Durch seine surrealen Bilder ist Salvador Dalí (Ben Kingsley) zu einem der bekanntesten Maler weltweit geworden. Doch in den 1970ern ist sein Stern am Sinken, seine großen Erfolge liegen bereits eine Weile zurück. Zwar arbeitet er an neuen Werken, die in New York ausgestellt werden sollen. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass er noch einmal zu alter Größe wiederfinden könnte. Doch trotz großen Drucks von seiner Frau Gala (Barbara Sukowa) hält sich seine Produktivität in Grenzen. Galerist Christoffe (Alexander Beyer), der bereits schlimmste Befürchtungen hat, hofft deshalb, dass Dalís neuer Assistent James Linton (Christopher Briney) ihm helfen könnte. Er soll ihn auf dem Laufen halten und über alles informieren, was geschieht. Dabei hat der bald anderes im Kopf …
Ein alter Künstler in der Krise
Kaum ein Name dürfte enger mit unserer Vorstellung des Surrealismus verbunden sein als Salvador Dalí. Dieser Ruhm und seine ikonischen Bilder machen ihn eigentlich zu einem dankbaren Thema für Filme. Umso erstaunlicher ist, dass nur wenige bislang über den spanischen Künstler gedreht wurden. Da gab es beispielsweise das kaum beachtete Drama Little Ashes mit Robert Pattinson als jungem Dalí, der homosexuelle Erfahrungen sammelt. Mit Dalíland folgt nun ein Film, der gewissermaßen das genaue Gegenteil darstellt. So lernen wir hier den Künstler im deutlich fortgeschrittenen Alter kennen. Mit der Libido hat er es nicht mehr so. Mit dem Malen auch nicht. Stattdessen muss er sich mit Themen wie Sterblichkeit auseinandersetzen sowie einem nachlassenden Interesse an ihm und seiner Kunst.
Das hört sich sehr bitter an. Gleichzeitig gibt es ein Maximum an Exzentrizität, die auch schon mal an die Grenze einer Karikatur reicht. Das betrifft nicht nur die Titelfigur, die in einer eigenen Welt zu leben scheint. Es betrifft auch seine Ehefrau Gala. Über diese wurde im Laufe der Jahre eine Menge geschrieben, meist nicht sehr positiv. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass sie selbst im fortgeschrittenen Alter sexuell sehr aktiv und bedürftig war, dabei eine Schwäche für junge Männer hatte. In Dalíland wird sie zu einer zwar äußerst problematischen, dabei aber auch faszinierenden Figur. Zu einer Urgewalt, die durch die Gegend wirbelt und alles niederzureißen droht, weswegen James zu Beginn den Rat bekommt, in ihrer Nähe vorsichtig zu sein.
Zwischen Grotesk und tragisch
James wiederum ist eine ziemlich langweilige Figur, für die es auch keine wirkliche Entsprechung in der Realität gibt. Über weite Strecken dient sie als eine Art Identifikationsfigur, die stellvertretend für das Publikum in die wahnsinnige Welt der Kunst absteigt. Grundsätzlich funktioniert so etwas schon gut. Es erlaubt den Zuschauern und Zuschauerinnen, langsam Einblicke zu erhalten und gemeinsam mit dem Stellvertreter zu lernen. Das Drama, welches auf dem Toronto International Film Festival 2022 Premiere feierte, tut sich aber etwas schwer damit, aus all dem eine wirkliche Geschichte zu machen. So geht es zwischenzeitlich in Dalíland um die amourösen Abenteuer von James. Das hat mit dem Künstler aber kaum etwas zu tun und ist für sich genommen auch einfach nicht interessant genug.
Das bedeutet aber nicht, dass der Film nichts zu bieten hat. So gewährt uns Regisseurin Mary Harron (American Psycho) einen Einblick in die New Yorker Kunstszene der 1970er, in der rauschhafte Feste gefeiert werden. Auch das komplizierte Verhältnis zwischen Dalí und Gala ist ganz spannend geworden. Das in Verbindung mit den Themen Altern, Vergänglichkeit, sowohl als Mensch wie auch als Künstler, bringt daher schon einiges mit, wofür sich ein Blick lohnen kann. Man darf nur eben keinen Film erwarten, der Dalí feiert und ihm huldigt, wie es in solchen Biopics meist geschieht. Dalíland wechselt vielmehr zwischen grotesk und tragisch, zeigt einen Menschen, der in seinem eigenen Leben verloren scheint.
OT: „Dalíland“
Land: USA, UK, Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Mary Harron
Drehbuch: John C. Walsh
Musik: Edmund Butt
Kamera: Marcel Zyskind
Besetzung: Ben Kingsley, Barbara Sukowa, Christopher Briney, Rupert Graves, Alexander Beyer, Andreja Pejić, Suki Waterhouse
Ihr wollt mehr zum Film erfahren? Wir haben uns bei der Deutschlandpremiere von Dalíland mit Regisseurin Mary Harron getroffen. Im Interview zum Drama sprechen wir über die Vorbereitungen und was Dalí so besonders machte.
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)