Als die kleine Maus Célestine versehentlich die Geige ihres besten Freundes Bär Ernest kaputt macht, sind beide untröstlich. Umso mehr, da es sich um ein besonders wertvolles Exemplar handelt, das man nicht so einfach ersetzen kann. Selbst eine Reparatur ist schwierig: Nur in Ernests alter Heimat findet sich jemand, der dazu in der Lage wäre. Seltsamerweise weigert sich der grummelige Bär aber, diese weite Reise anzutreten, verzichtet lieber ganz auf die Musik. Am Ende setzt sich Célestine jedoch durch, zu zweit machen sie sich auf den Weg. Dort angekommen, machen sie jedoch eine Reihe seltsamer Entdeckungen. So ist der Instrumentenmeister spurlos verschwunden. Schlimmer noch, jedes Musizieren, das über eine Note hinausgeht, ist streng verboten. Was ist da nur geschehen?
Fortsetzung eines Animationshighlights
Als 2012 Ernest & Célestine herauskam, gehörte der Animationsfilm sicherlich zu den schönsten des Jahres. Die Kritiken waren weltweit hervorragend, es reichte sogar für eine Oscar-Nominierung. Dabei gelang es, den Charme der Kinderbuchreihe Mimmi und Brumm von Gabrielle Vincent einzufangen. Die witzige und zugleich rührende Geschichte um eine etwas andere Freundschaft verzauberte Kinder und Junggebliebene. Und auch die wunderbare Optik, die an Aquarellmalereien erinnerten, machte das Werk zu einem Höhepunkt. Doch trotz des hohen Zuspruchs und dem Potenzial für ein Franchise, viel passierte nicht. Erst fünf Jahre später folgte eine Serie sowie ein aus mehreren Episoden zusammengeschnittener Film namens Ernest et Célestine en hiver.
2022 kam dann endlich der zweite Langfilm Ernest & Célestine: Die Reise ins Land der Musik. Bislang ist ihm keine vergleichbare Aufmerksamkeit vergönnt. Immerhin: Nach der Premiere bei Annecy und mehreren weiteren Festivalaufenthalten kommt das Werk bei uns sogar regulär in die Kinos. Nun sind zehn Jahre eine lange Zeit, vor allem bei einem Film, der sich an Kinder richtet. Es gab auch mehrere Wechsel beim Team, etwa im Hinblick auf die Regie. Julien Chheng und Jean-Christophe Roger, sonst eher im Seriensegment unterwegs, nahmen sich des tierischen Duos an. Geschadet hat der Wechsel nicht. Die Stärken, welche seinerzeit den ersten Teil ausgezeichnet haben, sind auch beim zweiten Leinwandauftritt zu finden. Tatsächlich sind sich die Filme so ähnlich, dass Fans vom Vorgänger ohne zu zögern zuschauen können.
Zwischen Humor und Selbstverwirklichung
Aber auch für Neulinge ist ein Besuch sehr zu empfehlen. So braucht es keine Vorkenntnisse: Die zwei Hauptfiguren und ihre Beziehung zueinander sind schnell etabliert, der Rest ergibt sich von selbst. In mancher Hinsicht ist Ernest & Célestine: Die Reise ins Land der Musik dabei inhaltlich sogar der stärkere Film. Denn während es beim ersten Teil vor allem um das Kennenlernen geht, wird dieses Mal eine richtige Geschichte erzählt. Die ist zum Teil witzig, wenn es in der Stadt beispielsweise die absurdesten Regeln gibt, an die man sich halten muss. Gleichzeitig hat der Film auch einiges über das Thema Selbstverwirklichung und Erwartungen zu sagen, wenn sich Ernest und die anderen aus seiner Familie damit auseinandersetzen, was sie eigentlich vom Leben wollen.
Dazu gibt es die gewohnt schönen Bilder. Die französisch-luxemburgische Coproduktion gefällt durch betont schlicht gehaltene Zeichnungen, die zugleich einige Details bereithalten, sowie die angenehmen Farben. Andere Animationsfilme mögen sich technisch beweisen und ausgefeilte Spezialeffekte verwenden. Bei Ernest & Célestine: Die Reise ins Land der Musik ist das nicht nötig. Charme und Witz reichen aus und demonstrieren, wie viel sich aus vermeintlich altmodischen Techniken herausholen lässt. Bei dem warmherzigen Abenteuer darf man sich entspannt zurücklehnen und seinen Spaß haben. Und am Ende ein bisschen glücklicher sein.
OT: „Ernest et Célestine, le voyage en Charabie“
Land: Frankreich, Luxemburg
Jahr: 2022
Regie: Julien Chheng, Jean-Christophe Roger
Drehbuch: Gulliaume Mautalent, Sébastien Oursel, Jean Regnaud
Vorlage: Gabrielle Vincent
Musik: Vincent Courtois
Animation: Les Armateurs, Mélusine Productions, Folivari
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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César | 2023 | Bester Animationsfilm | Nominiert |
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