Seit Jahren schon sind Sandra (Lucie Debay) und Remy (Lazare Goussseau) ein Paar. Ein sehr glückliches dazu, sie harmonieren miteinander, ihre Liebe ist ungebrochen. Und doch gibt es da etwas, das schwer auf ihrer Beziehung lastet. Denn so oft sie es auch versuchen mögen, das mit dem Nachwuchs will einfach nicht funktionieren. Als sie in ihrer Not einen Arzt aufsuchen, in der Hoffnung, er könne ihnen beim Kinderwunsch helfen, hat dieser eine unerwartete Diagnose für sie. So würden die beiden an einem noch neuen Syndrom leiden. Eine mögliche Heilung gibt es zwar. Doch die stellt die beiden vor eine schwierige Aufgabe: Sie müssen noch einmal mit allen vorherigen Partnern und Partnerinnen ins Bett gehen …
Die absurde Begegnung mit der Vergangenheit
Kann ein Paar komplett sein, ohne dass es Kinder hat? Was macht es mit Beziehungen, wenn der Wunsch nach Nachwuchs unerfüllt bleibt? Das sind Fragen, die sich weltweit Paare stellen, wenn das traditionelle Bild der Familie außer Reichweite zu bleiben scheint. Kein Wunder also, wenn Filme und Serien dieses Thema immer mal wieder anschneiden. Sehr schön ist beispielsweise Trying, das über mehrere Staffeln hinweg zwei Menschen begleitet, die nach dem Scheitern der Zeugung eine Adoption anstreben – und damit weitere Probleme haben. Auch bei The (Ex)perience of Love wird dieses Thema aufgegriffen. Doch die belgisch-französische Produktion nimmt dieses nur als Ausgangsszenario, um im Anschluss in eine andere Richtung zu gehen.
Und eine sehr unerwartete. Wenn Sandra und Remy ungläubig reagieren bei dem Vorschlag, sie sollen doch mit allen Ex-Liebhabern und -Liebhaberinnen noch einmal Sex haben, dann dürfte es dem Publikum ganz ähnlich gehen. Zu absurd ist das Szenario. Während viele Geschichten um eine gescheiterte Fortpflanzung die Tragik des Schicksals betonen, da zieht es das Regie- sowie Drehbuchduo Raphaël Balboni und Ann Sirot etwas humorvoller vor. Das betrifft einerseits die Geschichte, die auch nach mehreren Wiederholungen – da müssen schließlich einige Leute abgeklappert und überzeugt werden – nicht weniger bescheuert ist. Hinzu kommen einige schräge Figuren und sonderbare Situationen, in welche die zwei geraten. Man wartet hier gespannt, wie skurril es beim nächsten Mal wohl weitergehen mag.
Episodenhaft komisch und ernst
Das heißt aber nicht, dass es ausschließlich albern würde. Balboni und Sirot, die zuvor schon an mehreren Kurzfilmen sowie dem Spielfilm Madly in Life arbeiteten, haben durchaus ein Interesse daran, sich mit dem Themenkomplex der Partnerschaft ernsthaft auseinanderzusetzen. Da geht es um die Frage, was eine Beziehung ausmacht. Auch die Beschäftigung mit sexuellen Vorlieben und Befriedigung steht auf dem Programm, ohne dass es dadurch frivol würde. Und natürlich bedeutet die Begegnung mit der Vergangenheit, dass die zwei ihre aktuelle Situation auf den Prüfstein legen müssen. Wobei das alles in The (Ex)perience of Love eher angeschnitten statt wirklich vertieft wird. Das ist schon durch die episodenhafte Erzählstruktur schwierig, wenn die Suche nach früherem Sex und dem früheren Ich zu einer Sammlung von Vignetten wird. Sogar eine Serie wäre denkbar gewesen.
Andererseits hat man das Gefühl, dass sich das Duo etwas schwer damit tat, die komplette Laufzeit wirklich auszufüllen. So gehen im letzten Drittel ein wenig die Ideen aus, es geht nicht so unkonventionell und überraschend weiter, wie es zunächst den Anschein hatte. Wo zunächst noch das Genre mit seinen Regeln in Frage gestellt wird, gehen diese Ambitionen nach einer Weile in The (Ex)perience of Love verloren. Aber auch wenn der Liebeskomödie, die 2023 in der Semaine de la Critique in Cannes Premiere feierte, nicht ganz die anfängliche Klasse hält, ist der Film insgesamt doch recht amüsant. Es wäre ihm auch zu wünschen, dass er seinen Weg zu uns finden wird, sei es als reguläre Veröffentlichung oder im Rahmen eines Filmfests.
OT: „Le syndrome des amours passées“
Land: Belgien, Frankreich
Jahr: 2023
Regie: Raphaël Balboni, Ann Sirot
Drehbuch: Raphaël Balboni, Ann Sirot
Musik: Julie Roué
Kamera: Jorge Piquer Rodríguez
Besetzung: Lucie Debay, Lazare Gousseau, Florence Loiret Caille, Ninon Borsei, Florence Janas, Nora Hamzawi, Hervé Piron
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