10 Tage eines schlechten Mannes

Über mangelnde Beschäftigung kann sich Sadik Demir (Nejat İşler) nicht beklagen. So muss er nicht nur einen Mann namens Ferhat Gonen auftreiben, um seine Schuld bei einem skrupellosen Gangsterboss zu begleichen. Gleichzeitig erhält er von seiner neuen Klientin Buket Koseoglu (Hazal Filiz Kucukkose) den Auftrag, den Mörder ihres Onkels zu finden. Einfach sind die beiden Fälle nicht. So muss er tief im Dreck herumwühlen, um mehr über die Menschen herauszufinden und macht dabei die eine oder andere überraschende Entdeckung, während er versucht, sein eigenes Leben wieder auf die richtige Bahn zu bringen …

Aus dem Leben eines Detektivs

Ein knappes halbes Jahr ist es her, dass Netflix mit 10 Tage eines guten Mannes an den Start ging. Dabei handelte es sich zwar prinzipiell schon um einen klassischen Krimi, bei dem die Hauptfigur – hier ein Privatdetektiv – ein Verbrechen lösen muss. Der Fall rückte dabei aber zuweilen in den Hintergrund, wenn sich die Geschichte mehr mit dem Protagonisten befasste sowie den Auswirkungen, die seine Arbeit auf ihn als Menschen haben. Zugrunde lag dem Film dabei der erste Band einer Romantrilogie von Mehmet Eroglu, der darin die Entwicklung seiner Figur festhielt. Wer wissen will, wir es mit dem Detektiv weitergeht, bekommt jetzt auch filmischen Nachschub in Form von 10 Tage eines schlechten Mannes.

Der Titel ist dem des ersten Teils natürlich sehr ähnlich, markiert dabei aber die veränderte Ausrichtung. Sadik ist bereits von seinem Beruf und seinem Leben im Allgemeinen gezeichnet, Zynismus hat sich in ihm breitgemacht. An einer Stelle gibt er beispielsweise seine Verachtung für klassische Krimis von Agatha Christie und Arthur Conan Doyle zum Ausdruck, die ihm zu weit weg von den Menschen sind. Die Welt des Detektivs ist die der Straße und der persönlichen Abgründe, anstatt in schicken Landhäusern Rätsel zu lösen. Wobei es Letztere in 10 Tage eines schlechten Mannes natürlich schon gibt. Tatsächlich sind die zwei Fälle schon recht knifflig, da genretypisch vieles nicht so ist, wie es anfangs erscheint. Die Leute haben alle ihre Geheimnisse, manche lügen auch einfach.

Atmosphärisches Dickicht

Sich in diesem Dickicht zurechtzufinden, ist nicht einfach, weder für den Protagonisten noch die Zuschauer und Zuschauerinnen daheim vor den Bildschirmen. Zumal es hier eben auch zwei Fälle gibt, was für Verwirrung sorgen kann. Wer nicht aufpasst, kommt da schon mal schnell durcheinander und weiß nicht mehr, wer da wohin gehört. An die Glaubwürdigkeit sollte man dabei nicht zu hohe Erwartungen haben. 10 Tage eines schlechten Mannes baut gegen Ende hin ein paar Wendungen ein, bei denen man das Gefühl hat, sie gehörten eigentlich zu einer Seifenoper oder wären vielleicht als Parodie gedacht. Überzogen genug ist das Ganze, etwa wenn sich der kriselnde in die Jahre gekommene Detektiv mit einer Femme Fatale beschäftigt. Und doch wurde der Hang zum Skurrilen zurückgefahren, man will hier mehr mit den Abgründen spielen.

Das ist eher atmosphärisch als wirklich spannend. Auf Action sollte man ohnehin nicht hoffen, dafür ist Sadik nicht der Richtige. Prinzipiell wäre Hauptdarsteller Nejat Isler mit Anfang 50 zwar durchaus noch dazu in der Lage. Es würde aber nicht zu dem Porträt des müden Detektivs passen, wenn der türkische Schauspieler sich plötzlich wie Liam Neeson aufführen würde. Wem der erste Teil gefallen hat, schaut bei 10 Tage eines schlechten Mannes rein und kann so mitansehen, wie sich der Protagonist auf eine Weise entwickelt, bei der man nicht sagen kann, ob das jetzt ein Fortschritt oder ein Abstieg ist. Der Rätselanteil ist dieses Mal höher, was Krimifans freuen wird. Besser geworden ist der Film dadurch aber nicht, sondern siedelt sich erneut irgendwo im soliden Mittelfeld an.