Lange hat sich Catherine (Marina Foïs) um ihren schwerkranken Vater gekümmert. Als dieser doch noch stirbt, reist sie erst einmal nach Brasilien zu ihrer Schwester Aude (Anna Mouglalis), die dort mit ihrem Mann in einem luxuriösen Hochhaus lebt. Auf andere Gedanken kommen, die letzten Monate vergessen, wieder Kraft sammeln – weitere Ziele hat die Französin nicht. Doch dann begegnet sie eines Tages dem deutlich jüngeren Gilberto (Maicon Rodrigues), von anderen Gil genannt. Zwar können sich die zwei aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse kaum verständigen. Dennoch fühlen sie sich rasch zueinander hingezogen und beginnen, immer mehr Zeit miteinander zu verbringen. Doch diese Affäre steht unter keinem guten Stern. Weder Aude noch die anderen heißen eine Beziehung der beiden ungleichen Menschen gut …
Ein Drama der Sprachlosigkeit
In den letzten Jahren war Marina Foïs in den unterschiedlichsten Rollen zu sehen. So beschützte sie als in Year of the Shark die Bevölkerung eines kleines französischen Küstenstädtchens vor Haien. In Die Gewerkschafterin spielte sie die mächtige Chefin eines Atomkonzerns. En roue libre wiederum zeigte sie von einer verletzlichen Seite: In dem Roadmovie verkörperte sie eine Frau, die eines Tages eine spontane Angststörung entwickelt und nicht mehr aus ihrem Auto aussteigen kann. Mangelnde Wandelbarkeit kann man der französischen Schauspielerin daher kaum vorwerfen. Und doch irritiert sie in Salamandra. Das liegt zum einen daran, dass die Darstellerin jenseits der 50 hier als 40 verkauft werden soll, was hinten und vorne nicht funktioniert. Aber auch die Figur sorgt für Irritationen, wenn man oft nicht ganz versteht, was in ihr vorgeht.
Zum Teil ist das natürlich auch der Situation geschuldet. Wenn eine Französin und ein Brasilianer, die beide die Sprache der jeweils anderen Person nicht sprechen, eine Beziehung beginnen, bleibt notgedrungen einiges an der Oberfläche. Da wird mit Händen und Füßen kommuniziert – oder eben gar nicht. Für das Publikum bedeutet dies, dass man nicht unbedingt immer nachvollziehen kann, was da genau in ihnen vor sich geht. Dann und wann findet Salamandra schon Wege etwas mitzuteilen. Insgesamt ist das Drama aber von einer Sprachlosigkeit geprägt, wenn vieles nicht in Worte gepackt werden kann oder soll. Das betrifft nicht nur die Beziehung, sondern auch das Drumherum. Der Rassismus gegenüber dem dunkelhäutigen jungen Mann wird beispielsweise nur indirekt angesprochen, etwa wenn dieser aus dem Pool des Wohnkomplexes vertrieben wird.
Zwischen Irritation und Standard
Es ist also nicht so, dass die Adaption eines Romans von Jean-Christophe Rufin nichts zu sagen hätte. An manchen Stellen erinnert der Film beispielsweise an Sundown – Geheimnisse in Acapulco. Auch dort ging es um einen weißen Menschen mittleren Alters, der in einem lateinamerikanischen Land Urlaub macht und konsequent die Realität ausblendet, bis er von dieser eingeholt wird. Ausbeutung und Klassenunterschiede finden in beiden Filmen statt. Dass die Geschichte mit Catherine und Gil nicht gut ausgehen wird, dürfte niemanden überraschen. So wie einen vieles bei Salamandra nicht überrascht. Das Drama, das 2021 in der Woche der internationalen Kritik in Venedig Premiere feierte, klappert eine Reihe zu erwartender Stationen und Themen ab. Nur selten passiert tatsächlich etwas Unerwartetes, etwa wenn am Ende Geld beschafft werden muss.
Ansonsten irritiert Regisseur und Co-Autor Alex Carvalho weniger durch das, was er erzählt, als vielmehr das, was er nicht erzählt. Immer wieder kommt es zu eigenartigen Auslassungen, werden Zwischenschritte übersprungen. Diese eigenartige episodenartige Erzählweise trägt ebenfalls dazu bei, dass man nie so ganz Zugang zu den beiden Figuren und ihren Geschichten findet. Knapp zwei Stunden dauert Salamandra. Und auch wenn in dieser Zeit ganz viel geschehen ist, bleibt am Ende das Gefühl, dass man nicht wirklich viel erfahren hat. Da gab es zwar ganz viel Sex zwischen den beiden Hauptfiguren, welcher sie in verschiedensten Stellungen zeigt. Wirklich nähergekommen ist man ihnen dabei aber nicht.
OT: „La Salamandre“
Land: Brasilien, Frankreich, Belgien, Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Alex Carvalho
Drehbuch: Alex Carvalho, Alix Delaporte, Thomas Bidegain
Vorlage: Jean-Christophe Rufin
Kamera: Josée Deshaies
Besetzung: Marina Foïs, Maicon Rodrigues, Anna Mogulalis, Bruno Garcia, Allan Souza Lima, Thardelly Lima, Buda Lira, Suzy Lopes
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