The Boogeyman (Kinostart 1. Juni 2023) basiert auf einer Kurzgeschichte von Stephen King und erzählt die Geschichte einer Familie, die nach dem Tod der Mutter nicht so recht weiter weiß. Als es zu einem weiteren schrecklichen Vorfall kommt, machen die beiden Töchter eine Reihe seltsamer Beobachtungen. Vor allem die Jüngste entwickelt eine Phobie vor der Dunkelheit und bildet sich überall Monster ein. Aber was, wenn es keine Einbildung ist? Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Regisseur Rob Savage zu unterhalten. Im Interview sprechen wir über die Arbeit an der Geschichte, seine Faszination für Horrorfilme und was die Geschichten von King so besonders macht.
Könntest du uns etwas über die Entstehungsgeschichte von The Boogeyman verraten? Wie bist du zu dem Projekt gekommen?
Ich kam hinzu, kurz nachdem 2020 mein Film Host veröffentlicht wurde. Einige Wochen später wurde mir The Boogeyman angeboten. Damals gab es bereits ein Drehbuch, das von Scott Beck und Bryan Woods geschrieben wurde. Ich fand dieses sehr interessant. Es war beeindruckend, was sie aus der Kurzgeschichte von Stephen King herausgeholt hatten, die ich damals als Kind gelesen hatte. Ich schlug daraufhin meine eigene Version vor, die in eine etwas andere Richtung ging, dabei aber auf der Ideen der beiden aufbaute. Während die Kurzgeschichte und die erste Fassung des Drehbuchs die erwachsenen Figuren in den Mittelpunkt stellten, wollte ich die Geschichte aus der Sicht der Kinder erzählen. Das Publikum sollte daran erinnert werden, wie es war, als Kind in einem dunklen Zimmer aufzuwachen und Angst vor einem Monster im Schrank zu haben.
Wie war es denn, als du ein Kind warst? Was hat dir Angst gemacht?
Alles! Vor allem das Übernatürliche machte mir Angst, Tod, das Jenseits, Geister – all diese Sachen. Ich denke, dass dies auch nach wie vor das ist, was den Menschen am meisten Angst macht. Die Conjuring Filme waren auch deshalb so erfolgreich, weil sie diese Angst im Publikum wachrufen. Wir sind ähnlich vorgegangen. Die meisten unserer Referenzfilme waren Horrorfilme um Spukhäuser, weniger Horrorfilme um Kreaturen. Bei uns gibt es zwar ein Wesen aus Fleisch und Blut, aber wir wollten lieber diese Angst vor dem Übernatürlichen vermitteln.
Die Kurzgeschichte ist inzwischen mehr als 40 Jahre alt. Und doch ist Stephen King bis heute einer der bekanntesten und beliebtesten Horror-Autoren. Wie erklärst du dir seinen großen Erfolg?
Er ist eine einzige Ideenmaschine und hat das Horrorgenre unzählige Male neu definiert, ohne dabei je zynisch zu werden. Er hat noch immer diese Leidenschaft für das Genre und brennt darauf, seine Geschichten zu erzählen. Was ihn dabei immer auszeichnet, ist seine Liebe für die Menschen. Er hat dieses starke Mitgefühl und eine Menschlichkeit, die sich in seinen Geschichten findet, selbst in den furchterregendsten und nihilistischsten Büchern. Deswegen ist er auch so gut darin, uns Angst einzujagen. Er kennt uns einfach, sowohl in unseren schönen Momenten der Gemeinschaft wie auch in denen hässlichen, wenn wir Angst haben oder destruktiv sind. Das macht seine Geschichten so authentisch.
Wenn du von den vielen Geschichten von King einen Favoriten aussuchen müsstest, welche wäre das?
Friedhof der Kuscheltiere. Die Geschichte ist so verstörend, dass sie dir auch Wochen, nachdem du sie gelesen hast, nicht aus dem Kopf geht. Ich liebe auch Mary Lamberts Verfilmung und ich bin sicher, dass dies eine der Geschichten ist, die immer adaptiert werden wird, weil sie auf eine so vorzügliche Weise düster ist.
In deinen vorherigen Filmen hast du immer neue Geschichten erzählt. Wie war es für dich, dieses Mal die Geschichte eines anderen zu erzählen?
Es ist interessant, weil The Boogeyman gleichermaßen seine wie unserer Geschichte ist. Wir haben so viel aus dem Original herausgezogen über eine Familie, die mit ihrem Trauma und den Schmerzen kämpft, und ich hoffe, dass wir damit das umsetzen, was King bei seiner Geschichte im Sinn hatte. Unser Film ist gleichzeitig eine Adaption und eine Fortsetzung. Ich fühle mich dem Film daher genauso verbunden wie meinen vorherigen, wo die Geschichten aus meinem eigenen Kopf kamen. Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass wir so viele Freiheiten hatten und King so offen war für unsere Ideen. Er unterstützt uns auch jetzt noch sehr stark, kämpfte zum Beispiel dafür, dass der Film ins Kino kam und nicht nur als Stream veröffentlicht wird.
