Das Leben als Verbrecher hat Link Jones (Gary Cooper) hinter sich gelassen und hat sich als Mitglied einer kleinen, aufstrebenden Gemeinde zur Ruhe gesetzt. In deren Auftrag macht er sich in die nächstgrößere Stadt Fort Worth auf, um eine Lehrerin für die Gemeindeschule zu finden. Während eines Zwischenhalts wird der Zug jedoch von einer Gruppe Diebe überfallen. Im Kampf mit einem von ihnen wird Link verwundet und ausgeraubt. Einige Zeit später wacht er auf und muss sich nun mit der Sängerin Billie (Julie London) und dem Spieler Sam (Arthur O’Connell) bis zur nächsten Stadt durchschlagen. Auf der Suche nach einer Bleibe für die Nacht laufen die drei ausgerechnet den Dieben wieder in die Arme, wobei deren Anführer Dock Tobin (Lee J. Cobb) in Link seinen alten Gefährten wiedererkennt. Kurzerhand will er ihn wieder unter seinen Dienst stellen und mit ihm sowie den anderen Männern einen letzten großen Überfall durchziehen, bevor auch er sich zur Ruhe setzen wird. Um seine Begleiter vor den Dieben zu schützen, nimmt Link an. Doch Dock ist schon längst nicht mehr der Anführer, der er einst war, und unter seinen Männern macht sich Unmut breit, die sich durch den neuen Mann in ihren Reihen bedroht fühlen.
Lob von Godard
Aus heutiger Sicht ist es unvorstellbar, dass jemand wie Regisseur Anthony Mann bei der Kritik durchfallen könnte, doch genau dies geschah, als Der Mann aus dem Westen in die US-amerikanischen Kinos kam. In Europa reagierte man indes anders und niemand anders als Regisseur Jean-Luc Godard feiertet den Film in einer sehr enthusiastischen Kritik als einen der besten Filme des Jahres 1958, was den Grundstein legte, zum einen für eine Wiederbewertung von Der Mann aus dem Westen und zum anderen eine gründliche Rezeption des Werkes von Anthony Mann an sich, die bis heute andauert. Innerhalb eines Gesamtwerkes, das so Filme wie Stern des Gesetzes umfasst, ist Der Mann im Westen ein beachtlicher Film über die Suche nach Vergebung, dem Abschließen mit der Vergangenheit und letztlich dem Abschließen mit einer alten Ordnung.
Lange bevor der Mythos des Wilden Westen in den europäischen Western eines Sergio Leone oder Sergio Corbucci hinterfragt und zerlegt wurde, gab es schon in den Filmen Anthony Manns Hinweise, dass diese Narrative nicht mehr bestehen können. Link Jones und Dock Tobin sind Vertreter des alten Westens, Relikte einer alten Ordnung, die entweder beschlossen haben, diese hinter sich zu lassen oder einfach nicht anders können, als so weiter zu machen, wie sie es gewohnt sind. Der Fortschritt ist eingezogen – durch die Eisenbahn und die kleinen Gemeinden, die überall entstehen – und es gibt keinen Platz mehr für die Outlaws von einst. Es geht nicht mehr um den Kampf der Zivilisation gegen die Wildnis, denn die ist schon längst erobert und es sind nur ein paar Ewig-Gestrige, die nicht mitbekommen haben, dass sie Zeit sie längst hinter sich gelassen hat. In den Bildern Ernest Hallers ist diese Stimmung allgegenwärtig, wenn auf der einen Seite das Flair des alten Westen evoziert wird, dann aber wieder deutlich wird, dass dieser der Vergangenheit angehört.
Suche nach Vergebung
Aber es sind längst nicht nur die Bilder, die betonen, dass es mit dem alten Westen zu Ende geht. In den Gesten und der Mimik einer Figur, wie sie Gary Cooper spielt, bemerkt man noch eine andere Idee – die der Suche nach Vergebung, wie sie viele der Charaktere in Manns Western definiert. Auf die Frage nach seinem Namen reagiert er ausweichend, gibt sich „Allerweltsnamen“ und ändert immer wieder seinen Beruf, bis er sich dann, auf sich allein gestellt, wieder auf seine Identität als Outlaw berufen muss, um zu überleben und andere zu schützen. Dieser Link Jones ist ein gebrochener Mann, dessen Motivation dieses neue Leben ist, diese Hoffnung auf einen Neubeginn und die Suche nach einer Form von Vergebung für das Unrecht, was er anderen angetan hat. Gary Cooper spielt abermals einen Helden, dessen Kampf mehr ist als es die Konventionen des Genres vermuten lassen, denn sein Konflikt ist viel existenzieller, was Der Mann aus dem Westen eine philosophische Note gibt. Auf jeden Fall wirken die Bilder und die Figuren dieses Western noch lange nach beim Zuschauer.
OT: „Man of the West“
Land: USA
Jahr: 1958
Regie: Anthony Mann
Drehbuch: Reginald Rose
Musik: Leigh Harline
Kamera: Ernest Haller
Besetzung: Gary Cooper, Julie London, Lee J. Cobb, Arthur O’Connell, Jack Lord, John Dehner, Royal Dano, Robert J. Wilke
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