nie, was ich singe nicht. Die Idee dient in erster Linie der Charakterisierung des Protagonisten: komisch, einfallsreich, aufmüpfig. Wobei diese Passage durchaus auch von einem ernsten Thema begleitet wird. So denkt Wenzel über den Wert von Musik bzw. Kunst im Allgemeinen nach. Wie wichtig ist diese für die Gesellschaft? Dass es ihm dabei nicht allein um eine Verdienstmöglichkeit geht, ist deutlich. Er will etwas bewegen, zumindest innerhalb des ihm möglichen Rahmens.

Zeitporträt ohne viel Distanz

Dies wird innerhalb der diversen Interviews klar, die mit ihm oder auch anderen geführt wurden. So kommen Leute aus seinem Umfeld zu Wort, Künstler und Künstlerinnen, aber auch andere, die irgendwas zu ihm zu sagen haben. Kritisch sind diese Aussagen natürlich nicht, das sind sie in solchen biografischen Dokumentationen praktisch nie. Da soll gehuldigt werden, nicht interfragt. Wenzel – Glaubt nie, was ich singe ist da nicht anders, was etwas schade ist. Gerade bei einem so diskussionsbegeisterten Protagonisten, der eben nichts einfach nur so annimmt, ohne sich Gedanken zu machen, wäre ein stärker konfrontativer Ansatz spannender gewesen. Und sei es nur, dass aus dem Schlupfloch, das er sich bei der Corona-Pandemie ungeniert zunutze macht, eine Diskussion entsteht.

Doch auch wenn in der Hinsicht mehr möglich und wünschenswert gewesen wäre, sehenswert ist die Doku durchaus. Der Film, der bei den Hofer Filmtagen 2022 Premiere feierte, profitiert dabei ungemein von dem gleichermaßen charismatischen wie scharfsinnigen Titelhelden. Dazu gibt es viele Gelegenheiten, sich seine Kunst auch anzuhören: Regisseur Lew Hohmann hat eine ganze Reihe von Konzertauftritten eingebaut, seien es historische Aufnahmen oder aktuelle. Wenzel – Glaubt nie, was ich singe gibt dem Publikum damit die Möglichkeit, auch die Entwicklung zu verfolgen. Der biografische Blick auf den Sänger wird so auch zu einem Zeitporträt, welches die vergangenen Jahrzehnte festhält.

Credits

OT: „Wenzel – Glaubt nie, was ich singe“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Lew Hohmann
Drehbuch: Lew Hohmann
Kamera: Thomas Simon, Markus Hering, Achim Neumann, Sebastian Pehl, Matthias Ruuck, Riccardo Wittig, Jim Brown, Uwe Mann, Alexander Keiner, Omar Holtz, Mike Thomas Römisch

Bilder

Trailer



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Wenzel – Glaubt nie, was ich singe
fazit
„Wenzel – Glaubt nie, was ich singe“ ist dem deutschen Liedermacher Hans-Eckardt Wenzel gewidmet, lässt ihn und sein Umfeld zu Wort kommen, zeigt ihn aber auch bei seinen Auftritten. Dabei fehlt wie bei vielen Künstlerdokus der kritische Blick von außen. Spannend ist es aber durchaus, mehr über den aufmüpfigen Sänger zu erfahre, der sich oftmals des Mittels des Humors bedient.
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