Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats
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Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats

„Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats“ // Deutschland-Start: 3. August 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Seit vielen Jahren schon arbeitet Marga (Margarita Breitkreiz) als Schauspielerin. Erfahrungen hat sie jede Menge gesammelt, der Erfolg hält sich jedoch in Grenzen. Und die Aussichten, dass sich dies ändert, sind gering. Schließlich ist Marga inzwischen 42, womit ihre Chancen, eine Rolle zu bekommen, rapide sinken. Wie bei allen Frauen im mittleren Alter. Damit will sie sich aber nicht abgeben. Sie legt sich mit ihrem Zuständigen beim Arbeitsamt (Lars Rudolph) an, dessen Namen sie noch immer nicht kennt, streitet sich auch mit anderen ausgiebig. Denn ihr künstlerischer Misserfolg ist nur das Symptom eines viel größeren Problems: das Patriarchat …

Eine kriselnde Schauspielerin als Symbol

Wie soll es in Zukunft mit der Schauspielerei weitergehen? Das sind Fragen, die sich momentan sehr viele in der Branche stellen, quer durch alle Bereiche. Der Schauspielstreik in den USA, welcher den bereits seit Wochen laufenden Drehbuchstreit flankiert, legt Hollywood lahm und stellt dabei einige ganz grundsätzliche Fragen. Insofern ist es ein guter Zeitpunkt, um Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats bei uns in die Kinos zu bringen, bei dem es um die prekären Verhältnisse der Schauspielenden geht. Schließlich gibt es mehr Leute, die in diesem Beruf arbeiten wollen als reelle Chancen. Nur dass der Film die obige Diskussion gleichzeitig verengt und erweitert. Verengt, weil es hier speziell um das Schicksal von Schauspielerinnen geht. Erweitert, da – der Titel verrät es bereits – die Probleme in diesem Bereich nur stellvertretend sind für ganz grundsätzliche Probleme.

Welche das sind, wird nach und nach anhand verschiedener Situationen oder auch mittels Diskussionen aufgezeigt. Frauen bekommen bei der Arbeit weniger Chancen, schaffen es seltener in obere Positionen, werden schlechter bezahlt. Aber auch eine trotz aller Verbesserungen noch immer erschreckend häufige Sexualisierung bis hin zu sexuellen Übergriffen wird beklagt. Andere der vielen demütigenden Momente, welche die Protagonistin über sich ergehen lassen muss, haben dabei nichts mit dem Geschlecht zu tun, sondern sind eher auf Rassismus zurückzuführen. So soll Marga in einer Szene in einem übertriebenen russischen Akzent sprechen, in einer anderen wird sie noch vor dem ersten Arbeitstag aus einem Call Center herausgeworfen, da ihr kaum hörbarer Akzent bei der Kundenakquise ein Problem wäre. Und das sind nur ein paar Beispiele, das episodenhafte Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats spart nicht an kritikwürdigem Verhalten, meist auf bewusst groteske Weise überzeichnet.

Viele Diskussionen existenzieller Natur

Regisseur Sobo Swobodnik, sonst für Dokumentarfilme wie Ramba Zamba und Klassenkampf bekannt, hat gemeinsam mit Hauptdarstellerin Margarita Breitkreiz das Drehbuch geschrieben. Seine übliche Tätigkeit schimmert aber auch hier immer wieder durch, wenn Interviews mit Expertinnen rund um Feminismus geführt werden. Diese Szenen sind dann auch die eigentlichen Höhepunkte des Films, wenn eine Reihe von Themen angesprochen werden, über die es sich nachzudenken lohnt. Beispielsweise muss sich Marga vorhalten lassen, dass auch eine unterdrückte weiße Frau Privilegien hat, die ihr nicht bewusst sind. Eine andere Stelle macht klar, dass Feminismus keine einheitliche Marschrichtung ist, sondern ein Sammelbecken verschiedenster Interessen. Nicht dass es sonst an Gesprächsstoffen mangelt, Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats lässt die Protagonistin auch in anderen Situationen Diskussionen starten, die oft existenzieller Natur sind.

Das hört sich spannend an, ist am Ende aber doch ein eher gemischtes Vergnügen. So geht die Mischung aus Dokumentarischem und Fiktionalem nie auf, wenn Essay auf Komödie trifft, die einzelnen Bestandteile sich dauernd gegenseitig unterbrechen, ohne dass dadurch etwas gewonnen wäre. Um die Gedanken zu vertiefen und zu nennenswerten Ergebnissen zu kommen, hätte man diesen deutlich mehr Zeit einräumen müssen, anstatt einfach nur regelmäßig irgendwelche Brocken vor die Füße zu werfen. Die komödiantischen Aspekte sind zudem nur mäßig, teils sogar grauenvoll, stoßen eher ab, als dass sie das Publikum dazu bringen würden, sich auf die Diskussionen einzulassen. Hinzu kommt, dass die Hauptfigur so unsympathisch ist, dass der Inhalt zu sehr in den Hintergrund rückt. Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats ist damit gleichermaßen interessant wie frustrierend. Ein eigenwilliger Mix, der so viel Wichtiges auf den Tisch packt, aber nie wirklich weiß, was er damit anfangen soll, und damit zu einer unbefriedigenden Zitatsammlung verkommt.

Credits

OT: „Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Sobo Swobodnik
Drehbuch: Margarita Breitkreiz, Sobo Swobodnik
Kamera: Sobo Swobodnik
Besetzung: Margarita Breitkreiz, Daniel Zillmann, Artemis Chalkidou, Isabel Thierauch, Lars Rudolph, Alexander Scheer, Kathrin Angerer, Inga Busch

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Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats
fazit
„Geschlechterkampf – Das Ende des Patriarchats“ kombiniert echte Interviews mit Feministinnen, gespielte Diskussionen und sonstige Spielfilmszenen aus dem Leben einer Schauspielerin in der Krise. Der Film spricht dabei wahnsinnig viel Wichtiges an, schafft es aber nicht, das alles zusammenzuführen. Das wird nie so tiefsinnig, wie es die Themen verdienen würden, nervt dazu mit den verkrampften Komik-Versuchen.
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