War er denn beim Film selbst involviert?
Das nicht, nein. Er las unseren Entwurf und gab uns dafür Feedback. Danach hat er uns freie Hand gelassen.
Sowohl deine vorherigen Filme wie auch The Boogeyman waren Horrorfilme. Was zieht dich so zu diesem Genre hin?
Ich bin primär einfach selbst ein Fan von Horrorfilmen, noch bevor ich ein Filmemacher bin. Ich schaue mir jeden Horrorfilm an, den ich bekommen kann, und habe das seit meiner Kindheit getan. Das geht vom vornehmsten Arthouse-Horror bis zum billigsten Grindhouse, das Genre hat einfach einen speziellen Platz in meinem Herzen. Horror ist ganz klassisches Kino, wie es auch Hitchcock verstanden hat. Du kannst sehr viel nur über das Visuelle erzählen, ohne ganz viel erklären zu müssen und alles in Dialoge zu packen. Das macht einfach am meisten Spaß.
Funktionieren Horrorfilme bei dir dann noch? Wenn du so viele gesehen hast und auch selbst welche gedreht hast, müsstest du doch inzwischen alle Tricks schon kennen.
Wenn mir heute noch ein Horrorfilm Angst macht, dann ist das meistens, weil da irgendeine neue Idee ist, ein Konzept, das mir unter die Haut geht. Martyrs hat zum Beispiel Narben bei mir hinterlassen, als ich mir den Film vor einigen Jahren angeschaut habe. Dabei waren es gar nicht mal die Jump Scares oder die Brutalität, die einen solchen Eindruck hinterlassen haben. Es ist vielmehr das Konzept und die damit verbundenen Implikationen, die ich seither nicht mehr losgeworden bin. Das dürfte der letzte Film gewesen sein, der mich wirklich verstört hat. Aber ich mag auch diese Achterbahnfahrt von Horrorfilmen. Ich bin immer noch gespannt und springe hoch, wenn eine Szene gut gemacht ist. Nur ist es dann so, dass ich nicht das Bedürfnis habe, schreiend wegzulaufen. Vielmehr will ich in solchen Situationen aufstehen und applaudieren.
Was wäre denn der letzte Horrorfilm, den du weiterempfehlen würdest?
Ich hatte mit Barbarian sehr viel Spaß. Das war eine verspielte Einführung für ein breiteres Publikum in einen etwas extremeren Horror.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich Horrorfilme anzuschauen. Du kannst dabei allein sein, wenn um dich herum alles dunkel und leise ist. Oder du kannst es mit anderen tun und die Erfahrung mit ihnen teilen. Was ziehst du persönlich vor?
Es gibt nichts Vergleichbares dazu, dir mit anderen im Kino auf der großen Leinwand einen Horrorfilm anzuschauen. Es ist einfach ein ganz besonderes Gefühl zu wissen, dass Hunderte zur selben Zeit dasselbe wie du durchmachen. Aber letztendlich kann das je nach Film beides funktionieren. Mein Film Host wurde so konzipiert, dass du ihn dir allein ansiehst. Wir haben ihn natürlich aber auch während der Pandemie gedreht, als die Leute gar nicht rausdurften und wir ein entsprechendes Publikum hatten. Bei The Boogeyman ist es eine unterschiedliche Erfahrung, wenn du dir den Film allein im Dunkeln anschaust oder diese Erfahrung mit anderen teilst.
Jetzt, da dein Film fertig und in den Kinos läuft, wie geht es bei dir weiter? Woran arbeitest du?
Es gibt eine ganze Reihe von Projekten, die ich gerade entwickle, bestimmt so 15 bis 20. Die sind aber alle in sehr unterschiedlichen Stadien. Ein paar sind schon weiter und könnten bald Wirklichkeit werden. Einer ist die Adaption einer Kurzgeschichte von mir, ein dämonischer Horrorfilm, auf den ich mich sehr freue. Ein anderer Film namens The Ghoul entsteht mit dem Team, mit dem ich auch The Boogeyman gemacht habe. Dabei handelt es sich um die Adaption eines Comics von Scott Snyder. Ich weiß noch nicht genau, welcher davon mein nächster Film sein wird. Mein Ziel ist es aber, jedes Jahr einen neuen zu drehen.
Vielen Dank für das Gespräch!
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