Dorfhelferin Katja Baumann (Simone Thomalla) hat mal wieder alle Hände voll zu tun. Erst stürzt Pfarrer Sonnleitner (Johannes Herrschmann), weshalb er vorläufig bei der Arbeit ausfällt. Dann streitet sie sich mit Jan Steinmann (Christoph M. Ohrt), der seinem Sohn Adrian (Kristo Ferkic) noch immer nicht von seiner Krebserkrankung erzählt hat. Nun kommt auch noch Familie Stahlgruber hinzu. So macht die Tochter Mathilda (Nele Richter) schon seit Längerem Probleme, ihre Eltern Hubert (Daniel Gawlowski) und Sonja (Sophie Rogall) sind völlig überfordert. Als Mathildas Zwillingsbruder Nicki (Arian Wegener) vom Dach springt und ins Krankenhaus muss, soll Katja in der Zwischenzeit nach dem Rechten sehen. Dabei lernt sie Mathilda von einer ganz anderen Seite kennen …
Kleines Dorf, große Probleme
Zwar gelten Rosamunde Pilcher, Inga Lindström und das Traumschiff als die Aushängeschilder der sonntäglichen ZDF-Programmschiene Herzkino. Doch auch Frühling hat sich einen festen Platz erkämpft. Tatsächlich handelt es sich sogar um die inzwischen produktivste der diversen Reihen, die am Sonntag laufen. So bringt es die 2011 gestartete Drama-Sammlung auf mittlerweile über 40 Filme, allein 2023 kamen sechs neue hinzu – zuletzt Lauf weg, wenn du kannst. Die 2021 gestartete zehnte Staffel stand dem nicht viel nach. Da gab es vier aufeinanderfolgende Teile, angefangen bei Mit Regenschirmen fliegen. Hinzu kam die spezielle Weihnachtsfolge Weihnachtsgrüße aus dem Himmel, die einige Monate später ausgestrahlt wurde.
Wer einen der anderen Filme gesehen hat, wird sich hier gleich heimisch fühlen. Nicht nur dass es eine Reihe wiederkehrender Figuren gibt, die Geschichten ähneln sich zudem immer sehr. Am Anfang steht immer irgendeine Familie, manchmal auch eine Einzelperson, die mit ihrem Leben völlig überfordert ist. Also schwebt die Mary Poppins aus Frühling herbei, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Dass niemand aus dem Umfeld von Katja diese Leute zuvor kennt, obwohl sie alle im selben Dorf leben, ist natürlich völlig an den Haaren herbeigezogen. Aber um Glaubwürdigkeit geht es Drehbuchautorin Natalie Scharf (Gestern waren wir noch Kinder) grundsätzlich nicht. Sie ist auch nicht am Alltag interessiert, wenn in ihrer Vision der Provinz ständig irgendetwas ganz Außergewöhnliches geschieht. Wobei sie außergewöhnlich gewöhnlich mit Tragik gleichsetzt. So auch in Frühling: Mit Regenschirmen fliegen.
Wendungsreicher Blödsinn
Tatsächlich verzettelt sie sich in ihrer Geschichte mit gleich vier dramatischen Entwicklungen. Da ist der Pfarrer, der sich verletzt. Jan muss sich mit seinem Sterben arrangieren, weiß aber nicht, wie er das seinem Sohn Adrian beibringen soll. Der wiederum steht zwischen der gelähmten Nora (Aniya Wendel) und Lilly (Julia Beautx), die er eigentlich lieber haben will, zu der er aber nicht stehen kann. Allein mit diesen ganzen Seifenoper-Strängen hätte man einen ganzen Film füllen können. Bei Frühling: Mit Regenschirmen fliegen rückt das aber regelmäßig in den Hintergrund, wenn stattdessen das Schicksal der Familie Stahlgruber beleuchtet wird. Denn auch bei denen klappt nichts mehr, die Doppelbelastung aus schwieriger Tochter und Hof ist zu viel für sie.
Das Thema eines schwer erziehbaren Kindes kann natürlich sehr spannend sein, wie das phänomenale Systemsprenger vorgemacht hat. Scharf will jedoch in eine ganz andere Richtung und versucht, aus der Erklärung für das Verhalten von Mathilda eine Wendung zu machen. Das Ergebnis ist völlig überzogen und zudem schlampig vorbereitet. So schmeißt sie willkürlich Sachen zusammen, lässt das Mädchen völlig widersprüchlich handeln und versucht das am Ende mit einer Trumpfkarte zu rechtfertigen. Das funktioniert aber nicht, trägt nur noch stärker dazu bei, dass Frühling: Mit Regenschirmen fliegen ein reines Drehbuchkonstrukt ist. Das Verhalten der Figuren ergibt vorne und hinten keinen Sinn. Zwar versucht sich die Reihe immer als besonders menschlich und bodenständig zu verkaufen, scheint Menschen aber immer nur vom Hörensagen her zu kennen.
OT: „Frühling: Mit Regenschirmen fliegen“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Thomas Kronthaler
Drehbuch: Natalie Scharf
Musik: Martin Unterberger
Kamera: Christof Oefelein
Besetzung: Simone Thomalla, Christoph M. Ohrt, Kristo Ferkic, Johannes Herrschmann, Julia Beautx, Caroline Ebner, Aniya Wendel, Nele Richter, Sophie Rogall, Daniel Gawlowski, Arian Wegener
Die sonntags auf dem ZDF ausgestrahlte Reihe Herzkino gehört zu den Dauerbrennern des Senders. Seit 1987 laufen, damals noch unter dem Titel Der große ZDF Sonntagsfilm, deutsche Dramen, die sich meistens mit Familien- und Liebesgeschichten befassen. Mehrere Hundert Titel wurden so im Laufe der letzten Jahrzehnte produziert. Unten findet ihr alle unsere bisherigen Rezensionen zu diesem Thema auf einen Blick.
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