Eine perfekte Geschichte

Wirtschaftliche Sorgen hat Margot (Anna Castillo) sicherlich keine. Als jüngster Spross einer vermögenden Familie und angehender Hotelerbin stehen ihr alle Türen offen. Theoretisch zumindest, praktisch wird der jungen Spanierin alles vorgegeben. Richtig viel Mitspracherecht hat sie in ihrem Leben nicht. Als dann ihre Hochzeit ansteht, wird das alles zu viel und sie türmt lieber panisch davon. Bei David (Álvaro Mel) ist das ganz anders. Gleich drei Jobs muss er gleichzeitig machen, um irgendwie über die Runden zu kommen. Aber auch er hat so seine Probleme mit der Liebe. Und so beschließen sie, gemeinsam nach Griechenland zu fahren, sich gegenseitig bei ihrer jeweiligen Entwicklung zu helfen und am Ende doch noch ihre Liebe zurückzubekommen …

Die doppelte Liebespackung

Wessen Herz für Liebesgeschichten schlägt, der bekam diese Woche bei Netflix gleich doppelt Nachschub. Los ging es mit dem Film Küssen und andere lebenswichtige Dinge, tags drauf folgte die Serie Eine perfekte Geschichte. Dabei haben die beiden Titel noch mehr gemeinsam als die romantische Ausrichtung. So basieren beide Produktionen auf Romanen: Dort war es ein Werk von Katherine Center, hier ist es Un cuento perfecto von der spanischen Autorin Elísabet Benavent. Außerdem handeln beide Titel davon, wie die Protagonistin mit bislang nicht verarbeiteten Themen umgehen muss und sich dabei weiterentwickelt. Denn nur wenn sie das geschafft hat, darf sie am Ende ihren Traummann bekommen – der jeweils die ganze Zeit vor ihrer Nase stand, ohne dass sie es wirklich gemerkt hat.

Bei Eine perfekte Geschichte gibt es prinzipiell noch eine zweite Hauptfigur, die an sich arbeiten muss. Schließlich klappt das bei David auch nicht so wirklich mit der Liebe. Konsequent verfolgt wird das aber nicht. Tatsächlich thematisiert die Serie selbst das Ungleichgewicht, wenn Margot dauernd etwas ändern soll, während man bei David nicht viel in der Hinsicht bekommt. Das ist auch deshalb irritierend, weil es zu Beginn der Geschichte darum geht, dass andere Männer ständig für Margot entscheiden und sie formen wollen. David tut das auch. Sicher ist seine Absicht eine andere, er will seiner neuen Bekannten wirklich helfen. Dennoch, das ist schon ziemlich problematisch, was Benavent da zu erzählen hat. Da war die Selbstverwirklichung in Küssen und andere lebenswichtige Dinge schon organischer.

Schön anzusehende Berieselung

Ein weiterer Unterschied ist, dass bei der spanischen Serie der Humorgehalt deutlich geringer ist. Ganz ohne komische Situation sind die fünf Folgen zwar nicht, etwa bei gleich zwei Szenen, in denen Männer blankziehen. Im Vergleich zum obigen Film ist das aber ziemlich wenig, da fehlt ein ähnlicher Spaß am Skurrilen und überzeichneten Figuren. Man könnte sogar sagen, dass es bei Eine perfekte Geschichte überhaupt an einer nennenswerten Figurenzeichnung mangelt. Eigentlich sind die beiden Charaktere ziemlich langweilig. Zum Teil wird das durch das Charisma der Besetzung ausgeglichen. Anna Castillo (Je mehr, desto besser) und Álvaro Mel bilden schon ein süßes Paar. Da sind dann schon recht viele Szenen dabei, bei denen man sich gern zurücklehnt und einfach nur den beiden dabei zusieht, wie sie durchs Leben stolpern.

Aber auch mit dieser Besetzung kommt das hier nur auf Durchschnitt. Vor allem inhaltlich ist die Serie ziemlich schwach aufgestellt, wenn von Anfang an die Marschrichtung so klar vorgegeben ist, dass man sich den Rest eigentlich sparen kann. Es ist auch nicht so, dass die Entwicklung der Protagonistin spannend genug wäre, um deswegen einschalten zu müssen. Dann sind schon eher die schönen Aufnahmen aus Griechenland, wo die beiden sich selbst zu finden hoffen, als Argument zu gebrauchen. Gemeinsam mit dem attraktiven Paar wird da einiges fürs Auge geboten. Mehr als ein bisschen oberflächliche Berieselung ist aber nicht drin, der Titel Eine perfekte Geschichte ist so weit entfernt von dem tatsächlich Gebotenen, dass dies schon als Parodie durchgehen könnte.