Die Kunstwelt wirkt von außen wie eine exklusive Gemeinschaft. Schaut man sich den Kunstmarkt an, gewinnt man den Eindruck, dass es mehr eine Art Glücksspiel ist, ob man es als junger, aufstrebender Künstler überhaupt zu etwas bringt, geschweige denn mit seiner Kunst Geld verdienen kann. Eben weil viele Künstler so hoch gehandelt werden und es bestimmte Kriterien zu geben scheint, die entscheiden, ob man „dazugehört“ oder nicht, ist es so gut wie unmöglich, in dieser Welt Fuß zu fassen. Diese Erkenntnis gewann auch der US-amerikanische Fotograf John Maloof, als er durch einen Kauf bei einer Versteigerung auf das Werk der bis dahin unbekannten Fotografin Vivian Maier stieß. Eigentlich hatte er Fotografien über die Geschichte Chicagos finden wollen und einige der Fotografien hatten sein Interesse geweckt, doch bei näherer Betrachtung der Fotos sah er weitaus mehr als nur Dokumente der Großstadt. Seit diesem Fund widmet er sich voll und ganz dem Werk Maiers sowie deren Etablierung innerhalb der Kunstwelt, brachte viele Bücher über sie heraus und organisierte zahlreiche Ausstellungen.
Darüber hinaus wollte Maloof auch mehr über das Leben Maiers herausfinden. Sein 2013 entstandener Dokumentarfilm Finding Vivian Maier erzählt dabei zum einen die eingangs beschriebene Geschichte des unglaublichen Fundes von Maiers Werk, doch zum anderen auch von der Suche nach dieser Künstlerin. Maloofs Film füllt damit die Lücke zwischen den Fotografien Maiers und der Person an sich, warum sie sich für bestimmte Themen, Menschen und Orte interessierte und was sie generell für ein Mensch war. Der Zuschauer bekommt dabei die Lebensgeschichte einer Frau zu hören, die ahnte, dass sie weitaus mehr als eine Hobbyfotografin war, doch die zudem für sich bleiben wollte. Finding Vivian Maier ist eine spannende Spurensuche sowie die Geschichte einer Künstlerin, die Jahre nach ihrem Tod endlich den Zuspruch für ihr Werk fand, den sie Zeit ihres Lebens suchte.
Ein gutes Auge
Zwei Mädchen spielen mitten auf einer Straße. Eine ganz in weiß gekleidete Dame geht zu einem wartenden Auto. Eine dicke ältere Frau unterhält sich, sichtlich erbost, mit einem jungen Polizisten. Ein afroamerikanischer Mann reitet auf einem Pferd durch die Straßen. Es sind nur Beispiele für Aufnahmen Maiers, die ihr Auge für den Alltag, das Bizarre, das Menschliche und die kleinen Freuden zeigen. Entstanden sind die Fotos auf ihren zahlreichen Spaziergängen durch die Stadt, meist begleitet von den Söhnen und Töchtern der Familien, für die sie als Kindermädchen viele Jahre lang arbeitete. Es ist nur ein Puzzleteil in dem Leben Maiers, dem Maloof auf seiner langwierigen und schwierigen Suche auf die Spur kommt. Zugleich ergibt sich eine interessante Verbindung des Werks zur Fotografin, ihre Sicht der Welt und auf Menschen, was eine Dokumentation wie Finding Vivian Maier unterhaltsam wie auch informativ macht.
Natürlich hat Maloof sehr viel herausgefunden, doch andererseits versucht er auch den Wunsch Maiers zu respektieren, ihr Werk für sich sprechen zu lassen. So bliebt vieles im Verborgenen über den Menschen Vivian Maier, nicht aber darüber, was sie angetrieben hat, auf die Straßen zu gehen und Fotos zu machen. Finding Vivian Maier ist die Geschichte einer Chronistin einer Stadt und deren Menschen, des Zeitgeschehens sowie sozialer Themen wie Ungleichheit, Armut und Kriminalität. Maloof gelingt es, seinen Zuschauer neugierig zu machen auf dieses Werk und diesen Blick.
OT: „Finding Vivian Maier“
Land: USA
Jahr: 2013
Regie: John Maloof, Charlie Siskel
Drehbuch: John Maloof, Charlie Siskel
Musik: J. Ralph
Kamera: John Maloof
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 2015 | Bester Dokumentarfilm | Nominiert | |
BAFTA | 2015 | Bester Dokumentarfilm | Nominiert |
Toronto International Film Festival 2013
Berlinale 2014
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