Gehen und bleiben
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Gehen und Bleiben

„Gehen und Bleiben“ // Deutschland-Start: 20. Juli 2023 (Kino) // 15. Februar 2024 (DVD)

Inhalt/Kritik

Während die Filmographie von Regisseuren wie etwa Davis Guggenheim (Still: A Michael J. Fox Movie) ein breitgefächertes Spektrum abdeckt, haben sich manche Dokumentarfilmer auf einen bestimmten Themenkomplex eingeschossen. Sebastian Dehnhardt (Klitschko) beispielsweise interessiert sich für die deutsche Geschichte und deutsche Sportler. Volker Koepp (Seestück) schlägt in eine ähnliche Kerbe: Für ihn scheinen es deutsche Landschaften beziehungsweise Landschaften mit deutschsprachigen Bewohnern zu sein, sowie deutsche Autoren und Dichter. In seinem neuesten Werk vermischen sich diese beiden Bereiche erneut, wie bereits in früheren Werken.

Kontemplativ mit Mut zu Pausen

Die Sichtung des Dokumentarfilms Gehen und Bleiben ist ein kontemplatives Erlebnis. Immer wieder einmal pausiert der Film, um sich an der Natur um ihn herum zu erfreuen. Das kann an manchen Stellen in statischen Einstellungen geschehen, an anderen wird dem Zuschauer dank eines Kameraschwenks ein größerer Überblick geboten. Ob diese Aufnahmen so viel zum Narrativ beitragen, darf bezweifelt werden. Sie sind fraglos entspannend und fallen auch keinesfalls störend auf, aber auf der anderen Seite ist Gehen und Bleiben 168 Minuten lang. Da wird vom Zuschauer schon einiges erwartet, bei einem Thema zumal, das jetzt nicht unbedingt massentauglich ist. Wer kennt denn heutzutage noch die Gruppe 47 oder Uwe Johnson, von Germanisten und Autoren einmal abgesehen?

Daneben gibt es natürlich noch seine Weggebleiter, von denen einige hier zu Wort kommen. Das sind wahlweise Schulkameraden, Studienkollegen oder Nachbarn. Namentlich identifiziert werden die wenigsten davon, Bauchbinden oder sonstige Einblendungen in diese Richtung gibt es nicht. Zumindest ist das beim Pressescreener so, es wäre aber eigentlich schon recht ungewöhnlich, falls sich dies auch in der offiziellen Kinofassung so verhalten sollte. Vielleicht ist das aber auch alles so beabsichtigt. Zu Beginn des Abspanns werden unter „Wir begegneten“ alle Namen der Interviewten aufgelistet und den jeweils besuchten Orten zugeordnet.

Die Suche nach der Gegenwart

Das Drehbuch zu Gehen und Bleiben stammt von Barbara Frankenstein, welche schon öfter mit Koepp zusammengearbeitet hat. Trotz der Pausen und Exkursionen ist ein roter Faden im Narrativ erkennbar. Anfang und Ende bilden einen Rahmen. Wir befinden uns auf der Isle of Sheppey, wo Johnson die letzten zehn Jahre seines Lebens verbracht hat. Jemand, der anscheinend keinerlei Bezug zu dem Autor, dafür aber einen Van mit der Aufschrift „evolve skateboards“ hat, spekuliert darüber, was einen deutschen Schriftsteller zur damaligen Zeit wohl an dem Ort gereizt haben könnte. Am Ende wird, wie die ganze Dokumentation über immer wieder einmal, im Voiceover aus Johnsons Werk vorgelesen. Da haben wir den Friedhof mit seinem Grab, das nur durch eine in den Boden eingelassene Namensplakette gekennzeichnet ist, gerade verlassen, und lassen uns von der Kamera wie am Anfang in einem Schwenk den Himmel zeigen.

Gehen und Bleiben weist eine konstruierte Aktualität auf. Johnsons Werk lässt sich fraglos in manchen Bereichen mit heutigen Verhältnissen in Verbindung bringen, was jedoch nicht bedeutet, dass es zwingend getan werden muss. Eine Einstellung am Bahnhof beobachtet einen ankommenden Zug, aus dem ein Fahrgast mit Rad aussteigt, in die Ferne starrt und sich dann die Maske abzieht. Als nächstes sehen wir die digitale Anzeige, welche uns über das Tragen von Mund- und Nasenschutz belehrt. Die dreitätige Invasion der Ukraine, die mittlerweile die 500-Tages-Marke überschritten hat, begann zum Zeitpunkt der entsprechenden Szene vor etwa einer Woche, was auch kurz thematisiert wird. Das sind Momentaufnahmen, die wie die Landschaftsbilder nicht störend ins Gewicht fallen, aber eben auch nicht vermisst worden wären, wenn sie jemand auf dem Boden des Schneideraumes vergessen hätte.

Ein Film wie ein Bach

Letzten Endes ist Gehen und Bleiben wie ein plätschernder Bach. Was die befragten Personen zu erzählen haben, ist alles sehr anhörbar, wie auch die präsentierten Bilder sehr anschaubar sind. Nach den fast drei Stunden Laufzeit hat die Doku aber eher keine Langlebigkeit im Gedächtnis. Wer vorher noch nie von Johnson gehört hat, wird hinterher sicher etwas gebildeter sein (außerdem sollte ihm hier mitgeteilt werden, dass der Name tatsächlich deutsch ausgesprochen wird, und nicht englisch wie zu erwarten gewesen wäre). Wer bereits mit dessen Werk und grob mit seinem Leben vertraut ist, kann hier zwar immer noch Neues erfahren, aber Gehen und Bleiben ist eben kein reißender Fluss, dessen Strömungen noch zu spüren sind, wenn man nach dreistündiger Schwimmerei abends im Bett liegt.

Credits

OT: „Gehen und Bleiben“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Volker Koepp
Drehbuch: Barbara Frankenstein
Kamera: Uwe Mann

Bilder

Trailer

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Gehen und Bleiben
Fazit
"Gehen und Bleiben" ist ein kontemplativer Dokumentarfilm über den Schriftsteller Uwe Johnson und dessen Verbindung mit seiner Heimat und sonstigen Orten, an denen er sich herumtrieb. Die Doku lässt sich trotz ihrer Laufzeit von knapp drei Stunden leicht und angenehm schauen. Dennoch hätte sie kürzer sein können, die immer wieder eingestreuten Landschaftsaufnahmen tragen zwar zur Entspannung bei, werden aber nicht jedermanns Geschmack sein.
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