Früher einmal, da war Indiana Jones (Harrison Ford) ein waghalsiger Archäologe, der durch die Welt reiste, um verschollene Artefakte aufzustöbern. Doch das ist lange her. Er hat sich von diesem Teil seines Lebens längst verabschiedet und konzentriert sich stattdessen auf seine Lehrtätigkeit an der Uni. Und auch die soll nun vorbei sein, 1969 steht seine Pensionierung kurz bevor. Doch gerade als er notgedrungen in den Ruhestand geht, steht plötzlich Helena Shaw (Phoebe Waller-Bridge) vor ihm. Lange hat er seine Patentochter nicht mehr gesehen, deren Vater Basil (Toby Jones) ein treuer Freund und Kollege von Indy war. Gemeinsam hatten sie damals ein wertvolles Artefakt gefunden, das auf Archimedes zurückgeht und die unglaublichsten Berechnungen erlauben soll. Und vielleicht noch mehr. Davon war zumindest Basil überzeugt, der irgendwann dem Wahn verfallen ist. Nun möchte Helena die alte Geschichte wiederaufgreifen. Und sie ist nicht die einzige, der Wissenschaftler Jürgen Voller (Mads Mikkelsen), der schon während des Zweiten Weltkriegs für die Nazis tätig war, ist ebenfalls hinter dem Objekt her …
Der unorthodoxe Archäologe auf neuem Abenteuer
Totgesagte leben länger. Nachdem die drei Filme um den unorthodoxen Archäologen Indiana Jones zu den großen Kulttrilogien der 1980er zählen, dauerte es ziemlich lange, bis er auf die Leinwand zurückkehrte. Und auch wenn Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels 2008 enorm erfolgreich lief, sogar deutlich mehr einspielte als die Originale, die Resonanz war eher verhalten. Fans der ersten drei Filme waren nicht so wirklich glücklich über das Ergebnis, zumal sie ewig auf das Werk hatten warten müssen. Vor allem die Sache mit den Aliens stieß vielen sauer auf. Insofern durfte man neugierig sein, wie sich der fünfte Teil schlagen würde. Auch dieser ließ lang auf sich warten. Tatsächlich wurde der Film so oft verschoben und war von so vielen Problemen begleitet, dass man schon gar nicht mehr daran geglaubt hat, dass wirklich noch etwas kommt. Nun ist Indiana Jones und das Rad des Schicksals trotz aller Unkenrufe da und zeigt sich – über weite Strecken zumindest – als sehr klassisches Abenteuer.
Natürlich kann man mehr als vierzig Jahre nach dem ersten Teil Jäger des verlorenen Schatzes nicht erwarten, dass alles beim Alten ist. Die erste halbe Stunde versucht sich daran zwar noch, indem ein per Computer verjüngter Harrison Ford über einen fahrenden Zug hechtet – mit mal mehr, mal weniger überzeugendem Ergebnis. Doch im Anschluss, wenn der Veteran sein wahres Alter zeigen darf, wird der Wandel der Zeit deutlich. Aus dem rebellischen Archäologen ist ein grummeliger alter Mann geworden, dem das Feuer von früher verlorengegangen ist. Eigentlich will er mit all dem nichts zu tun haben. Das ist etwas ungewohnt, aber nicht schlecht gelöst. Indiana Jones und das Rad des Schicksals versucht erst gar nicht so zu tun, als sei die Zeit stehengeblieben. Wenn Jones doch noch die Weltreise antritt und halsbrecherische Aktionen wagt, dann nicht, weil er so ist wie früher, sondern weil er nicht einsieht, dass andere sein Artefakt haben und für sich nutzen.
Erst altmodisch, später schön bescheuert
An Actionszenen mangelt es dennoch nicht. Wie schon bei einigen der alten Teile gibt es ausufernde Verfolgungsjagden, die schon mal an Stelle der Geschichte treten. Tatsächlich kommt die Geschichte zwischendurch auch nicht mehr wirklich von der Stelle. Die zweieinhalb Stunden, die der Film braucht, machen sich da durchaus bemerkbar. Zumindest phasenweise macht das aber Spaß. Das liegt einerseits an den tollen Kulissen, Indiana Jones und das Rad des Schicksals nimmt einen mit auf eine Reise durch die Welt. Es gibt auch diese Atmosphäre des Exotischen, wie man sie heutzutage kaum noch in Filmen findet. Insgesamt ist der Film, der bei den Filmfestspielen von Cannes 2023 Weltpremiere feierte, ein geradezu wohltuend altmodisches Abenteuer. Wenn es um vergessene Schätze geht, trickreiche Rätsel und verborgene Orte, dann fühlt man sich gleich in mehrfacher Hinsicht zurück in die Vergangenheit versetzt.
Das ist unterhaltsam, auch wegen der ständigen Auseinandersetzungen zwischen Indy und seiner selbstbewussten Patentochter, die sich einfach nimmt, was sie will. Es ist nur nicht sonderlich abwechslungsreich, mutig schon mal gar nicht. Da drängt sich der Eindruck auf, dass man vergleichbar zu Star Wars: Das Erwachen der Macht so sehr darum bemüht war, alte Fans zurückzugewinnen und nichts verkehrt zu machen, dass man ganz vergessen hat, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Ganz so unverschämt ist das Nostalgiefischen hier zwar nicht wie bei den Sternenkriegern. Ein bisschen überflüssig ist der Film aber schon. Erst zum Schluss wagt man es, tatsächlich etwas Eigenes zu erzählen und wird dabei auf herrliche Weise bescheuert. Ob Indiana Jones und das Rad des Schicksals an der Stelle nicht etwas übers Ziel hinausschießt, wird sicherlich Teil von Diskussionen sein. Zumindest aber darf man da richtig grinsen und sich freuen, dass es den Film gibt, selbst wenn er den enormen Aufwand und die zahlreichen Verschiebungen nicht so ganz wert war.
OT: „Indiana Jones and the Dial of Destiny“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: James Mangold
Drehbuch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth, David Koepp, James Mangold
Musik: John Williams
Kamera: Phedon Papamichael
Besetzung: Harrison Ford, Phoebe Waller-Bridge, Mads Mikkelsen, Toby Jones, Boyd Holbrook, Ethann Isidore, Shaunette Renée Wilson
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