Old Man – Der Feind ist in dir

Eigentlich hatte Joe (Marc Senter) die Natur genießen wollen, als er zu seiner Wandertour durch die Berge aufgebrochen ist. Da er sich in der Gegend aber kaum auskennt, dauert es nicht lange, bis er sich heillos verirrt. Auf der Suche nach einem Ausweg findet er zufällig eine abgelegene Hütte mitten im Wald, bei der er Rauch sieht, der aus dem Kamin kommt. Tatsächlich öffnet ihm ein alter Mann (Stephen Lang) die Tür. Die Freude über die Ankunft des Fremden hält sich jedoch sehr in Grenzen, geradezu feindselig ist der Einsiedler, traut Joe einfach nicht über den Weg. Dennoch lässt er ihn herein, nicht aber, ohne ihn mit zahlreichen Fragen zu löchern. Während die beiden Männer sich unterhalten, kommt das Gespräch auch auf ihre jeweiligen Lebensgeschichten – und die Geheimnisse, welche beide mit sich herumtragen …

Die Gefahr der Waldhütte

So eine abgelegene Waldhütte ist eigentlich ganz charmant. Man hat dort seine Ruhe, kann abschalten, mal ganz bei sich sein. Von der Natur ganz zu schweigen, welche eine Wohltat für die Seele sein kann. In Filmen sieht es etwas anders aus. Dort wird dieses Setting vor allem für Horrorfilme und Thriller genutzt, um die Protagonisten und Protagonistinnen mit den unterschiedlichsten Bedrohungen zu konfrontieren. Das können Dämonen oder andere übernatürliche Monster sein. Manche Gefahren sind von einer stärker irdischen Natur, der Mensch ist zuweilen das größte Monster. So auch bei Old Man – Der Feind ist in dir. Der Film beginnt zwar mit einer reinen Zufallsbegegnung. Schon bald ist aber klar, dass da etwas nicht stimmt und da irgendetwas Böses vor sich geht.

Die Frage ist nur was. Dass der alte Mann kein harmloser Einsiedler ist, das steht von Anfang an fest. Ebenso, dass er offensichtlich nicht ganz richtig im Kopf ist und einiges an Gewaltpotenzial mitbringt. Interessant ist in der Hinsicht jedoch, dass dieser dem Fremden so misstraut und in ihm einen potenziellen Killer sieht. Das Publikum darf sich daher wundern, welcher von den beiden nun der gefährliche ist. Tappt der Wanderer in eine tödliche Falle oder hat der Alte das Böse in seine Hütte gelassen? Bei Old Man – Der Feind ist in dir sind die zwei Figuren zunächst zwar überdeutlich gezeichnet. Der Film spielt aber mit genügend Unsicherheiten, um die Zuschauer und Zuschauerinnen auf die Folter zu spannen. Und tatsächlich wird – wenig überraschend – manches anders sein als zunächst gedacht, unterwegs wartet die eine oder andere Wendung.

Ein langes Spiel auf Zeit

Dennoch sollte man davon nicht viel erwarten. Zum einen ist nicht jede vermeintliche Überraschung am Ende auch eine. Die Geschichte ist nicht so originell, wie es vielleicht gedacht war. Zum anderen dauert es auch ewig, bis das Ganze mal in die Gänge kommt. Es geschieht einfach zu wenig, um damit die mehr als anderthalb Stunden zu füllen. Klar, nicht jeder Horrorthriller muss Non-Stop-Action bieten. Ein bisschen Kammerspiel-Nervenkrieg kann ebenso reizvoll sein. Aber in solchen Fällen müssen die Dialoge für Spannung sorgen. Bei Old Man – Der Feind ist in dir sind diese aber wenig packend ausgefallen. Da werden irgendwelche Allgemeinplätze aneinandergereiht, manchmal wird es sogar richtig dämlich. Drehbuchautor Joel Veach, der hiermit sein Spielfilmdebüt gibt, neigt zudem zu Wiederholungen. Obwohl der Film nicht lang ist, tritt er ewig auf der Stelle.

Dabei hat der genreerfahrene Regisseur Lucky McKee (Blood Money – Lauf um dein Leben, The Woman) einiges dafür getan, um diese inhaltlichen Mängel auszugleichen. Es gelingt ihm doch ganz gut, aus diesem begrenzten Setting einiges herauszuholen. Hauptdarsteller Stephen Lang, der zuvor schon in Don’t Breathe bewiesen hat, dass man ihn zu Hause besser nicht stören sollte, gefällt dann auch als Einsiedler, der zwischen Paranoia, Verwirrung und Sadismus wechselt. In Kombination reicht das aus, um sich mit dem Film die Zeit zu vertrieben. Über Durchschnitt kommt Old Man – Der Feind ist in dir aber kaum hinaus, das hörte sich angesichts der beteiligten Personen vielversprechender an.