Frankreich im Jahr 1789: Eigentlich ist Graf Guillaume de Saint Preux (Alain Delon) ein angesehenes Mitglied der Oberschicht, er verkehrt regelmäßig in den obersten Kreisen. Vor allem verkehrt er gern mit Catherine de Vigogne (Dawn Addams), der Frau des Marquis de Vigogne (Akim Tamiroff). Diese Affäre ist dabei nicht sein einziges Geheimnis. So überfällt er mit einer schwarzen Maske verkleidet unter dem Namen „Die schwarze Tulpe“ seine vermögenden Standesgenossen und raubt diese aus, was ihn zu einem Helden in der einfachen Bevölkerung gemacht hat. Als Guillaume bei einem Zwischenfall von einem Degen verletzt wird und seither eine große Wunde zu sehen ist, droht seine geheime Identität jedoch aufzufliegen. Und so überredet er seinen Bruder Julien (ebenfalls Alain Delon), sich für ihn auszugeben. Der lässt sich darauf ein, will jedoch für das einfache Volk kämpfen – und findet hierfür mit Caroline Plantin (Virna Lisi) eine dankbare Mitstreiterin …
Der Kontrast zweier ungleicher Brüder
Bei Alexandre Dumas und Mantel-und-Degen-Abenteuer werden die meisten an seinen großen Klassiker Die drei Musketiere denken. Viele Male wurde die Geschichte verfilmt, zuletzt kam mit Die drei Musketiere: D’Artagnan sogar mal wieder eine neue Version in die Kinos. Doch der große französische Schriftsteller hat noch einen anderen Titel inspiriert. Und das wortwörtlich: So nimmt Die schwarze Tulpe zwar auf den gleichnamigen Roman von 1964 Bezug, der zu den erfolgreichsten von Dumas zählt. Mit der Handlung rund um den Tulpenzüchter Cornelius van Baerle hat der Film jedoch nichts zu tun. Eine Liebesgeschichte gibt es zwar in beiden Werken. Der Schwerpunkt hier liegt jedoch auf den Abenteuern, welche die zwei maskierten Brüder erleben, wenn sie sich im Frankreich des späten 18. Jahrhunderts mit der Oberschicht des Landes auseinandersetzen.
Das klingt ein wenig nach Robin Hood, einem weiteren Mann, dem oft eine noble Herkunft nachgesagt wurde, und der die Reichen bestahl, um die Beute mit den Armen zu teilen. Der Unterschied: Guillaume will sich damit nur selbst bereichern. Auch sonst ist er nicht gerade ein moralisches Vorbild, der Frauenheld nimmt sich, was er will, interessiert sich wenig für die anderen. Damit ist er das genaue Gegenteil seines Bruders Julien, dem eigentlichen Helden der Geschichte. Tatsächlich legt Die schwarze Tulpe sehr viel Wert auf diese Unterschiedlichkeit, der Kontrast der beiden ist ein integraler Bestandteil des Films. Umso mehr, da Alain Delon (Die Abenteurer) beide Rollen spielt und der eine Bruder sich für den anderen ausgibt. Das Ergebnis sind humorvolle Szenen, wie man sie in Verwechslungskomödien immer mal wieder vorfindet, verbunden aber mit dem starken Kontrast. Zwei mal Zwei machte etwas ähnliches, wenn zwei Zwillingspaare aufeinandertreffen, bei denen die Schwestern immer sehr unterschiedlich waren.
Schön anzusehen
Aber auch sonst sind immer mal wieder humorvolle Passagen zu finden. Regisseur und Co-Autor Christian-Jaque war für ein solches Projekt natürlich ideal. Schließlich ist sein zwölf Jahre zuvor erschienenes Fanfan, der Husar ein Klassiker des Mantel-und-Degen-Films, der ebenfalls vieles mit einem Augenzwinkern nahm. Natürlich ist der Humor in Die schwarze Tulpe ein wenig in die Jahre gekommen. Der Film wird auch nie so komisch wie Die drei Musketiere von 1973, welches das klassische Abenteuer in eine Slapstick-Variante umdeutete. Aber man darf doch immer mal wieder schmunzeln, auch wegen der lustvoll überzeichneten Figuren. Sowohl auf der guten wie der bösen Seite wird ausgiebig mit Archetypen gearbeitet.
Man kann sich den Film aber auch des Abenteuerteils wegen ansehen. So gibt es in Die schwarze Tulpe schöne Kulissen aus dem alten Frankreich zu begutachten. Auch die Actionszenen, wenn die Waffen sprechen dürfen, können sich sehen lassen. Zwar sorgt der besagte humorvolle Ton dafür, dass man die Ereignisse nie so wirklich ernst nimmt. Selbst in tragischen oder brenzligen Situationen bleibt man deshalb als Zuschauer bzw. Zuschauerin etwas auf Distanz. Wenn man aber gar nicht den Anspruch hat, hier Hochspannung zu erleben, kann man sich von dem Kampf zweier Brüder schon unterhalten lassen – vor allem wenn man etwas nostalgisch veranlagt hat, ist das hier doch ein Film, wie er heute nicht mehr gedreht würde.
OT: „La Tulipe noire“
IT: „The Black Tulip“
Land: Frankreich, Italien, Spanien
Jahr: 1964
Regie: Christian-Jaque
Drehbuch: Paul Andréota, Christian-Jaque, Henri Jeanson
Vorlage: Alexandre Dumas
Musik: Gérard Calvi
Kamera: Henri Decaë
Besetzung: Alain Delon, Virna Lisi, Dawn Addams, Adolfo Marsillach, Akim Tamiroff, Francis Blanche, Laura Valenzuela
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