Wenn Menschen sehr früh in ihrem Leben Erfolg haben, öffnet ihnen das natürlich Türen, die andere nicht einmal zu Gesicht bekommen. Das stellt man sich gern ganz toll vor, so mit Ruhm, Geld und allem, was dazugehört. Doch je früher der Erfolg, umso größer ist auch das Risiko, an diesem kaputtzugehen. Geschichten von Kinderstars, die in Hollywood böse abgestürzt sind, sind bekannt, siehe etwa Drew Barrymore oder Macaulay Culkin. Eher weniger geläufig dürfte den meisten der Name Ali Boulala sein. Dabei ist die Geschichte des schwedischen Skateboard-Fahrers, der durch mehrere Videos zu Berühmtheit kam, nicht minder tragisch, wie uns der Dokumentarfilm The Scars Of Ali Boulala vor Augen führt.
Viele Möglichkeiten, kein Halt
Der zeigte auf dem Brett früh Talent. So viel Talent, dass er als Jugendlicher in die USA geschickt wurde. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist die Szene natürlich deutlich größer und damit auch die Gelegenheiten, etwas aus dem Talent zu machen. Von dem Geld ganz zu schweigen. Ob seine Familie den 16-Jährigen nun in die Welt hinausschickte, um ihn bei der Erfüllung seiner Träume zu helfen oder dies aus reiner Profitgier getan hat, darüber lässt sich streiten. Unstrittig ist jedoch, dass diese Entscheidung dem Nachwuchssportler nicht gut getan hat. The Scars Of Ali Boulala beschreibt einen Menschen, der auf einmal alles tun konnte, was er wollte, und in diesem Rausch der Freiheit völlig den Halt verloren hat. Da wurden Partys gefeiert, Drogen eingeworfen. Das Ganze hat etwas von einer Klassenfahrt, die völlig aus dem Ruder gelaufen ist.
Regisseur Max Eriksson, ein Landsmann des Protagonisten, zeichnet den Weg dieser Klassenfahrt nach, von den euphorischen Anfängen bis zum Absturz. Grundsätzlich läuft dies chronologisch ab. Dieser Rückblick wird jedoch mit Szenen aus der Gegenwart verknüpft, in denen der frühere Sportler über seine Vergangenheit spricht. Noch bevor wir bei dem Ereignis ankommen, welches sein Leben für immer verändert hat, ist die grundsätzliche Marschrichtung vorgegeben. Selbst wer Ali Boulala nicht kennt, von dem Unglück weiß, das sich später ereignet hat, ahnt, dass das alles nicht gut ausgehen kann. Zumal der Titel The Scars Of Ali Boulala bereits vorwegnimmt, dass da eine Verletzung vorliegen muss, wenngleich die hier nicht physischer, sondern psychischer Natur ist.
Mehr Drama als Sport
Der angenehm manipulationsfreie Film will dabei Boulala nicht von seiner eigenen Verantwortung freisprechen. Wenn er so abgestürzt ist und andere mitgerissen hat, dann war dies letztendlich sein eigenes Tun. Zumindest aber wird durch die zahlreichen Gespräche mit ihm und den anderen Menschen aus seinem Umfeld klar, wie es zu all dem kommen konnte. The Scars Of Ali Boulala stellt dabei durchaus universelle Fragen, die losgelöst sind von der Geschichte. Was macht es mit Menschen, wenn sie früh solchen Ruhm erlangen? Wie hätte sich das Unglück verhindern lassen können? Doch im Mittelpunkt steht dann doch der persönliche Aspekt und den Protagonisten, dem alles möglich war, der Beeindruckendes leistete und doch überfordert war.
Dazu gibt es auch ein paar Demonstrationen seines Könnens. Der Dokumentarfilm, der 2021 beim Tribeca Film Festival Premiere hatte, baute auch einige halsbrecherische Skate-Momente ein. Alleine dafür braucht man aber nicht unbedingt einzuschalten, das hier ist keine Sportdoku im eigentlichen Sinn. Vielmehr folgen wir über einen längeren Zeitraum hinweg einem Menschen, sehen die Veränderungen, die er durch- und mitgemacht hat. Wie es in Zukunft weitergehen wird, darauf hat The Scars Of Ali Boulala natürlich keine Antwort. Zu sehr ist da noch der Blick auf die Vergangenheit gerichtet. Aber erste vorsichtige Schritte sind gemacht, Boulala darf jetzt versuchen herauszufinden, wer er unabhängig von dieser verpatzten Karriere und der Tragödie sein darf, auch wenn er beides vermutlich nie wird hinter sich lassen können.
OT: „The Scars Of Ali Boulala“
Land: Schweden, Norwegen
Jahr: 2023
Regie: Max Eriksson
Drehbuch: Mikel Cee Karlsson, Max Eriksson
Musik: Warren Ellis
Kamera: Ivan Blanco, Jonas Embring, Max Eriksson, Majaq Julen, Iga Mikler, Mike Parry
Mitwirkende: Ali Boulala, Rune Glifberg, Arto Saari
Tribeca Film Festival 2021
Hofer Filmtage 2022
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