1975 in Nordirland: Eigentlich wollte Michael O’Hara (Colin Morgan) seine hochschwangere Frau Carol (Máiréad Tyers) ins Krankenhaus bringen, wo diese ihr Kind bekommen soll. Doch auf dem Weg dorthin wird der gesuchte IRA-Kämpfer von britischen Soldaten aufgegriffen. Im Eifer des Gefechts tötet einer von ihnen, Henry Tempest (Aml Ameen), Carol, als er die Situation falsch einschätzt. Eigentlich müsste er dafür vor Gericht gestellt werden. Stattdessen wird er von Holland (Mark Strong), der von seinen Fähigkeiten beeindruckt war, in sein Team geholt. Der Kampf gegen die IRA muss schließlich weitergehen. Für O’Hara ist die Geschichte damit jedoch nicht vorbei. Vielmehr ist er fest entschlossen, sich an dem Mörder seiner Frau zu rächen …
Erinnerung an einen blutigen Konflikt
Etwas mehr als 25 Jahre ist es inzwischen her, dass das Karfreitagsabkommen beschlossen wurde, welches ein vorläufiges Ende für die blutigen Konflikte bedeutete, die jahrzehntelang Nordirland prägten. Doch wie fragil dieser Frieden ist, wurde in den letzten Jahren deutlich, als niemand so recht wusste, was mit dem Land im Zuge des Brexits geschehen soll. Der Streit, ob es mit dem Rest Irlands wiedervereint werden sollte oder Teil des Vereinigten Königsreichs bleibt, drohte wieder auszubrechen. Dead Shot nimmt uns mit in die 1970er, als dieser Streit noch sehr aktuell ist und auf beiden Seiten zahlreiche Opfer forderte. Rund 3500 Menschen sollen zwischen den 60ern und 90er ihr Leben verloren haben, rund die Hälfte davon waren Zivilisten.
Aufgezogen wird dieser Konflikt in dem Film an dem Beispiel zweier Männer, die auf den entgegengesetzten Seiten stehen. Der eine kämpft für die IRA, die sich für eine Wiedervereinigung einsetzte, der andere fürs britische Militär, welches genau das verhindern soll. Wobei die zwei letztendlich nur kleine Rädchen sind. Während O’Hara zumindest noch an das Ziel seiner Organisation glaubt, führt Tempest Befehle aus. Beide werden jedoch im Laufe des Films Zweifel bekommen an dem, was sie da tun. Dead Shot betont vor allem die Tragik der Situation. Die beiden Männer sind Akteure dieses Konflikts, gleichzeitig aber auch Leidtragende. Sie ziehen zudem noch andere in die Gewalt hinein. Carol wird gleich zu Beginn des Films zum unbeteiligten Opfer, später droht Tempests Freundin Ruth (Sophia Brown) dasselbe Schicksal.
Mehr Atmosphäre als Action
Dieser Teufelskreis der Gewalt wird als Mischung aus Drama und Thriller aufgezeigt. So hat das Sky Original natürlich Elemente des Rachethrillers. Wie in so vielen Filmen, gerade im Direct-to-Video-Bereich, beginnt die Geschichte damit, dass eine wichtige Bezugsperson des Protagonisten getötet wird und er daraufhin Rache schwört. Wer deshalb jedoch erwartet, dass die Hauptfigur eine Schneise der Zerstörung hinterlässt, wie es in solchen Filmen üblich ist, der sieht sich getäuscht. Dead Shot ist deutlich ruhiger, zeigt O’Hara in einer Lauerhaltung, weniger im Dauerkampf. Zumal drumherum noch seine Tätigkeit für die IRA weitergeht, der nächste Anschlag muss geplant werden.
Das könnte manchen Zuschauern und Zuschauerinnen zu wenig sein. Es gibt relativ wenige Szenen, in denen es tatsächlich spannend wird. Das Regie- und Drehbuchduo Tom und Charles Guard ist die Atmosphäre wichtiger als die Action. Wer sich damit abfinden kann, dass Szenario und Artwork eher etwas anderes erwarten lassen, findet hier aber einen durchaus soliden Film, der für niemanden Partei ergreift. Man weiß hier, anders als bei Rachethrillern, auch gar nicht, für wen man eigentlich sein soll. Dead Shot veranschaulicht die Verzweiflung und Ratlosigkeit. Gerade zum Ende muten die zwei dem Publikum einiges zu und machen wenig Hoffnung auf Besserung. Das geschieht dann zwar alles in einem historischen Kontext, ist aber aktuell und universell genug, um einen Blick riskieren zu können.
OT: „Dead Shot“
Land: UK
Jahr: 2023
Regie: Tom Guard, Charles Guard
Drehbuch: Tom Guard, Charles Guard
Musik: Max de Wardener
Kamera: Mattias Rudh
Besetzung: Colin Morgan, Aml Ameen, Mark Strong, Sophia Brown, Felicity Jones
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