Unbekannt: Die vergessene Pyramide

Zuweilen hat man bei Netflix ja das Gefühl, dass die Dokumentationssparte fast ausschließlich aus True Crime und irgendwelchen Reality-TV-Shows besteht. Dann und wann gibt es aber tatsächlich auch andere Themen, gibt es Titel, die uns einen etwas anderen Blick auf diese Welt geben. Kürzlich ging es bei Dr. Hwang Woo-suk, König der Klone um das Thema Klonen, Tour de France: Im Hauptfeld befasste sich mit dem berühmten Radsportrennen, Arbeit: Was wir den ganzen Tag machen erzählte von der Arbeitssituation in den USA. Wer sich mehr für Dokus interessiert, die sich einer tatsächlichen Wissensvermittlung verschrieben haben, für den startet der Streamingdienst eine neue Reihe namens Unbekannt. In vier Filmen, jeweils im wöchentlichen Abstand am Montag veröffentlicht, nimmt man sich der unterschiedlichsten Themen an.

Auf der Suche nach verborgenen Schätzen

Zum Auftakt geht es in Die vergessene Pyramide nach Ägypten, wo wir tief in die Geschichte des nordafrikanischen Landes eintauchen. Das Thema geht immer, gerade fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen werden ständig Dokus dazu produziert. Aber auch Netflix hat damit gute Erfahrungen gesammelt, kürzlich war zumindest Queen Cleopatra in allen Nachrichten – wenn auch aus wenig erfreulichen Gründen. Im Gegensatz zum umstrittenen Königinnenporträt gibt es hier keine nachgestellten Szenen. Überhaupt wurde auf Glamour oder alles, was irgendwie unter den Bereich Unterhaltung fällt, weggelassen. Stattdessen folgen wir zwei Männern, die mit ihren Teams bislang verborgene Schätze suchen und sich bei ihren Expeditionen begleiten lassen.

Mit Indiana Jones und das Rad des Schicksals bzw. den Vorgängern hat diese Archäologie dann auch wenig gemeinsam. Statt großer Abenteuer gibt es hier nüchterne Wissenschaft. Da wird mühselig im Sand gebuddelt, da geht es darum, wie es ist, in der Sonne zu arbeiten. Und auch Theorien werden mit dem Publikum geteilt. Unbekannt: Die vergessene Pyramide richtet sich also an Zuschauer und Zuschauerinnen, die ein ernsthaftes Interesse an der Materie haben, anstatt Aufregung zu suchen. Das ist grundsätzlich ganz angenehm und im Fall von Netflix-Produktionen auch eher selten. Man erfährt hier, warum Menschen diesem Beruf nachgehen und was dieser bedeutet. Hinzu kommt der Faktor, dass Ägypten selbst die Vergangenheit erforschen möchte, anstatt dies weiterhin westlichen Ländern zu überlassen.

Nüchterne Archäologie

Spektakuläre Entdeckungen sollte man dabei jedoch nicht erwarten. Das höchste der Gefühle ist, wie eine Papyrusrolle in einem Grab entdeckt wird. Auch wenn der Titel und die offizielle Beschreibung dies erwarten lassen, wird bei Unbekannt: Die vergessene Pyramide keine Pyramide entdeckt und damit live Geschichte geschrieben. Klar, das kann man auch nicht ernsthaft einfordern. Solche Entdeckungen hätte man sicherlich anderweitig bereits mitbekommen. Nur fehlt dann doch irgendwie der Clou. Fehlt das Gefühl, hier wirklich etwas Neues geboten zu bekommen. Dass die beiden Protagonisten Dr. Zahi Hawass und Dr. Mostafa Waziri große Pläne haben, ist unbestritten. Von Plänen zu erfahren, nicht aber, wie diese am Ende auch wahr werden, ist jedoch etwas eigenartig.

Ganz uninteressant ist die Doku deshalb nicht. So gibt es einige sehenswerte Aufnahmen sowohl ober wie unter der Erde, dazu den besagten Einblick, was Archäologie eigentlich bedeutet. Aber man erfährt doch relativ wenig über das Land und die Geschichte, so als wäre das alles Nebensache. Streckenweise hat man sogar den Eindruck, dass Unbekannt: Die vergessene Pyramide in erster Linie als Eigenwerbung dient. Das ist schon enttäuschend. Da werden die kommenden Titel Killerroboter, Die Knochenhöhle und Die Komische Zeitmaschine hoffentlich mehr zu bieten haben.