Eigentlich hatte sich der Psychiater Joe Jessen (Ulrich Noethen) entschieden kürzerzutreten, seiner fortschreitenden Parkinson-Erkrankung wegen. Sein Interesse hält sich daher in Grenzen, als Kommissar Vincent Ruiz (Juergen Maurer) ihn bittet, im Fall eines Doppelmordes mitzuarbeiten. Letztendlich sagt er dennoch zu, und sei es nur, um seine getrennt lebende Frau Nora (Petra van de Voort) und seine Tochter Lotte (Lilly Liefers) zu sehen. Die Polizistin Anna Bartholomé (Marie Leuenberger) versorgt ihn daraufhin mit den nötigen Informationen. Eine Frau und ihre Tochter wurden brutal ermordet. Doch wer könnte hinter der Tat stecken? Und gibt es einen Zusammenhang mit früheren Fällen, bei denen Frauen gewürgt wurden?
Ein Psychiater auf Mörderjagd
Wer die Menschen versteht, hat bessere Chancen, Verbrechen aufzuklären. Das zumindest war der Grundgedanke hinter der ZDF-Krimireihe Neben der Spur, die 2015 ihren Anfang nahm und 2022 mit Die andere Frau beendet wurde. In acht Folgen ermittelte dort ein Psychiater, wühlte tief in menschliche Abgründen, um auf diese Weise herauszufinden, wer der Mörder oder die Mörderin ist. Das gilt – mit gewissen Abstrichen – auch für den siebten Teil Schließe deine Augen, der 2021 mit Einschaltquoten jenseits der acht Millionen einen neuen Rekord für die Reihe aufstellte. Bei Kritikern kam der Film hingegen weniger gut an, wurde von vielen als eher schwach empfunden, gerade im Vergleich zu den vorangegangenen Teilen.
Tatsächlich ist Neben der Spur: Schließe deine Augen kein übermäßig guter Film und die hohen Zuschauerzahlen lassen sich kaum aus der Qualität ableiten. Die Probleme sind dabei maßgeblich inhaltlicher Natur. Natürlich darf das Publikum anfangs gespannt sein, wer denn hinter dem Doppelmord steckt. Als Krimi ist das Ganze dennoch eher unbefriedigend. Zum einen ist die Zahl der Menschen, die wirklich für die Tat in Frage kommen, doch sehr überschaubar. Nach dem Ausschlussverfahren bleibt kaum jemand übrig, der die Morde überhaupt begangen haben könnte. Zudem ist die Auflösung enttäuschend, da das Motiv hinter dem Verbrechen ziemlich billig ist und der Täter langweilig. Da hat sich der australische Autor Michael Robotham, auf dessen Roman Der Schlafmacher der Film basiert, nicht so wahnsinnig viel Mühe gemacht.
Ideenlos und wenig spannend
Zum Teil lässt sich das dadurch erklären, dass es hier eben nicht allein um den Fall als solchen geht. So spielt die Beziehung von Jessen zu seiner Familie eine größere Rolle. Hinzu kommt der doppelte Schicksalsschlag der Jessens: Joe leidet an Parkinson, bei Nora wurde Eierstockkrebs im Frühstadium diagnostiziert. Das trägt dann schon zu der düsteren Stimmung des Films bei, selbst wenn es mit dem Falls nichts zu tun hat. Es macht Neben der Spur: Schließe deine Augen aber nicht unbedingt spannender. Solche Hiobsbotschaften werden in diesem Genre immer gern aus dem Hut gezaubert, wenn es besonders dramatisch werden soll und einem nichts anderes einfällt. Entsprechend hat man hier dann auch das Gefühl, dass der Krimi nach dem Baukastensystem zusammengesetzt wurde.
Die Ideenlosigkeit des Films wird teilweise durch das Ensemble verdeckt. Auch atmosphärisch wird da schon ein wenig geboten, wenn wir an der Nordsee Jagd auf einen Mörder machen. Nicht ohne Grund wuchert es in der Gegend inzwischen an Krimis. Das reicht als Grund aber nicht aus, um sich Neben der Spur: Schließe deine Augen anzuschauen. Auch wenn gegen Ende das Tempo erhöht wird und man sich stärker an einem Thriller versucht, richtig spannend wird der Film nie. Es bleibt auch zu wenig davon hängen, um in der Flut an Genrebeiträgen diesen dauerhaft in Erinnerung zu behalten. Da wäre es schon schön gewesen, wenn dem Titel der Reihe entsprechend auch mal wirklich etwas neben der Spur stattfinden würde, anstatt einfach nur stoisch Dienst nach Vorschrift zu machen.
OT: „Neben der Spur: Schließe deine Augen“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Josef Rusnak
Drehbuch: Josef Rusnak
Vorlage: Michael Robotham
Musik: Christoph Zirngibel
Kamera: Ralph Kaechele
Besetzung: Ulrich Noethen, Juergen Maurer, Marie Leuenberger, Petra van de Voort, Lilly Liefers, Stephan Grossmann, Rafael Gareisen, Sebastian Zimmler, Tim Wilde, Tom Lass
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