Für Jann Mardenborough (Archie Madekwe) gibt es nichts Größeres als Gran Turismo. Jede freie Minute verbringt er mit dem Videospiel, sucht nach idealen Fahrlinien, werkelt virtuell an seinen Autos und erkundet Optimierungsmöglichkeiten. Insgeheim träumt er jedoch davon, sich eines Tages hinter das Steuer eines wirklichen Rennwagens zu setzen – sehr zum Leidwesen seines Vaters Steve (Djimon Hounsou), der lieber sähe, dass sein Sohn wie er Fußballer wird. Janns Traum scheint eines Tages in Erfüllung zu gehen, als Danny Moore (Orlando Bloom) einen gewagten Plan fasst. Der Marketing-Angestellte von Nissan will die besten Gran Turismo Spieler suchen und sie zu echten Rennfahrern weiterbilden lassen. Helfen soll ihm dabei Jack Salter (David Harbour), der früher selbst Rennfahrer war und jetzt als Mechaniker arbeitet. Der hat zunächst große Zweifel, lässt sich aber darauf ein, die Jungs und Mädchen für die Straße zu trainieren …
Zwischen Spiel und Straße
Natürlich sind Adaptionen von Videospielen keine ganz neue Erscheinung. Erste zaghafte Versuche gab es bereits in den 1980ern, in den 1990ern folgte eine größere Welle. Doch das Ergebnis war oft ernüchternd. In der letzten Zeit tummelten sich aber immer mal wieder solche Filme an der Spitze der Kinocharts. Pokémon Meisterdetektiv Pikachu, Warcraft: The Beginning, Sonic the Hedgehog und Uncharted liefen alle recht ordentlich bis gut. Und dann ist da natürlich noch Der Super Mario Bros. Film, der eine reelle Chance hat, als erfolgreichster Film 2023 Geschichte zu schreiben. Insofern ist der Zeitpunkt gut gewählt, um auch mit Gran Turismo sein Glück zu versuchen. Die Akzeptanz für solche Adaptionen ist so hoch wie noch nie, die besagte Reihe gehört zudem zu den erfolgreichsten überhaupt. Mehr als 90 Millionen Spiele wurden in den vergangenen 25 Jahren verkauft.
Und doch ist der Film kaum mit den obigen Beispielen zu vergleichen. Aus gutem Grund: Während deren Vorlagen konkrete Geschichten erzählen und eigene Figuren erfanden, die man auf die Leinwand bringen konnte, da handelt es sich bei dem 1997 veröffentlichten Gran Turismo um eine Rennsportsimulation. Da gibt es weder eine Geschichte noch Charaktere, sofern man nicht die lizensierten Wagen als solche bezeichnen wollte. Zum Glück von Sony, die sowohl hinter dem Spiel wie hinter dem Film stecken, gibt es aber eine wahre Geschichte, die sich anbietet. So irrsinnig sich die obige Inhaltsangabe anhört, basiert sie doch auf einer wahren Biografie. Jann Mardenborough hat tatsächlich 2011 die GT Academy gewonnen, ein gemeinsames Casting- und Förderprogramm von Nissan und Sony PlayStation. Im Anschluss nahm er an zahlreichen Autorennen teil – mit echten Autos wohlgemerkt – und hatte damit Erfolg.
Erzählerisch langweilig
Aber so ungewöhnlich diese Laufbahn ohne Zweifel ist, der darauf aufbauende Film ist ziemlich austauschbar. Nicht nur dass die üblichen Stationen solcher Aufsteigergeschichten abgearbeitet werden, was in etwa den Charme und die Persönlichkeit einer Checklist hat. Auch bei den Figuren versuchte man noch nicht einmal, tatsächlich prägnante Charaktere zu entwerfen. Besonders schlimm ist das bei den beiden Antagonisten Matty Davis (Darren Barnet) und Nicholas Capa (Josha Stradowsk), deren einzige Eigenschaft die jeweilige Überheblichkeit ist.
Nicht einmal die Hauptfigur ist interessant, sieht man einmal von ihrem unerwarteten Musikgeschmack ab, der an einer Stelle eine besondere Bedeutung erhält. Zwar ist Darsteller Archie Madekwe (Voyagers) charismatisch. Er kommt aber nicht gegen das Drehbuch an, das sich so sehr vor Ecken und Kanten fürchtet, als hätten ein halbes Dutzend Marketingabteilungen mitgeschrieben. Irritierend ist in dem Zusammenhang ein sehr prägendes Ereignis im späteren Verlauf, das sich dazu angeboten hätte, mal ein bisschen tiefer zu bohren. Stattdessen wird auf fragwürdige Weise ein Schicksalsschlag zu einer kitschigen Durchhalteparole genutzt – und damit missbraucht.
Witzig, mit viel Werbung
Wenn es etwas gibt, das den Film von anderen unterscheidet, dann ist es die Verbindung zu den Videospielen. Die ist zwar streckenweise so aufdringlich, dass man das Gefühl hat, es mit einer Dauerwerbesendung zu tun. Wer Barbie schon kritisch fand, braucht es hiermit erst gar nicht zu versuchen. Aber es bringt auch einige witzige Einfälle mit sich. So zeigt der eigentlich auf Science-Fiction-Werke spezialisierte Regisseur Neill Blomkamp (District 9, Elysium) beispielsweise über den Wagen immer wieder die aktuelle Position an, wie in einem Videospiel. Witzig ist zudem eine frühe Demonstration von Janns Fahrtalent, das mit dem Motiv von Missionszielen arbeitet. Allgemein gibt es immer mal wieder Humor, was oft die unterhaltsameren Momente sind. Tatsächlich wäre es im Nachhinein vielleicht besser gewesen, die Geschichte gleich ganz als Komödie aufzuziehen. So bleibt Gran Turismo ein nur durchschnittlicher Film, der gleichzeitig kurios und etwas langweilig ist. Da können auch ein paar ganz temporeiche Rennen nicht mehr viel reißen.
OT: „Gran Turismo“
Land: USA, Japan
Jahr: 2023
Regie: Neill Blomkamp
Drehbuch: Jason Hall, Zach Baylin
Musik: Lorne Balfe, Andrew Kawczynski
Kamera: Jacques Jouffret
Besetzung: Archie Madekwe, David Harbour, Orlando Bloom, Darren Barnet, Djimon Hounsou, Geri Halliwell, Josha Stradowsk, Maeve Courtier-Lilley
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