Rom, 1943. Die Bombenangriffe der Alliierten auf die italienische Hauptstadt nehmen kein Ende. Als die junge Witwe Cesira (Sophia Loren), die dort einen Lebensmittelladen führt, und ihre 13-jährige Tochter Rosetta (Eleonora Brown) dies aus nächster Nähe mitansehen müssen, steht der Entschluss fest. Sie wollen weg aus Rom und nach Sant’Eufemia gehen, dem alten Heimatdorf von Cesira. Auf dem Land, so die Hoffnung, können sie dem Schrecken des Krieges entkommen. Doch kaum dort angekommen, müssen sie feststellen, dass der Krieg längst Einzug erhalten hat. Die Menschen leiden Hunger, es mangelt an allem. Und auch die Gespräche werden immer wieder von dem Thema verfolgt, vor allem der antifaschistische Student Michele (Jean-Paul Belmondo) hat viel Kritisches dazu zu sagen. Gleichzeitig entwickelt er schnell Gefühle für Cesira …
Schauspielerischer Durchbruch
Sophia Loren und Jean-Paul Belmondo gehörten sicherlich zu den großen europäischen Stars des 20. Jahrhunderts, waren markante Gesichter des Kinos. Als die beiden 1960 zusammen in Und dennoch leben sie vor die Kamera traten, sah das jedoch noch ein wenig anders aus. So hatte Belmondo zwar schon eine Reihe weiterer Filme gedreht. Doch erst das wenige Monate zuvor veröffentlichte Außer Atem machte ihn bekannt. Loren war in ihrer Filmografie zwar schon um einiges weiter, hatte zudem in den USA gearbeitet – etwa der Liebeskomödie Hausboot. Als ernsthafte Schauspielerin sah man sie hingegen weniger. Das änderte sich massiv durch das Drama, welches zu einem künstlerischen Triumph für die Italienerin wurde. So erhielt sie einen Oscar als beste Hauptdarstellerin, was zu dem Zeitpunkt bislang noch niemandem in einer fremdsprachigen Produktion gelungen war.
Loren ist dann auch das beste Argument, sich den Film mehr als sechzig Jahre später noch immer anschauen zu wollen. Schließlich ist Und dennoch leben sie völlig auf sie bzw. ihre Rolle zugeschnitten. Andere Figuren gibt es natürlich schon, die spielen jedoch keine übermäßig große Rolle. Michele ist als Gegenentwurf zu den Faschisten sowie als Love Interest der Protagonistin ein wichtiges Element. Allerdings ist er nur vergleichsweise kurz zu sehen, da die Geschichte im Lauf der anderthalb Stunden die verschiedensten Stationen abklappert. Rosetta, verkörpert von Schauspieldebütantin Eleonora Brown, ist zwar annähernd so oft zu sehen wie die Filmmutter. Doch erst gegen Ende darf sie als eigenes Individuum auftreten, mit eigenen Entscheidungen und Persönlichkeit. Vorher ist sie nicht viel mehr als ein wertvolles Objekt, welches Cesira mitschleppt.
Schreckliche Erfahrungen am laufenden Band
Das Thema des Films ist dann auch zweigeteilt. Auf der einen Seite handelt er natürlich vom Krieg und den Entbehrungen, die damit einhergehen, und spart dabei nicht an Kritik. Regisseur Vittorio De Sica (Fahrraddiebe) beschreibt eine Gesellschaft, die geradezu sonderbar vom Kriegsgeschehen entrückt ist. Die Menschen wollen damit nichts zu tun haben, verschließen zum Teil die Augen, selbst dann, wenn um sie herum die Bomben fallen. Gleichzeitig ist Und dennoch leben sie eine Art Survivaldrama über eine Mutter, die unbedingt ihr Kind vor der Welt abschirmen möchte, mit der Zeit aber feststellen muss, dass dies gar nicht geht. Von Anfang an ist der Ton bitter. Von Minute zu Minute scheint es aber schlimmer zu werden, gerade in der zweiten Hälfte kommt es knüppeldick.
Insgesamt ist das Drama nicht unbedingt das subtilste. Die Aussagen zum Krieg, der damaligen Zeit und den Menschen muss man sich nicht erarbeiten. Die werden den Zuschauern und Zuschauerinnen geradezu aufgedrängt. Doch die Adaption des 1957 veröffentlichten Romans Cesira von Alberto Moravia geht mit einer Wucht zur Sache, die Jahrzehnte später noch immer imponiert. Vor allem die Wandelbarkeit von Loren tragen dazu bei, dass Und dennoch leben sie gut vor Augen führt, was es heißt, sich durch eine Welt des Krieges zu bewegen. Als reiner Kriegsfilm ist das zu wenig. Als Porträt einer Frau, die in dieser Zeit gebrochen wird, ist das aber noch immer mehr als einen Blick wert.
OT: „La ciociara“
Land: Frankreich, Italien
Jahr: 1960
Regie: Vittorio De Sica
Drehbuch: Cesare Zavattini, Vittorio De Sica
Vorlage: Alberto Moravia
Musik: Armando Trovajoli
Kamera: Gabor Pogany
Besetzung: Sophia Loren, Jean-Paul Belmondo, Eleonora Brown, Carlo Ninchi, Raf Vallone, Renato Salvatori
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 1962 | Beste Hauptdarstellerin | Sophia Loren | Sieg |
BAFTA | 1962 | Beste ausländische Darstellerin | Sophia Loren | Sieg |
Cannes | 1961 | Goldene Palme | Nominiert | |
Beste Darstellerin | Sophia Loren | Sieg | ||
Golden Globes | 1962 | Bester fremdsprachiger Film | Sieg |
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