The Inspection
© Patti Perret / A24 / X Verleih

The Inspection

The Inspection
„The Inspection“ // Deutschland-Start: 24. August 2023 (Kino) // 2. November 2023 (DVD)

Inhalt / Kritik

Ellis French (Jeremy Pope) hat einen Traum: Er möchte den Marines beitreten. Dass dies schon unter gewöhnlichen Bedingungen unglaublich schwierig ist, das ist ihm bewusst. Und seine Bedingungen sind nicht gewöhnlich, ist er doch homosexuell, was in diesem Umfeld undenkbar ist. Seine Homosexualität war es auch, die zu dem Bruch zwischen ihm und seiner konservativen Mutter Inez (Gabrielle Union) geführt hat. Bei seiner neuen Ersatzfamilie sieht es nicht besser aus, von Anfang an ist der Druck hart. So setzt Leland Laws (Bokeem Woodbine) alles daran, die jungen Männer zu brechen. Als die anderen erfahren, dass er schwul ist, droht die Situation zu eskalieren. Lediglich Ausbilder Rosales (Raúl Castillo) steht ihm noch zur Seite …

Schwul und schwarz beim Militär

In Folge des Ukrainekriegs wird die Rolle des Militärs in modernen Gesellschaften wieder heiß diskutiert. Während viele Länder zwischenzeitlich zu der Ansicht gekommen waren, dass man diese ganze Kriegsmaschinerie eigentlich gar nicht mehr brauchte, ist jetzt so manche 180-Grad-Drehung zu beobachten. Damit einher geht auch die Frage, ob und wie man Menschen für die Armee gewinnen kann. Eine Maßnahme wäre sicherlich, The Inspection nicht zu zeigen. Zumindest sind die Erfahrungen, die der Protagonist im Boot Camp der Marines sammelt, so menschenverachtend, dass man sich unweigerlich fragt: Warum sollte man sich das antun? Im Fall von Ellis ist der Grund ebenso einfach wie tragisch. Er sieht keine wirkliche Alternative und erhofft sich durch diese Aufgabe wieder Struktur und Sinnhaftigkeit in seinem Leben.

Das klingt nach einem Klischee, basiert hier aber auf einer wahren Geschichte. Genauer erzählt Regisseur und Drehbuchautor Elegance Bratton davon, wie es ihm selbst als junger Mann ergangen war. Von seiner Mutter wegen seiner Homosexualität verstoßen, landete er auf der Straße. Zehn Jahre war er obdachlos, bevor er den Marines beitrat. Die Zeit auf der Straße thematisierte er in seinem Dokumentarfilm Pier Kids, der von drei homo- bzw. transsexuellen schwarzen Jugendlichen handelte, allesamt ohne feste Bleibe. Für The Inspection wechselte er nun zum fiktionalisierten Erzählen und verarbeitet seine Erfahrungen in seinem ersten Spielfilm. Schön waren diese Erfahrungen offensichtlich nicht. Anders als bei Eismayer neulich, wo die Homosexualität des jungen Protagonisten nur zum Teil ein Problem war, da hat sie hier brutale Gewalt zur Folge.

Die Ambivalenz der Hölle

Und doch ist das US-amerikanische Drama ambivalenter als der österreichische Kollege. Wo Letzterer auf befremdliche Weise die Misshandlungen unter den Teppich kehrte und die Beziehung eines jungen Rekruten und seines deutlich älteren Vorgesetzten beklatschte, da weiß man bei The Inspection im Anschluss nicht, was man von all dem halten soll. So mag der Protagonist hier durch die Hölle gehen, vergleichbar zu vielen anderen Filmen mit militärischem Thema – etwa der Klassiker Full Metal Jacket. Und doch findet Ellis inmitten dieser Misshandlung Stärke und Selbstvertrauen. Gerade die Ablehnung seiner Homosexualität führt dazu, dass er diese selbst stärker anzunehmen beginnt. War die Zeit im Camp also etwas Gutes? Das ist schwer zu sagen, Bratton mag sich dabei nicht ganz festlegen.

Diese Widersprüchlichkeit zeigt sich gerade auch bei der Hauptfigur. Jeremy Pope (Hollywood) zeigt die Zerrissenheit des Protagonisten zwischen seinen Sehnsüchten und der rauen Wirklichkeit, war hierfür auch für einen Golden Globe als bester Hauptdarsteller im Rennen. Die anderen Figuren sind im Vergleich recht schlicht gehalten. Die meisten haben nur wenige Charaktereigenschaften, sind zuweilen nur ein Mittel zum Zweck. Aber auch wenn an der Stelle mehr möglich gewesen wäre als Stereotypen, ist The Inspection insgesamt auf jeden Fall sehenswert. Das Drama, welches auf dem Toronto International Film Festival 2022 Weltpremiere hatte, wirft ein Schlaglicht auf eine Parallelwelt sowie einen jungen Menschen, der sich seine Position in dieser Welt zu erkämpfen versucht.

Credits

OT: „The Inspection“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Elegance Bratton
Drehbuch: Elegance Bratton
Musik: Animal Collective
Kamera: Lachlan Milne
Besetzung: Jeremy Pope, Gabrielle Union, Raúl Castillo, Bokeem Woodbine, McCaul Lombardi

Bilder

Trailer

Interview

Ihr wollt mehr über den Film erfahren? Wir haben uns mit Regisseur und Drehbuchautor Elegance Bratton getroffen. Im Interview zu The Inspection unterhalten wir uns über seine Erfahrungen bei den Marines und warum er seine Geschichte erzählen wollte.

Elegance Bratton [Interview]

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Film Independent Spirit Awards 2023 Bester Hauptdarsteller Jeremy Pope Nominiert
Beste Nebendarstellerin Gabrielle Union Nominiert
Bester Debütfilm Nominiert
Golden Globes 2023 Bester Hauptdarsteller (Drama) Jeremy Pope Nominiert

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The Inspection
fazit
„The Inspection“ erzählt von einem jungen schwarzen Homosexuellen, der zu den Marines geht und dort die Hölle durchmacht. Der Film zeigt dabei klar die systematische Misshandlung, zeigt aber auch, wie der Protagonist dadurch an Stärke gewinnt. Das Ergebnis ist ein sehr gut gespieltes, ambivalentes Drama, das trotz schwach gezeichneter Nebenfiguren sehenswert ist.
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