Als die Pub-Kellnerin Rosie Duff 1996 in der kleinen schottischen Universitätsstadt St. Andrews ermordet wird, sind die Menschen zwar in Aufruhr. Dennoch wird der Fall relativ schnell zu den Akten gelegt, der Mörder wurde nie geschnappt. Erst 25 Jahre später kommt wieder Bewegung in die Sache, da die bekannte True Crime-Podcasterin Bel Richmond (Rakhee Thakrar) den Fall in ihrer Sendung aufgreift und schwere Vorwürfe erhebt. Um schnell für Ruhe zu sorgen, wird die junge Polizistin Detective Sergeant Karen Pirie (Lauren Lyle) damit beauftragt, zusammen mit dem unerfahrenen Detective Constable Jason Murray (Chris Jenks) noch einmal auf Spurensuche zu gehen. Dabei beginnen ihre Ermittlungen mit Alex Gilby (Ariyon Bakare), Ziggy Malkiewicz (Alec Newman) und Weird Mackie (Michael Shaeffer). Schließlich waren es die ehemaligen Studenten, die damals die Leiche entdeckten – und damit die einzigen Verdächtigen waren …
Adaption einer beliebten Krimi-Reihe
Seit ihrem ersten Roman Die Reportage 1987 hat sich die Schottin Val McDermid fest in der europäischen Krimiszene etabliert. Mehrere Dutzend Romane hat sie seither veröffentlicht und dabei eine Reihe von Helden und Heldinnen geschaffen, die sie abwechselnd auf neue Einsätze schickt. Eine davon ist Karen Pirie. Die junge schottische Polizistin feierte 2003 in The Distant Echo, auf Deutsch Echo einer Winternacht, ihren Einstand. Sechs weitere Bücher sind seither erschienen, zuletzt dieses Jahr Past Lying. Ein bisschen Stoff ist also vorhanden, wenn die Ermittlerin nun auch im Fernsehen ihre Qualitäten unter Beweis stellen darf. Auftakt der neuen Krimiserie, die hierzulande im ZDF ausgestrahlt wird, bildet dabei der obige erste Roman, auch wenn der Titel aus nicht ganz nachzuvollziehenden Gründen in Echo einer Mordnacht umgewandelt wurde.
Als Einstiegsgeschichte funktioniert das ganz gut. So beginnt der Krimi damit, dass die junge Polizistin den Fall erhält, zur Verwunderung und zum Ärger einiger männlicher Kollegen, die sich übergangen fühlen. An dieser Stelle wird auch schon klar, dass McDermid, die sich selbst als Feministin bezeichnet, das Genre auch für gesellschaftliche Kommentare nutzt. Das betrifft die Protagonistin, die irgendwie niemand ernstnimmt. Aber auch beim Opfer wird in Karen Pirie – Echo einer Mordnacht gesagt, dass sie nicht die Aufmerksamkeit erhielt, die sie verdient hätte. Eine einfache Pub-Bedienung? Das war wohl nicht wichtig genug. Es ist dann auch kein Zufall, dass der Mord an der Frau entscheidend durch zwei andere Frauen aufgeklärt wird: die titelgebende Polizistin und die True-Crime-Podcasterin. Zwar gibt es auch andere Männer. Doch die sind entweder selbst verdächtig oder verhalten sich auf fragwürdige Weise. Lediglich Jason Murray darf eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung spielen.
Viel Stoff zum Rätseln
Wer deshalb befürchtet, Karen Pirie – Echo einer Mordnacht könne einer dieser Krimis sein, die vor lauter Gesinnungsanspruch den eigentlichen Fall vergessen, darf beruhigt sein. Zu rätseln gibt es mehr als genug. So werden über drei spielfilmlange Folgen – Der Fall Rosie Duff, Das große Lügen und Späte Sühne – zahlreiche Spuren entdeckt und falsche Fährten gelegt. Im Fokus liegen dabei zunächst die drei besagten ehemaligen Studenten, die sich wie diverse andere auch in Lügen verstricken. Aber es kommen noch andere Figuren hinzu, McDermid hat einen klassischen Whodunnit vorgelegt, bei dem auf eine Leiche mehrere Verdächtige kommen. Nur das mit dem Motiv bleibt länger rätselhaft, es gibt da zunächst keinen so wirklichen Grund, warum jemand die junge Bedienung habe umbringen wollen.
So richtig begeisternd ist die Auflösung dabei nicht. Zwar kommt es zu einer Wendung, die für die meisten überraschend sein dürfte. Das liegt aber auch daran, dass die Ermittlungen mehr oder weniger darüber stolpern, anstatt sich das alles zu erarbeiten. Dafür wird Karen Pirie – Echo einer Mordnacht richtig tragisch, wenn immer mehr Schicksale hineingezogen werden. Die Serie gewinnt auch an Spannung, da ein Vierteljahrhundert später wieder ein Mord geschieht und den Ermittlungen eine neue Dringlichkeit verleiht. Das Ergebnis ist solide, lebt auch von dem Zwischenspiel der beiden Hauptfiguren. Da sind immer wieder Momente dabei, die etwas Humor und Leichtigkeit in die Ermittlungen bringen. Auch das schwierige Verhältnis zur Podcasterin, die ein notwendiges Übel für die Polizei wird, trägt dazu bei, dass man hier seinen Spaß haben und auf eine weitere Staffel hoffen kann.
OT: „Karen Pirie“
Land: UK
Jahr: 2022
Regie: Gareth Bryn
Drehbuch: Emer Kenny
Vorlage: Val McDermid
Musik: Stephanie Taylor
Kamera: Ryan Kernaghan
Besetzung: Lauren Lyle, Chris Jenks, Zack Wyatt, Emer Kenny, Steve John Shepherd, Rakhee Thakrar, Ariyon Bakare, Buom Tihngang, Alec Newman, Jhon Lumsden, Michael Shaeffer, Jack Hesketh, Stuart Bowman
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