Soraya (Neda Rahmanian) und André Faber (Matthias Koeberlin) führen ein echtes Bilderbuchleben: Sie haben ein schönes Haus mit großem Garten, verdienen richtig viel Geld, sind kultiviert. Nur eines macht ihnen Sorgen: Ihre 16-jährige Tochter Mila (Hannah Schiller) ist in der Schule plötzlich so abgesackt. Die Erklärung ist für sie schnell gefunden, ihr neuer Freund Leon (Paul Sundheim) muss daran schuld sein und einen schlechten Einfluss auf sie ausüben. Um die Geschichte wieder in Ordnung zu bringen, laden sie dessen Eltern ein, Monika (Josefine Preuss) und Viktor Popov (Maximilian Grill) und wollen mit ihnen das Problem besprechen. Dabei prallen schnell zwei Welten aufeinander, unterschiedlicher könnten die Paare nicht sein. Vor allem aber zwingen sie einander, sich mit ihren jeweiligen Baustellen auseinanderzusetzen …
Viel Streit auf engem Raum
Sie erfreuen sich immer wieder größerer Beliebtheit: Filme über Menschen, die zu einem Abendessen oder einer anderen Form des Treffens zusammenkommen und sich nach einer kurzen Zeit der Höflichkeit gegenseitig an die Gurgel gehen. Ein bekanntes Beispiel ist Der Gott des Gemetzels, wo sich zwei Paaren über einen Streit ihrer Kinder austauschen und die Situation schnell eskaliert. Aber auch in Deutschland werden solche Geschichten immer mal wieder erzählt, siehe etwa Eingeschlossene Gesellschaft oder Der Spalter. Wer noch nicht genug hat von diesen Kammerspielkomödien, bei denen schnell jeglicher Anschein von Zivilisiertheit in den Müll geworfen wird und Abgründe beleuchtet werden, lädt das ZDF zu Gäste zum Essen ein.
Wie bei dem erstgenannten Titel sind es zwei Elternpaare, die der Zufall – sprich ihre Kinder – zusammengebracht hat. Erneut handelt es sich dabei um Paare, die unterschiedlicher kaum sein könnten und nicht wirklich viel miteinander anfangen können. Da wird dann gern bei der Figurenzeichnung auch mit etwas dickeren Pinselstrichen gearbeitet. Wenn ein erfolgreiches Akademikerpärchen auf eines aus einfacheren Kreisen trifft, werde Klischees nicht nur bedient. Regisseurin und Drehbuchautorin Carolin Otterbach zelebriert diese geradezu und setzt bei Gäste zum Essen damit auf maximalen Kontrast. Originell ist das nicht, die erzählerischen Ambitionen halten sich an der Stelle in Grenzen. Aber es funktioniert auch in dieser Fassung, der Unterhaltungsfaktor ist durchaus da.
Amüsant, aber nicht wirklich besonders
Außerdem sind da ja noch die diversen Wendungen, die in solchen Geschichten gern mal eingebaut werden. Genauer tragen beide Paare eine Reihe von Geheimnissen mit sich herum, die zu den ungünstigsten Gelegenheiten ans Tageslicht kommen. Denn wie das so ist, die Dinge sind nicht immer so, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Das ist natürlich besonders bei den Fabers ein Grund zur Freude, zumindest aus Sicht des Publikums, wenn die heile Fassade zunehmend mit Dreck besudelt wird. Da zudem der Ton immer schärfer wird und man irgendwann befürchten muss, dass es nicht nur aggressiven Worten bleibt, darf man bei Gäste zum Essen neugierig sein, worauf das alles hinausläuft und was sonst noch alles auf den Tisch gepackt wird.
Was dem Eröffnungsfilm des Festivals des deutschen Films 2023 fehlt, ist ein Alleinstellungsmerkmal, das es von den besagten ähnlichen Titeln unterscheiden würde. Hinzu kommt, dass sich die gesellschaftliche Relevanz in Grenzen hält. Wo andere Komödien am Beispiel der zoffenden Paare auch immer etwas Weitergehendes ansprechen und so ein Spiegel für größere Themen werden, da bleibt Gäste zum Essen im Kleinen. Da wird dann viel gestritten und vorgeworfen, ohne dass aber je etwas dabei ist, das auch tatsächlich etwas länger bleibt. Die Ansätze etwa zum Thema Ernährung sind zu schwach, werden nicht weit genug verfolgt. Wer das alles gar nicht braucht und einfach nur anderthalb Stunden zusehen möchte, wie sich Leute gegenseitig angreifen, kann sich hier zurücklehnen und sich am ständigen Sticheln und Zündeln erheitern.
OT: „Gäste zum Essen“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Carolin Otterbach
Drehbuch: Carolin Otterbach
Musik: Ingo Ludwig Frenzel, Felix Raffel
Kamera: Heinz Wehsling
Besetzung: Neda Rahmanian, Matthias Koeberlin, Hannah Schiller, Josefine Preuss, Maximilian Grill, Paul Sundheim, Anja Antonowicz
Wer mehr zum Film erfahren möchte: Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Hauptdarstellerin Josefine Preuß zu unterhalten. Im Interview zu Gäste zum Essen sprechen wir über die Arbeit an der Komödie, kaputte Familien und die Herausforderungen der Komik.
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