Irgendwie ist bei Barry Allen (Ezra Miller) nie wirklich Zeit für ein bisschen Ruhe. Wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist, als rasend schneller Held The Flash die Welt zu retten, versucht er, bei seiner Arbeit endlich einmal voranzukommen. Doch was ihn gerade am meisten beschäftigt, ist die kommende Anhörung zu seinem Vater Henry (Ron Livingston). Seit vielen Jahren sitzt dieser im Gefängnis, weil er seine Frau Nora (Maribel Verdú) ermordet haben soll. Seit vielen Jahren kämpft Barry dafür, die Unschuld seines Vaters zu beweisen. Doch vergeblich. Als er eines Tages zufällig herausfindet, dass er durch seine Spezialfähigkeit auch durch die Zeit reisen kann, kommt ihm eine Idee: Er will den Mord an seiner Mutter verhindern, und damit das Leben beider Eltern retten. Dabei ahnt er nicht, was er anrichten wird, denn plötzlich ist alles anders. Selbst sein bester Freund Bruce Wayne alias Batman (Michael Keaton) ist nicht mehr wiederzuerkennen …
Sprint mit Anlaufschwierigkeiten
Kommt er oder kommt er nicht? Seit Ewigkeiten war ein Kinofilm zum DC Comics Superhelden The Flash angedacht, mit Ezra Miller stand auch der Schauspieler lange fest. Hatte der ihn doch schon in anderen Filmen gespielt, allen voran in Justice League, wo die Figur Teil des Heldenteams wurde. Irgendwie schien das Projekt aber unter keinem guten Stern zu stehen. So waren zahlreiche Regisseure im Gespräch, nachdem der anfangs für den Film angedachte Rick Famuyiwa ausstieg. Immer wieder ging das hin und her. Aber auch andere Verpflichtungen des Hauptdarstellers führten zu massiven Verzögerungen. Und selbst jetzt, als trotz aller Zweifel alles fertig ist, könnte der Zeitpunkt schlechter kaum sein. Nicht nur, dass Miller in den letzten Monaten durch zahlreiche fragwürdige bis kriminelle Aktionen auffiel, was ein Alptraum für die PR-Abteilung ist. Das DC Comics Filmuniversum befindet sich zudem bekanntlich mitten im Umbruch, weshalb niemand weiß, ob die Geschichte um The Flash noch eine Zukunft hat. Das ist keine gute Voraussetzung für einen designierten Blockbuster, umso mehr in einem Kinoumfeld, das derzeit von Großproduktionen überlaufen ist.
Eine davon ist dabei besonders problematisch: Spider-Man: Across the Spider-Verse. Gerade einmal zwei Wochen vor The Flash gestartet, erzählt er eine streckenweise verblüffend ähnliche Geschichte. So greifen beide Filme auf das derzeitige Trendthema des Multiversums zurück, spricht das Konzept, dass es zahlreiche Parallelwelten gibt, die sich immer in Details unterscheiden. Während der Animationsfilm das zum Anlass nahm, die unterschiedlichsten Versionen des Titelhelden zusammenzuführen und dabei verschiedenste Stile vereinte, da ist man hier deutlich bescheidener. Barry ist gerade mal in einer Parallelwelt unterwegs. Und die sieht nicht wirklich anders aus. Dafür nutzte man die Gelegenheit, um anderweitig ein wenig zu spielen. So wurde bereits früh öffentlich, dass Michael Keaton Jahrzehnte nach Batman (1989) und Batmans Rückkehr (1992) wieder in die Rolle des dunklen Ritters schlüpfen würde, wohl in der Hoffnung, dass die Nostalgie für gute Zahlen sorgen würde.
Viel Humor, noch mehr Gefühle
Im Gegensatz zu Spider-Man: No Way Home wird das mit dem Multiversum aber nicht allein des Nostalgiefaktors wegen verwendet. Vielmehr kombiniert The Flash dieses Motiv mit dem der Zeitreise und dem damit verbundenen Chaos. Zurück in die Zukunft wird da mehr als einmal direkt zitiert. Außerdem ist der Ton deutlich humorvoller. Nicht nur, dass Barry an den diversen Änderungen in der Welt verzweifelt. Er bekommt es zudem mit einer alternativen Version von sich selbst zu tun, die sich nicht ganz so verhält, wie sie es seiner Meinung nach tun sollte. Originell ist das alles nicht, was dem Film zum Verhängnis werden könnte. Hier wird eine Geschichte erzählt, die einfach zu oft in der letzten Zeit auf ähnliche Weise ausgepackt wurde. Aber sie ist gut umgesetzt, der Unterhaltungsfaktor ist hoch. Man mag von Miller wegen seiner psychisch bedingten Eskalationen und Ausfälle halten, was man will. Er schafft die Balance aus Humor und Action, aus Nerd und Superheld.
Sein schauspielerisches Talent zahlt sich gerade auch gegen Ende hin aus. Zwar sieht es zwischenzeitlich so aus, als würde man es sich beim großen Finale wieder sehr einfach machen und sich an die üblichen Konventionen dieser Comic-Adaptionen halten. Stattdessen ist The Flash ein Film, der sehr emotional wird. Bei all dem Herumschwirren, den zahlreichen Gastauftritten und Anspielungen sowie den nicht enden wollenden Effektgewittern verliert Regisseur Andy Muschietti (Es) den Protagonisten nicht aus den Augen. Da sind dann doch Szenen dabei, bei denen man schon ein Schluchzen unterdrücken muss. Auch wenn der Film vielleicht nicht das Überwerk ist, welches nach den frühen Stimmen erhofft wurde, und an manchen Stellen mehr Mut schön gewesen wäre, gehört er doch zu den besten Heldenauftritten der letzten Zeit. Und es wäre ihm zu wünschen, dass er den Erfolg erhält, den er verdient, und dass das teils offene Ende nicht schon alles war.
OT: „The Flash“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Andy Muschietti
Drehbuch: Christina Hodson
Musik: Benjamin Wallfisch
Kamera: Henry Braham
Besetzung: Ezra Miller, Michael Keaton, Sasha Calle, Michael Shannon, Ron Livingston, Maribel Verdú
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