Beruflich hat es Millie (Danielle Macdonald) als Fondsmanagerin weit gebracht. Und auch privat läuft es sehr gut bei ihr, seit einiger Zeit schon ist sie glücklich mit Charlie (Shazad Latif) liiert. Und doch nagt es an ihr, ein bislang unerfüllter Traum lässt sie nicht los: Sie wollte immer auf der Bühne stehen und in den großen Opern singen. Als sich ihr die Chance auf eine Beförderung bietet, lehnt sie zum Entsetzen aller ab und kündigt stattdessen. Dass ihre Chancen mit Ende 20 und völlig ohne Erfahrungen bescheiden sind, hält sie ebenso wenig ab wie die Überredungsversuche von Charlie. Und so packt sie ihre Sachen, um bei der inzwischen zurückgezogen lebenden früheren Sängerin Meghan Geoffrey-Bishop (Joanna Lumley) Unterricht zu nehmen. Die ist mehr als skeptisch und um keine Beleidigung verlegen. Das bekommt auch Max (Hugh Skinner) zu spüren, der parallel bei ihr Unterricht nimmt und wie Millie auf eine Teilnahme an dem Talentwettbewerb „Singer of Renown“ hat …
Die Suche nach der Selbstverwirklichung
In den letzten Jahren gab es nicht eben wenige Filme über Menschen, die noch einmal ihr Leben überdenken und etwas ganz Neues ausprobieren. Beliebt war das vor allem bei Figuren im fortgeschrittenen Alter, Britt-Marie war hier oder Happy Ending – 70 ist das neue 70 fallen einem da beispielsweise ein. Aber im Grunde bietet sich so ziemlich jedes Alter an, einmal innezuhalten und das Leben auf den Prüfstein zu stellen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Verrückt nach Figaro, bei dem eine Endzwanzigerin alle Sicherheiten in den Wind schießt und ihrem Herzen folgt. Dieser Gegensatz aus Selbstverwirklichung und Sicherheit ist einer, mit dem sich die meisten irgendwann einmal auseinandersetzen müssen. Entsprechend viel Identifikationsfläche wird geboten, auch wenn der inhaltliche Spagat aus Finanzwelt und Oper natürlich gigantisch ist.
Vor allem am Anfang spielt der Film dann auch sehr mit solchen Gegensätzen. Da trifft Kunst auf Kommerz, eine Großstädterin auf ein kleines Kaff. Und dann ist da natürlich noch der Konflikt zwischen Millie und Max, die beide denselben Traum haben. Aus diesem Grund ist das schwierige Verhältnis bei ihnen auch nachzuvollziehen. Wo viele Liebeskomödien völlig unglaubwürdig Hindernisse aufbauen, über die das designierte Paar später hinwegspringen darf, da gibt es hier gute Gründe. Für Max, der in der Oper den einzigen Weg sieht, aus seinem perspektivlosen Dorfleben herauszukommen, ist Millie eine Konkurrentin. Dass sich diese einfach so ihren Weg erkaufen will, in kürzester Zeit, da darf man schon einmal sauer sein. Wobei Verrückt nach Figaro ohnehin nur bedingt eine Liebeskomödie ist. Die romantische Annäherung der beiden ist nur ein Faktor unter mehreren.
Charmante und sympathische Komödie
Dabei spielt das Zwischenmenschliche schon eine Rolle. Da geht es nicht nur um die beiden Hauptfiguren, sondern auch die vielen, die Teil des Geschehens sind. An den Stellen setzt Regisseur und Co-Autor Ben Lewin (Please Stand By) auf viel Humor. So wird der Pub, in dem Millie übernachtet und in dem Max als Koch arbeitet, zum Treffpunkt der Dorfbevölkerung. Die ist schon ein wenig schrulliger, zugleich aber herzensgut. Eine der schönsten Szenen ist, wenn die versammelte Truppe live den Wettbewerb aus der Ferne folgt und ihren Jungen anfeuert. Dominiert wird das Geschehen in Verrückt nach Figaro aber natürlich in erster Linie durch Joanna Lumley (Absolutely Fabulous), die mit staubtrockenem Humor immer wieder die Lacher auf ihrer Seite hat. Wenn sie die beiden Schützlinge auflaufen lässt und irgendwelche Beleidigungen durch die Gegend schleudert, weiß man nicht, ob bei einem selbst Mitleid für die Opfer oder Spaß überwiegt.
Da macht es dann auch nichts aus, wenn der Film nicht wirklich originell ist. Den groben Ablauf wird man von Anfang an erahnen können bis hin zum obligatorischen Opern-Battle. Selbst bei den Witzen ist nur selten etwas dabei, das einen tatsächlich überrascht. Ist erst einmal der kuriose Gegensatz etabliert, läuft das alles wie von selbst. Aber das Ensemble füllt das alles mit so viel Leben aus, dass man bis zum Schluss an dessen Lippen klebt. Danielle Macdonald überzeugt nach dem Coming-of-Age-Drama Patti Cake$ – Queen of Rap erneut in einer musikalischen Rolle, auch Hugh Skinner (The Invitation – Bis dass der Tod uns scheidet) wurde gut für die Rolle des sensiblen Eigenbrötlers gewählt. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass Verrückt nach Figaro eine gleichermaßen charmante wie sympathische Komödie ist, nach der einem praktisch alles möglich scheint – selbst eine Karriere an der Oper.
OT: „Falling for Figaro“
Land: Australien, UK
Jahr: 2020
Regie: Ben Lewin
Drehbuch: Ben Lewin, Allen Palmer
Musik: Cezary Skubiszewski
Kamera: Nic Lawson
Besetzung: Danielle Macdonald, Hugh Skinner, Joanna Lumley, Gary Lewis, Shazad Latif, Rebecca Benson
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