Percy (Andrew Barth Feldman) ist ein vorbildlicher Junge. Seine Noten sind gut, weshalb er auch an seine Traumuni kann. Er ist freundlich und brav. Außerdem hilft er in seiner Freizeit in einem Tierheim aus und kümmert sich dort um die Hunde, die niemand haben mag. Mit Menschen tut er sich hingegen deutlich schwerer. Tatsächlich ist er so unerfahren in der Welt da draußen, dass seine Eltern Laird (Matthew Broderick) und Allison (Laura Benanti) sich Sorgen machen, ihr Sohn könnte von dem Leben in der Realität völlig überfordert sein. Um ihm ein bisschen Starthilfe zu geben, schalten sie daher eine Anzeige. Ihr Ziel: Eine Frau soll den Jungen daten und das notwendige Selbstvertrauen geben, um später in der Uniwelt bestehen zu können. Dafür gibt es ein Auto als Belohnung. Für Maddie (Jennifer Lawrence) kommt dieses Angebot wie gerufen, hat sie doch kürzlich ihr eigenes Auto verloren, braucht aber dringend die Einnahmen als Uber-Fahrerin, um das Haus ihrer Mutter zu retten. Dass die Frau Anfang 30 ist und damit viel zu alt, stört sie nicht. Und auch die Eltern lassen sich auf den Deal ein, ohne zu ahnen, was sie damit lostreten werden …
Starker Kontrast
Eine Zeit lang war Jennifer Lawrence gefühlt überall, die beiden erfolgreichen Franchises X-Men und Die Tribute von Panem machten sie zum Star und einer der begehrtesten Schauspielerinnen überhaupt. Dass sie für Silver Linings einen Oscar als beste Hauptdarstellerin erhielt, untermauerte diesen Status noch weiter. Doch dann verschwand sie mehr oder weniger, nur gelegentlich war die Schauspielerin noch zu sehen. Nachdem sie letztes Jahr in dem hochgelobten Indie-Drama Causeway die Hauptrolle übernahm, legt sie in ihrem neuesten Werk No Hard Feelings eine 180-Grad-Wende ein. Lawrence als vulgäre Verliererin in einer derben Komödie? Ist das ein bewusster Imagewechsel oder das Ergebnis ausbleibender besserer Angebote?
So oder so darf die Schauspielerin hierbei ihre Vielseitigkeit beweisen. Denn auch wenn man sie nicht unbedingt mit einer prolligen Quasi-Prostituierten in Verbindung bringen würde, gelingt es ihr doch gut, diese Rolle auszuführen. Es macht sogar spaß, wenn sie durch die Gegend poltert als lautstarke, nicht auf den Mund gefallene Provokateurin. Zumal No Hard Feelings da mit einem großen Kontrast arbeitet. Schließlich steht ihr ein Junge gegenüber, der sogar für Selbstgespräche zu schüchtern ist und in jeder Situation seine Überforderung mit der Realität demonstriert. Das ist dann ziemlich überzeichnet. Die Kombination passt aber, das Zusammenspiel zwischen der erfahrenen Darstellerin und ihrem jungen Kollegen Andrew Barth Feldman (A Tourist’s Guide to Love) funktioniert gut.
Viele Themen … verschenkt
Das gilt auch für die obligatorischen Momente, in denen sich die beiden Figuren näherkommen und eine stärker emotionale Richtung eingeschlagen wird. Schließlich müssen in solchen Filmen immer die zwei Seiten voneinander lernen. Überhaupt baut Regisseur und Co-Autor Gene Stupnitsky (Good Boys) enttäuschend viele Konventionen ein. Selten passiert in No Hard Feelings mal etwas, das einen tatsächlich überrascht. Für einen Film, der sich anfangs so viel Mühe gibt, um ein kurioses Szenario zu entwerfen, ist das ein bisschen wenig. Einiges wird zudem nicht wirklich zu Ende erzählt. Da das Drehbuch nicht allein von diesen falschen Dates erzählt, sondern auch Themen wie Gentrifizierung und dysfunktionale Familien anspricht, vom Coming-of-Age-Aspekt ganz zu schweigen, lädt es sich schon einiges auf die Schultern.
So ganz konnte – oder wollte – sich Stupnitsky dann auch offensichtlich nicht entscheiden, was der Film sein soll. Aber es ist nicht nur die nicht ganz runde Mischung, die für Probleme sorgt. Auch beim Humor ist das so eine Sache. Da sind zwar durchaus witzige Szenen dabei. Aber auch viele, die nur witzig gemeint waren, letztendlich aber ziemlich langweilig sind und sich wiederholen. Schlecht ist No Hard Feelings nicht. Zumindest nicht annähernd so schlecht, wie man im Vorfeld befürchten musste. Beispielsweise ist die Umkehrung der Rollen ganz nett. Die Komödie ist aber auch nicht gut, sondern lediglich ziemlicher Durchschnitt. Ein größeres Comeback von Lawrence dürfte sich hieran eher nicht anschließen.
OT: „No Hard Feelings“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Gene Stupnitsky
Drehbuch: Gene Stupnitsky, John Phillips
Musik: Mychael Danna, Jessica Rose Weiss
Kamera: Eigil Bryld
Besetzung: Jennifer Lawrence, Andrew Barth Feldman, Laura Benanti, Matthew Broderick, Natalie Morales, Scott MacArthur
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