Tyler Rake: Extraction 2

Fast wäre der auf waghalsige Befreiungsaktionen spezialisierte Söldner Tyler Rake (Chris Hemsworth) bei seinem letzten Auftrag draufgegangen. Doch wie durch ein Wunder überlebte er den Einsatz und lebt seither zurückgezogen, um wieder zu Kräften zu kommen. Viel Zeit für Erholung bleibt aber nicht, eine neue Mission steht an. So soll er Ketevan (Tinatin Dalakishvili) und ihre beiden Kinder aus einem georgischen Gefängnis befreien, wo sie ihr Mann, der Gangsterboss Davit (Tornike Bziava), eingesperrt hat. Zusammen mit Nik (Golshifteh Farahani) und deren Bruder Yaz (Adam Bessa) macht sich Tyler daher auf den Weg, um das Unmögliche möglich zu machen. Einfach ist der Einsatz jedoch nicht, da auch Davits Bruder Zurab (Tornike Gogrichiani) ein Wörtchen mitzureden hat …

Actionreiche Zweitkarriere

So schön es ist, Teil eines erfolgreichen Franchises zu sein und damit praktisch ausgesorgt zu haben, ist das doch immer auch mit einem gewissen Risiko verbunden. Schließlich kann es auch dazu führen, immer auf dieses Franchise reduziert zu werden. So schien es lange auch Chris Hemsworth zu gehen. Klar, der Australier war in den letzten Jahren gut beschäftigt, spielte in Großproduktionen wie Im Herzen der See mit. Erfolgreich waren diese Filme aber kaum, für viele ist und bleibt er dann doch Thor aus den diversen Marvel-Abenteuern. 2020 bewies Hemsworth aber, dass er auch für Hits abseits seiner Paraderolle taugt. Zwar basierte auch der Netflix-Film Tyler Rake: Extraction auf einem Comic. Doch der harte Actionreißer war kaum mit dem zu vergleichen, was er als blitzewerfender Donnergott so erlebt.

Das Publikum war dennoch begeistert, machte den Film zu einem Event, mehrere Rekorde wurden gebrochen. Und so wurden schon früh Pläne für einen zweiten Teil bekannt. Drei Jahre später ist er da und trägt den wenig originellen Titel Tyler Rake: Extraction 2. Aber Originalität ist nichts, was man von den Filmen einfordern sollte. Der erste Teil hatte nichts in der Hinsicht zu bieten, beim zweiten sieht es nicht anders aus. Gerade bei der Figurenzeichnung wird es richtig übel. Zwar ist Drehbuchautor Joe Russo darum bemüht, den Charakteren mehr Tiefe zu verleihen, vor allem durch Schicksalsschläge und Schuldfragen. Aber das ist billig, trägt er dazu bei, dass die Laufzeit völlig überdimensioniert ist. Dass hier irgendwie alle mit jemandem verwandt sind und so ganz unnötig Querverbindungen hergestellt werden, lässt einen zudem mit den Augen rollen.

Brachiales Gerangel ohne Pause

Deutlich spannender sind die Szenen, welche die Augen anderweitig beschäftigen. Vor allem die frühe Szene rund um den Gefängnisausbruch kann sich mehr als sehen lassen. Schon beim Vorgänger zeigte der ehemalige Stuntman Sam Hargrave, dass er als Regisseur seine erworbenen Kenntnisse aus dem Actiongenre gut bei eigenen Werken unterzubringen versteht. Wie sich hier über zwanzig Minuten lang die Figuren durch das gesamte Gebiet prügeln, ist ebenso imposant wie feurig. Durch den Verzicht auf sichtbare Schnitte gewinnt diese Passage noch eine gehörige Rastlosigkeit hinzu. Auch wenn da einiges absurd ist: Tyler Rake: Extraction 2 macht an diesen Stellen ziemlich neugierig auf das, was da noch alles folgt.

So beeindruckend wie hier wird es im Anschluss zwar nicht wieder. Doch die brachialen bis brutalen Kämpfe bleiben das beste Argument, sich den Film anzuschauen. Wem diese beim Vorgänger gefallen haben, der schaltet erneut ein. Aber auch Neulinge kommen auf ihre Kosten, da hier noch einmal eine Schippe draufgelegt wurde. Nur braucht man eben Geduld sowie eine höhere Toleranz, was die erzwungene Tragik angeht. Ansonsten wird man sich in den rund zwei Stunden, die Tyler Rake: Extraction 2 für sich einfordert, mitunter etwas quälen müssen. Der Film macht in Auszügen deutlich mehr Spaß als er es als narratives Werk tut. Aber dafür gibt es ja die Möglichkeit der Abkürzung, indem die diversen irrelevanten Szenen, die sich zudem viel zu wichtig nehmen, einfach übersprungen werden.