Eigentlich war der Anlass schön für die Leute, als sie sich zur großen Feier treffen. Denn wie oft heiratet man schon im Leben, vier, fünf Mal? Bei Edgar Minnows hat es nicht einmal für eine gereicht, da er zur Beginn der zweiten Staffel von The Afterparty ermordet wird. Aber von wem? Und aus welchem Grund? Wir haben uns anlässlich des Starts der Krimikomödie am 12. Juli 2023 auf Apple TV+ mit Zach Woods unterhalten, der die Rolle des toten Fast-Bräutigams spielt. Im Interview sprechen wir über existenzielle Mordabsichten, Traumgenres und das Geheimnis guter Krimis.
Warum wolltest du bei der zweiten Staffel von The Afterparty dabei sein? Was hat dich an der Serie gereizt?
Ich kenne Anthony King, Phil Lord und Christopher Miller, die als Produzenten an der Serie gearbeitet haben, und mag ihre Arbeit sehr gern. Außerdem finde ich, dass es im Fernsehen noch nicht genügend Morde gibt. Deswegen war es an der Zeit, dass wir endlich einmal eine Serie zeigen, die auch wirklich dieses Thema angeht. Mir ist es sehr wichtig, dass Morde im Fernsehen entsprechend repräsentiert werden.
Und eine Repräsentation der Opfer schätze ich mal, da du eines spielst.
Die gehören dazu, klar. Aber sie sind nur ein Teil einer Mordgeschichte. Du brauchst schließlich auch jemanden, der diese Morde begeht. Deswegen war für uns klar: Wir müssen das wirklich von allen Seiten aus beleuchten, wenn wir dem Thema gerecht werden wollen.
Dann kommen wir aber doch auf deine Figur zu sprechen. Wen spielst du in The Afterparty?
Ich spiele Edgar Minnows, der Erbe eines großen Familienvermögens. Edgar liebt seine Echse Roxanna. Und er liebt Grace Zhu, die er heiraten will, dummerweise aber vorher ermordet wird. Danach ist er tot, eine häufige Begleiterscheinung eines Mordes.
Und wie war es für dich, einen Toten zu spielen?
Ich bin ja eigentlich ein Method Actor und finde es sehr wichtig, mich genau auf meine Rolle vorzubereiten. Deswegen wollte ich mich eigentlich als Vorbereitung auf die Rolle ermorden lassen. Aber man hat mir das ausgeredet, weil die Produktion der Serie darunter leiden könnte. Ansonsten hat es viel Spaß gemacht, Edgar zu spielen. Einer der Vorteile von solchen Rollen ist, dass du nicht viel tun musst. Es gibt ganz viele Szenen, in denen ich einfach nur im Bett liege, weswegen ich immer mal wieder eingeschlafen bin. Das war schon etwas komisch, wenn du dann aufwachst und dreißig Leute um dich herumstehen. Hinzu kommt, dass ich oft im Schlaf spreche und deswegen immer etwas Angst davor hatte, dass ich beim Dreh etwas Schlimmes sagen könnte und die anderen alle so tun, als wäre nichts gewesen.
Außerdem wäre es vermutlich etwas eigenartig gewesen, wenn die Leiche auf einmal anfängt zu sprechen.
Das stimmt, die Menschen mögen es nicht, wenn die Toten sprechen. Wenn du dir die Geschichte der Menschheit anschaust, kam das nie gut an. Wir haben eine ganz lange Tradition von stillen Leichen und die Leute mögen das nicht, wenn Traditionen nicht respektiert werden.
Die Leute mögen außerdem offensichtlich deine Figur nicht, sonst wärst du ja nicht tot. Im Laufe der Staffel erfahren wir von den unterschiedlichsten Gründen, warum man dich tot sehen wollte. Kannst du diese Motive nachvollziehen?
Oh, ja, absolut! Edgar ist teilweise schon schwer zu ertragen. Und manchmal ist die einfachste Methode, eine unzumutbare Situation zu beenden, die, in der du den Störfaktor einfach beseitigst. Bislang habe ich Mord nicht als Strategie in meinem eigenen Leben verfolgt. Aber ich kann nachempfinden, wenn einige der Figuren diese Strategie der Problemlösung wählen.
Und würdest du Edgar töten, wenn du nicht er wärst?
Überlass es den Deutschen, aus allem eine existenzielle Frage zu machen. Würdest du dich selbst töten, wenn du nicht du wärst. Das hast du doch wahrscheinlich direkt von Nietzsche übernommen. Um ehrlich zu sein: keine Ahnung. Vielleicht würde mein „Über-Ich“ mein „es“ töten oder mein „es“ mein „Über-Ich“. Grundsätzlich versuche ich mein Leben ja so zu gestalten, dass ich nicht andere Menschen töte. Also würde ich es eher nicht tun. Außerdem wäre ich wahrscheinlich fürs Gefängnis nicht gemacht. Deswegen würde ich Edgar ganz heroisch leben lassen, wenn ich nicht er wäre.
Und ganz selbstlos.
Auch das, ja.
