Kümmert euch um Maya

Fans von True Crime Dokus mussten zuletzt den Gürtel recht eng schnallen. Obwohl sich diese Filme und Serien großer Beliebtheit erfreuen, kam kaum noch Stoff da. Selbst die Hochburg Netflix, die zeitweise jede Woche mit neuen Fällen das Publikum anlockte, zeigte sich knauserig. Mit Kümmert euch um Maya wurde jetzt mal wieder ein neuer Dokumentarfilm veröffentlicht, von dem an manchen Stellen heißt, es handele sich um True Crime. Das stimmt aber nur zum Teil. Zwar stehen hier die Vorwürfe eines Verbrechens im Raum und die Frage, ob diese Vorwürfe der Wahrheit entsprechen. Tatsächlich ist das hier aber eher ein Gesellschaftsporträt, wenn Regisseur Henry Roosevelt einen Blick auf das Gesundheitssystem wie auch das Jugendamt wirft.

Ein unglaublicher Verdacht

Genauer erzählt der Film von der Familie Kowalski, die 2016 die neunjährige Maya ins Johns Hopkins All Children’s Hospital in St. Petersburg, Florida bringt, weil diese unter starken Schmerzen leidet. Dabei ahnte niemand, was die Folgen davon sein würden. So konnte man sich die Beschwerden nicht wirklich erklären, weshalb ein unglaublicher Vorwurf plötzlich im Raum stand: Was, wenn die Familie schuld ist an dem Zustand der Tochter? Genauer hieß es, dass die Mutter Beata Maya misshandelt haben soll, als Ausdruck des Münchhausen-Stellvertreter-Syndroms. Bei einem solchen werden Krankheiten und Beschwerden bewusst herbeigerufen, um damit zum Arzt gehen zu können. Das führte dazu, dass die Tochter vom Rest der Familie getrennt wurde, das Kind musste um jeden Preis geschützt werden.

In Kümmert euch um Maya kommt nun die Familie zu Wort, ebenso die inzwischen zu einer Jugendlichen herangewachsenen Maya selbst. Sie alle machen den Behörden schwere Vorwürfe. So habe man sich vorschnell festgelegt, ohne die Sache wirklich zu untersuchen. Steht der Vorwurf aber erst einmal im Raum, wird es sehr schwierig, diesen wieder aus der Welt zu schaffen. Vergleichbar zu dem Drama All to Play for kürzlich, bei der eine Mutter darum kämpft, ihren Sohn wiederzubekommen, sehen wir auch hier eine verzweifelte Familie, die nicht weiter weiß und vergeblich mit einem System kämpft. Wer will schon Eltern glauben, wenn sie im Kampf mit einer renommierten medizinischen Einrichtung stehen?

Skandalös und voyeuristisch

Nur kommen mit der Zeit eben auch Fakten ans Tageslicht, die einen als Zuschauer bzw. Zuschauerin an allem zweifeln lassen. Ohne viel vorab verraten zu wollen, da sind schon Punkte dabei, die das alles zu einem Skandal werden lassen. Da werden viele vor den Bildschirmen empört bis entsetzt sein, werden Mitgefühl für die Familie haben, die hier durch die Hölle geht. Leider lässt Roosevelt die Geschichte aber nicht für sich sprechen. Er begnügte sich bei Kümmert euch um Maya nicht damit, einfach nur von den Vorfällen zu sprechen, sondern schlachtet das alles ziemlich aus. Vor allem die Szenen, in denen Maya selbst über ihre Familie spricht, die durch diese Geschichte zerbrochen ist, sind schon sehr voyeuristisch geworden – eine schrecklich manipulative Musik inklusive.

Ein weiteres Manko ist, dass die Doku, die auf dem Tribeca Film Festival 2023 Premiere hatte, ausschließlich aus der Sicht der Familie erzählt. Das lässt sich nur zum Teil zu einem Vorwurf machen, da sich das Krankenhaus nicht wirklich zur Sache äußern wollte. Mitunter wurde da sogar aktiv vertuscht, so zumindest der Vorwurf. Es führt aber dazu, dass Kümmert euch um Maya alles andere als objektiv an die Sache herangeht. Hier soll eine Sichtweise geteilt werden, nicht die Streitfrage geklärt. Das betrifft vor allem die zweite Hälfte, wenn es nicht mehr um die Krankheit geht, sondern das Leid der Familie. Wen das nicht stört, darf sich hier emotional richtig mitnehmen lassen und im Anschluss über die ganze Welt schimpfen.