Lourdes
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Lourdes
„Lourdes“ // Deutschland-Start: 1. April 2010 (Kino) // 14. Oktober 2010 (DVD)

Inhalt / Kritik

Die an multipler Sklerose leidende Christine (Sylvie Testud) ist seit einigen Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen und kommt nicht mehr alleine zurecht, was sie zunehmend trauriger macht. Schon viele Pilgerreisen hat sie unternommen, auch wenn sie nicht wirklich an Gott und Wunder glaubt. In Lourdes hofft sie deswegen weniger auf eine Heilung, wie die vielen anderen Reiseteilnehmer, sondern vielmehr auf ein paar Tage Abwechslung und Geselligkeit. Ihre Betreuerin Maria (Léa Seydoux) bringt sie zu den einzelnen Stationen im Tagesablauf, zur Kapelle wie auch zu den Bädern, während sie zum einen mit den Sicherheitsleuten, vor allem aber Kuno (Bruno Todeschini) schöne Augen macht. In der 60-jährigen Frau Hartl (Gilette Barbier), die diese Reise schon viele Male gemacht hat, findet Christine indes eine neue Begleitung. Als sich ihr Aufenthalt dem Ende neigt und ihre Mitreisenden sich damit abfinden, am nächsten Tag wieder allein zu sein, geschieht tatsächlich ein Wunder.

Märchen, Tagtraum und Albtraum

Ihren Spielfilm Lourdes bezeichnet Regisseurin Jessica Hausner im Regiestatement als ein Märchen, eine Tagtraum und einen Albtraum. Interessiert habe sie sich für den Wunderglauben vieler Menschen, ohne dieses spezifisch in der Religion oder im Glauben zu verorten, sondern vielmehr in der Hoffnung, das eigene Schicksal könne sich von einem Moment auf den anderen noch einmal zum Guten wenden, nachdem einem etwas Schlimmes widerfahren ist. Lourdes fand international sehr viel Beachtung bei Kritik und den Zuschauern, lief bei den Filmfestspielen in Vendig 2009 und wurde auf der Viennale mit dem Wiener Filmpreis ausgezeichnet.

Es ist interessant die Entwicklung Hausners zu beobachten, von Filmen wie Lovely Rita und Hotel bis hin zu Lourdes, der ihr bislang bester Film ist. Auch wenn man es aufgrund des Handlungsortes nicht für möglich halten mag, geht es in Lourdes keinesfalls um Religion oder Glauben, genauso wenig wie um eine Kritik an der Kirche oder den genannten Aspekten. Wie schon in ihren vorherigen Arbeiten konzentriert sich Hausner auf die Menschen, die von ihnen geprägt sind, auf die ein oder andere Weise. Dabei entsteht ein sehr aufschlussreiches Panorama, in dem sich auf der einen Seite Figuren wiederfinden wie Christine, für die die Überwindung der Einsamkeit eine Motivation für die Reise nach Lourdes bildet, und jene, bei denen man sich nicht sicher ist, ob der Glaube an ein Wunder nicht mehr zu einer problematischen Obsession geworden ist. Fast schon dokumentarisch kann man die Bildsprache des Filmes und damit die Kameraarbeit Martin Gschlachts nennen, welche, wie schon beschrieben, die Figuren einfängt und ihre Konflikte, ebenso wie diesen Mikrokosmos Lourdes, der irgendwo zwischen Glauben, Kitsch und Tourismus zu verorten ist.

Glaube und Hoffen

Lourdes lässt sich Zeit, diese Figuren, ihre Dynamik untereinander und ihre Positionen zu diesem Ort zu erkunden, bevor dann etwas passiert, das man sich nicht erklären kann. Statt sich in Erklärungen zu verheddern fängt die Kamera die Reaktionen ein, die von Euphorie aufgrund der Bestätigung des Glaubens bis hin zu Neid reichen, da nun klar ist, dass es nun noch unwahrscheinlicher ist, dass man selbst geheilt wird. Sylvie Testud spielt dabei eine junge Frau, die weder auf die eine noch die andere Seite passt, die die Reise nach Rom, wie sie Kuno sagt, lieber mochte, weil diese „kultureller“ war und die sich nach einem Leben jenseits der Fremdbestimmung und der Abhängigkeit von anderen sehnt. In ihr findet der Zuschauer eine erfrischend ernüchternde Perspektive auf den Ort, den Glauben und diese Menschen, ohne diese zu verurteilen. Bei der Reaktion auf das vermeintliche Wunder hingegen zeigt sich, wie abgeklärt wir geworden sind und vielleicht auch, warum Glauben doch erstrebenswert ist, selbst wenn es nicht der an Gott ist.

Credits

OT: „Lourdes“
Land: Deutschland, Österreich, Frankreich
Jahr: 2009
Regie: Jessica Hausner
Drehbuch: Jessica Hausner
Kamera: Martin Gschlacht
Besetzung: Sylvie Testud, Léa Seydoux, Thomas Uhlir, Gilette Barbier, Gerhard Liebmann, Bruno Todeschini, Elina Löwensohn

Bilder

Trailer

Filmfeste

Venedig 2009
Toronto International Film Festival 2009
Sundance Film Festival 2010
Filmfest München 2023

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Lourdes
fazit
„Lourdes“ ist ein Drama um Glaube und Wunder. Jessica Hausner legt ihren bislang besten Film vor, der ruhig und konzentriert ein Panorama von Figuren entwirft, ihre Hoffnungen und Sehnsüchte wie auch ihre Fehler und Ausflüchte.
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