Es ist reiner Zufall, der die beiden im Dezember 2006 zusammenführt. Shauna (Fanny Ardant) will ihrer sterbenden Freundin Mathilde beiseitestehen, Pierre (Melvil Poupaud) arbeitet in eben jenem Krankenhaus. Am Automat laufen sie sich über den Weg, wo sie eine Suppe kaufen will, wovon er sie abzubringen versucht. Sie kauft sie trotzdem und ist im Anschluss verschwunden. 15 Jahre später begegnet Pierre, der mit seiner Kollegin Jeanne (Cécile de France) zwei Kinder hat, durch einen weiteren Zufall Shauna wieder. Er erkennt sie sofort wieder, sie kann sich nicht an ihn erinnern. Schnell entwickelt der verheiratete Arzt Gefühle für die rund 25 Jahre ältere Frau und sucht später erneut die Nähe zu ihr, riskiert dafür sogar sein Familienleben …
Die Geschichte einer Affäre
Offensichtlich scheint das Thema Ehebruch bzw. Affären französische Filmschaffende besonders zu interessieren. Zumindest ist es auffällig, dass in den letzten Monaten gleich drei Filme aus der Grande Nation in unseren Kinos laufen, in deren Mittelpunkt eine solche außereheliche Beziehung steht. Den Auftakt machte An einem schönen Morgen, in dem eine Frau an einem Wendepunkt in ihrem Leben eine Affäre mit dem verheirateten alten bekannten beginnt. Tagebuch einer Pariser Affäre nahm das Ganze mit Humor, schilderte von einer rein körperlichen Geschichte zwischen zwei Menschen, die ansonsten keinen Kontakt haben. Nun steht mit Im Herzen jung der dritte Film innerhalb weniger Monate an, der von einem solchen Ehebruch erzählt. Und noch eine Gemeinsamkeit gibt es: Wie schon in An einem schönen Morgen spielt Melvil Poupaud die Rolle des untreuen Ehemanns.
Dennoch sind die beiden Filme nur zum Teil miteinander zu vergleichen. Während der obige Film die Affäre nur zu einem Thema unter mehreren machte und recht beiläufig von dieser Entwicklung erzählte, da rückt die Beziehung in Im Herzen jung in den Mittelpunkt. Regisseurin und Co-Autorin Carine Tardieu (Eine bretonische Liebe) fackelt da nicht lange. So sehen wir die beiden Hauptfiguren gleich zu Beginn bei ihrer ersten Begegnung. Die zweite – nach einem Zeitsprung von 15 Jahren – folgt gleich danach. Und auch wenn es von dort eine Weile dauert, bis die beiden sich wirklich ihren Gefühlen hingeben, wird doch sehr schnell klar, worauf das alles hinausläuft. Diese doppelte Schicksalsbegegnung scheint unausweichlich, wobei die Gegenwehr nicht übermäßig lange dauert. Was an der Stelle auch etwas fehlt, ist eine Begründung für diese gegenseitige Anziehung. Man weiß hier nicht so recht, was die beiden aneinander finden.
(K)eine Frage des Alters
Etwas mehr Aufmerksamkeit bekommt das Thema des Altersunterschieds. Denn auch wenn es inzwischen kein Tabuthema mehr ist, wenn die Frau deutlich älter ist als der Mann, wird es noch immer als erklärungsbedürftig angesehen. Die deutschen Filme Für eine Nacht … und immer? und Einfach mal was Schönes haben dies angesprochen, auch in Im Herzen jung wird darüber geredet. Wobei es hier gar nicht so sehr der gesellschaftliche Aspekt ist, der zum Hindernis wird. Vielmehr hadert Shauna selbst mit der Situation, fühlt sich zu alt, zumal ihre Gesundheit nicht mehr die beste ist. In dem Film geht es damit auch um Selbstwahrnehmung und Selbstakzeptanz. Und es geht um Krankheit, Tod und wie Liebe in einem solchen Umfeld überhaupt funktionieren kann.
Sonderlich tief ist die Beschäftigung mit diesen Themen nicht. Tardieu, die hier ein Projekt der 2016 verstorbenen isländisch-französischen Regisseurin Sólveig Anspach (Der Effekt des Wassers) zu Ende führt, will dann doch eher das Melodram. Im Zweifel gibt es lieber Schlagworte als Nuancen. Sehenswert ist das vor allem des Ensembles wegen. Fanny Ardant, die hierfür bereits zum sechsten Mal bei den Césars als beste Hauptdarstellerin im Rennen war, spielt mit einer Mischung aus Willenskraft und Zerbrechlichkeit. Eine Frau, der die Welt zu Füßen liegt, der aber zunehmend Zweifel und Sorgen kommen. Und auch Poupaud als Mann, der sich noch einmal Hals über Kopf verliebt, ohne das selbst richtig verstehen zu können, bleibt bei Im Herzen jung in Erinnerung.
OT: „Les Jeunes amants“
Land: Frankreich, Belgien
Jahr: 2021
Regie: Carine Tardieu
Drehbuch: Carine Tardieu, Agnès de Sacy, Sólveig Anspach
Musik: Eric Slabiak
Kamera: Elin Kirschfink
Besetzung: Fanny Ardant, Melvil Poupaud, Cécile de France, Florence Loiret Caille, Sharif Andoura
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
César | 2023 | Beste Hauptdarstellerin | Fanny Ardant | Nominiert |
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