Kommen wir zu einem ganz anderen Thema. The Afterparty unterscheidet sich von anderen Krimiserien dadurch, dass jede Episode ein anderes Genre ist. Wenn du auf die Staffel zurückblickst, was war deine Lieblingsfolge?
Ich mochte die Jane-Austen-Kostümdrama-Folge gern, weil meine Mutter von „Stolz und Vorurteil“ besessen war, als ich ein Kind war. Sie las das Buch jedes Jahr oder schaute sich die Serienadaption an, auch weil sie Colin Firth so angehimmelt hat. Es gab zwei Männer, für die sie sehr geschwärmt hat. Der eine war Firth in „Stolz und Vorurteil“, der andere Billy Crudup in Almost Famous – was eine ziemlich große Bandbreite an Typen abdeckt. Deswegen hat es schon Spaß gemacht, einen Traum meiner Mutter auszuleben.
Und wenn du dir ein Genre aussuchen könntest, in dem du leben würdest, welches wäre das?
Wenn ich ein Genre wählen müsste, um darin zu leben … was für eine interessante Frage. Vielleicht einen dieser bittersüßen Filme aus den 1970ern wie Kramer gegen Kramer oder Eine ganz normale Familie. Die Filme, in denen es schon traurig zugehen kann, die einem aber auch zeigen, wie schön das Leben ist. Wobei, jetzt wo ich darüber nachdenke. In „Eine ganz normale Familie“ bringt sich jemand um und in Kramer gegen Kramer gibt es diesen hässliche Sorgerechtsstreit. Vielleicht sollte ich da also lieber noch einmal länger drüber nachdenken.
Das ist schon ein ziemlicher Kontrast zu dem, was du selbst drehst. Man kennt dich eigentlich vor allem aus Komödien.
Das stimmt. Ich würde aber nie in einer Komödie leben wollen. Das wäre mir zu anstrengend. Ich würde wahrscheinlich irgendwann zu den Leuten sagen: Hört auf, so durchgeknallt zu sein!
Und warum trittst du dann in Komödien auf?
Oh, zum Spielen sind sie toll und machen jede Menge Spaß! Aber wenn in meinem wahren Leben die ganze Zeit gelacht würde, wäre das ein absoluter Alptraum. Mir hat mal jemand gesagt, dass die Männer, die für Seinfeld diese Maschinen bedient haben, bei denen auf Knopfdruck gelacht wird, es andauernd völlig übertrieben haben. Da wurden dann Lacher an Stellen eingebaut, die eigentlich nicht sonderlich komisch waren. Wenn man sie darauf angesprochen hat und gebeten hat, das ein bisschen herunterzufahren, wurden sie sauer und sagten: „Warum, ich dachte wir machen hier eine Komödie!“ Offensichtlich waren sie keine besonders fröhlichen Menschen. Mir fällt gerade auf, dass meine Antwort gar nicht wirklich mit deiner Frage zu tun hatte.
Egal, ich mag sie trotzdem. Was bringt dich selbst denn zum Lachen, wenn es schon nicht diese Maschinen sind?
Versprecher in Nachrichtensendungen. Ich könnte mir ewig solche Zusammenstellungen von Versprechern anschauen, wenn Leute, die auf ganz seriös machen, auf einmal losprusten müssen. Aber ich mag auch diese Streiche, die man anderen spielt, um sie aufzuwecken. Klar sind die fies und ich würde sie selbst nie gutheißen. Aber Gott, was habe ich meinen Spaß damit.
Und könntest du dir vorstellen, in einem ernsten Krimi mitzuspielen anstatt einer Krimikomödie wie The Afterparty?
Oh, absolut. Ich würde es lieben, einmal einen Psychopathen zu spielen. So einen richtig hinterhältigen Killer. Hast du so jemanden schon mal getroffen?
Ich glaube nicht, dass da je ein Killer darunter war. Aber Leute mit psychopathischen Zügen waren schon dabei …
Genau. Wir treffen immer mal wieder jemanden, wo wir denken: Dieser Mensch hat kein Mitgefühl.
Und ganz allgemein, was ist das Geheimnis eines guten Murder Mystery Krimis.
Ich habe da sehr lange über das Thema nachgedacht und bin tatsächlich zu einem Schluss gekommen. Ein ganz wichtiger Bestandteil von Murder Mystery, und du wirst nicht glauben, wie oft Leute das vergessen, ist ein Mord. Ein Murder Mystery ohne Mord, das klappt nicht wirklich. Der zweite wichtige Bestandteil von Murder Mystery ist, dass da auch Mystery sein muss. Wenn du also einen Mord hast und Mystery, dann hast du das wichtigste für Murder Mystery schon zusammen.
Danke dir für die tiefgründigen Einblicke und ich wünsche dir noch weitere schöne Interviews, dann möglichst ohne diese typisch deutschen existenziellen Fragen.
Oh, ich liebe die! Ich hatte gehofft, dass wir uns vielleicht noch ein wenig über die Nato-Remilitarisierung unterhalten könnten. Aber das holen wir dann beim nächsten Mal nach.
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