Die Frankfurter Zwillingsschwestern Alex (Lena Mantler) und Juli (Lisa Mantler) verbringen ihre freie Zeit am liebsten zusammen im Skatepark. Aber nach diesem Sommer werden sich ihre Wege wohl trennen. Alex ist durch die Abiturprüfung gefallen, Juli hat sie glänzend bestanden und möchte für ein Praktikum nach London gehen. Als Alex von einem Wettbewerb für junge Skaterinnen hört, an dem Crews von 4 bis 6 Personen teilnehmen können, ist sie sofort Feuer und Flamme. Ihre Leidenschaft für das Skaten verbindet sie im Geiste mit dem verstorbenen Vater, der seine Töchter an den Sport heranführte. Juli will mitmachen und Ewa (Sinje Irslinger), die beste Freundin der Zwillinge und begabte Skaterin, auch. Die Vierte im Bunde könnte Nia (Jobel Mokonzi) werden, die gerade Ewa kennengelernt hat und ihre Nähe sucht. Ewa freut sich, dass Nia das Skateboardfahren lernen will und sich nicht so leicht von Stürzen entmutigen lässt. Aber Nia spielt Saxofon und bereitet sich intensiv auf die Aufnahmeprüfung am Konservatorium vor. Es wäre schlimm, wenn sie sich beim Skaten verletzt. Alex stellt bald fest, dass sie das Training ernster nimmt als der Rest der neuen Crew „Get Up“.
Das Kinodebüt zweier Influencerinnen
Um ein jugendliches Publikum ins Kino zu locken, braucht es schon eine besondere Attraktion. Hier sind es die Hauptdarstellerinnen Lisa und Lena Mantler. Denn bei der Zielgruppe, die sich auf Social-Media-Kanälen tummelt, gelten die Zwillinge sozusagen als Stars. Lisa und Lena Mantler, heute 21 Jahre alt, haben als 13-Jährige auf dem Portal musical.ly, dem späteren TikTok, angefangen und wurden mit Lippensynchronisationen englischsprachiger Songs und Tanzvideos schnell berühmt. Sie zählen zu den erfolgreichsten Influencerinnen in Deutschland, die es auf TikTok und Instagram zu insgesamt über 30 Millionen Followern gebracht haben. Mittlerweile pflegen die jungen Frauen auch getrennte Accounts und erproben jeweils eigene Wege im Leben. Der Coming-of-Age-Film der Regisseurin Lea Becker (Flügel aus Beton, Der perfekte Run) stellt das Kinodebüt von Lisa und Lena Mantler dar.
In der Geschichte über die Zwillingsschwestern Juli und Alex spiegeln sich also Motive aus dem Leben ihrer Darstellerinnen. Auch Lisa und Lena Mantler fahren gerne Skateboard, vor allem aber stehen sie wie die Filmfiguren vor einem neuen Lebensabschnitt. Die vertraute Zweisamkeit der Kindheits- und Jugendjahre geht zu Ende, wenn die Schule endet, die jungen Menschen das Elternhaus verlassen und hinaus in die Welt ziehen. Dieses Thema taucht regelmäßig in Jugendfilmen auf – der letzte Sommer von Freund*innen vor dem Abschiednehmen. Zugleich finden sich hier Motive aus dem Genre der Tanzfilme, in denen es um Wettbewerbe oder Prüfungen geht (Streetdance 3D, Into the Beat – Dein Herz tanzt). Dazu gehört beispielsweise eine Filmfigur, die entdeckt, dass sie lieber etwas anderes machen möchte als die von den Eltern gewünschte Karriere. Oft spielt die Romantik dabei eine wichtige Rolle, so wie zwischen Nia und Ewa.
Jung, dynamisch und gut drauf
Diversität ist in diesem Film geradezu vorbildlich umgesetzt, mit einer queeren Romanze und einer Person of Colour mit gebildeten und erfolgreichen Eltern. Die Schauspielerinnen in den Rollen von Ewa und Nia bilden ein gut funktionierendes Gleichgewicht zu den Amateur-Darstellerinnen Lisa und Lena Mantler. Mit der Zeit kommt die natürliche Präsenz der beiden Zwillinge immer stärker zur Geltung. Die Dialoge, die sie sprechen, wirken vor allem lieb und freundlich, was ganz gut zur leichtgewichtigen, unbekümmert flachen Geschichte passt. Alles plätschert munter dahin und ist nett anzuschauen. Die Skaterinnen sind Gewächse einer rau, anonym wirkenden Großstadt mit Hochhäusern abseits touristischer Attraktionen. Sie treffen sich im Skatepark, aber auch in Hinterhöfen und lassen sich beim nächtlichen Skaten durch Straßen und auf Brücken den Wind der Freiheit um die Nase wehen. So erhält der Film eine reizvolle Dynamik.
Diese Energie der Bewegung ist auch zu spüren, wenn die Freundinnen im Skatepark üben oder wenn es dann im Wettbewerb ernst wird. Bei den Tricks wurden die Darstellerinnen gedoubelt. Anton Koppler in der Rolle von Alex’ Schwarm Tom wurde als Skater und Laiendarsteller besetzt. Besonders im finalen Wettbewerb fangen die Kameraführung und der Schnitt die Dynamik des Sports ansprechend ein. Aber wichtiger bleibt stets das Thema der Freundschaft in einer Gruppe, in der jede zugleich ihre individuelle Persönlichkeit ausformt. Der sportlich lockere, kollegiale Umgangston gehört zu einer aus Lebensfreude, Geselligkeit und Toleranz gebildeten jugendlichen Einstellung. Viel Popmusik begleitet die einzelnen Szenen, ohne aufdringlich zu wirken. Auch ein seichter Film kann ansprechend unterhalten und mit sympathischen Charakteren punkten.
OT: „Get Up“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Lea Becker
Drehbuch: Lea Becker, Christine Heinlein, Alexander Dydyna
Musik: Liam Mour
Kamera: Karl Kürten
Besetzung: Lisa Mantler, Lena Mantler, Sinje Irslinger, Jobel Mokonzi, Anton Kappler, Florence Kasumba, Katrin Röver
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