John Sheridan ist seit etwa einem Jahr der Präsident der neu gegründeten Interstellaren Allianz. Bislang hat er sein Amt von der Raumstation Babylon 5 aus ausgeführt, die er zuvor als Captain geleitet hatte. Doch nun steht der Umzug nach Minbar an, eine der Mitgliedswelten der Allianz und die Heimat von Sheridans Frau, der früheren Minbari-Botschafterin Delenn. Zwar hat Sheridan – wie er selbst sagt – gar keine Lust darauf, Politiker zu sein und zeremonielle Aufgaben wie das Eröffnen von Einkaufszentren zu übernehmen. Dennoch findet er sich wenige Wochen später in ziemlich genau dieser Situation wieder, als er auf Minbar eine Rede zur Einweihung eines neuen Kraftwerks halten soll. Doch als dort eine neuartige Energiequelle in Betrieb genommen wird, reißen die davon ausgesendeten Tachyonen Sheridan aus der Gegenwart heraus und lassen ihn einen wilden Ritt durch die Zeit antreten. Dabei trifft er auf alte Freunde, wird in parallele Zeitstränge und alternative Realitäten geschleudert und muss versuchen, den Weg zurück nach Hause zu finden, in seine Realität und seine Gegenwart.
Überraschendes Comeback der Kultserie
Vollkommen überraschend kündigte Babylon 5-Schöpfer J. Michael Straczynski im Mai 2023 das Erscheinen eines Animationsfilms an, der eine neue Geschichte im Universum der Kultserie aus den Neunziger Jahren erzählen sollte. Drei Monate später ist der Film nun da, im nicht-englischsprachigen Raum allerdings nur eingeschränkt verfügbar. Eine deutsche Synchronisation gibt es bislang nicht, ebenso wenig eine offiziell hierzulande erschienene physische Veröffentlichung. Wer Babylon 5: The Road Home sehen will, muss entweder auf einen Blu-ray-Import zurückgreifen oder den Film bei einem Streaminganbieter kaufen (dort bekommt man immerhin deutsche Untertitel).
Als Sprecher konnte man unter anderem fast alle noch lebenden Hauptdarsteller der Serie gewinnen, allen voran natürlich Bruce Boxleitner als John Sheridan. Dieser muss hier auch den Löwenanteil der Arbeit übernehmen, ist der Film doch ganz auf seine Figur zugeschnitten. Die Charaktere, deren Darsteller und Darstellerinnen leider schon verstorben sind, wurden neu besetzt – darunter etwa Jeffrey Sinclair und Zathras, die beide von Paul Guyet gesprochen werden, oder auch Delenn, deren ursprüngliche Darstellerin Mira Furlan 2021 verstarb. Ihre Nachfolgerin Rebecca Riedy macht ihre Sache jedoch sehr gut und ahmt sogar Furlans Akzent nach. Die notwendige Neubesetzung diverser Figuren sorgt bei Kennern der Serie anfangs sicher für Irritationen, die aber schnell verflogen sein dürften.
Schöne Bilder
Auch optisch fällt einem die Eingewöhnung ins neue Medium leicht. Die Figuren sind einfach gezeichnet, doch bis auf wenige Ausnahmen ist immer sofort klar erkennbar, um welchen Charakter es sich handelt. Die Raumstation selbst sowie die diversen Raumschiffe sind hier meist sogar noch schöner anzuschauen als in der Serie, die vor knapp dreißig Jahren schon auf Computereffekte setzte, welche heute allerdings etwas altbacken wirken. In Babylon 5: The Road Home sehen dagegen etwa die furchterregenden Schiffe der „Schatten“ so detailliert aus wie nie zuvor.
Wie aber schlägt sich der Film, was seine Handlung angeht? Da geht Straczynski in seinem Drehbuch gewissermaßen auf Nummer Sicher und liefert eine Art „Best of Babylon 5“ ab. Im Lauf der 80 Minuten tauchen die meisten Hauptcharaktere der Serie auf (auch wenn es einige von ihnen für die Handlung eigentlich gar nicht gebraucht hätte) und Sheridan erlebt eine schnelle Abfolge unfreiwilliger Zeitreisen, wie er sie auch in einer beliebten Doppelfolge in der dritten Staffel durchmachen musste. Durch den Kniff, Sheridan dabei in alternative Zeitlinien bzw. Realitäten zu schicken, kann Straczynski auch auf Figuren zurückgreifen, die eigentlich schon aus der Serie herausgeschrieben worden waren. So trifft Sheridan etwa auf seinen Vorgänger an der Spitze der Raumstation, Jeffrey Sinclair, und muss diesem bei der Verteidigung der Station gegen die Schatten helfen – und das, obwohl der Krieg gegen diese uralte Spezies in Sheridans eigener Realität doch schon längst beendet ist.
Eingebettet in die Handlung des in der Zeit umhergeisternden John Sheridan springt die Handlung rasant von einem Schauplatz zum anderen. Nicht alle Szenen sind dabei so actionlastig wie die eben angesprochene; mitunter wird es auch philosophisch und schließlich muss Sheridan erkennen, dass ihn einmal mehr nur die Kraft der Liebe retten kann. Für Originalität gewinnt die Geschichte sicher keinen Preis und dient letztendlich wohl vor allem zwei Zwecken: Zum einen sollen Fans der Serie abgeholt werden, die sich an zahlreichen Anspielungen und eben dem Auftreten fast aller lieb gewonnenen Figuren erfreuen dürfen. Zum anderen wagt Straczynski hier aber auch einen Neuanfang und macht – so viel sei verraten – ein ganz neues Babylon 5-Universum auf, in dem dann auch mögliche Fortsetzungen von The Road Home spielen sollen. Diese Kombination aus Rückblick und Neuanfang ist durchaus gelungen, sodass man nur hoffen kann, dass der erste Babylon 5-Animationsfilm nicht auch der letzte sein wird.
OT: „Babylon 5: The Road Home“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Matt Peters
Drehbuch: J. Michael Straczynski
Musik: Michael McCuistion, Lolita Ritmanis, Kristopher Carter
Stimmen: Bruce Boxleitner, Paul Guyet, Claudia Christian, Andrew Morgado, Rebecca Riedy, Peter Jurasik, Bill Mumy, Tracy Scoggins, Patricia Tallman
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)