Der Schock ist groß, als Beverly (Sam Shepard) eines Tages spurlos verschwindet und später tot aufgefunden wird. Nun heißt es für dessen Frau Violet (Meryl Streep), ohne ihn weiterzumachen. Dabei ist sie nicht allein, die gesamte Familie kommt noch einmal zusammen. So ist Violets Schwester Mattie Fae (Margo Martindale) da, zusammen mit ihrem Mann Charles (Chris Cooper) und ihrem Sohn Little Charles (Benedict Cumberbatch). Hinzu kommen Violets Töchter Barbara (Julia Roberts), Karen (Juliette Lewis) und Ivy (Julianne Nicholson), sowie Barbaras entfremdeter Mann Bill (Ewan McGregor) und die gemeinsame Tochter Jean (Abigail Breslin). Doch anstatt sich in ihrer Trauer gegenseitig zu stützen, beginnen sie, sich gegenseitig schwere Vorwürfe zu machen und alte Geschichten auszugraben …
Der Tod als Mittel der Begegnung
Es gibt ein paar Anlässe, die können in Filmen immer genommen werden, um Familien zusammenzubringen. Das sind auf der einen Seite irgendwelche Feierlichkeiten, vom Geburtstag über die Hochzeit bis zu Weihnachten. Aber auch ein weniger schöner Anlass bietet sich an: der Tod eines nahestehenden Menschen. Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Filmen, die damit beginnen, dass die Hauptfigur in ihre alte Heimat zurückkehrt anlässlich eines Todesfalls. Manchester by the Sea ist so ein Beispiel, auch die Serie Am Ende – Die Macht der Kränkung greift auf ein solches Szenario zurück. Bei Im August in Osage County ist es im Grundsatz ähnlich. Zwar strömen einige der Verwandten bereits herbei, als noch gar nicht klar ist, dass Beverly tot ist. Die eigentliche Geschichte beginnt jedoch erst, als sich die Familie zum gemeinsamen postmortalen Abendessen zusammensetzt.
Ausgedacht hat sich dieses konkrete Szenario Tracy Letts, der als Schauspieler bekannt ist, aber auch mehrere Bühnenstücke geschrieben hat. So eben auch das 2007 veröffentlichte August: Osage County, das mit einem Pulitzer Preis ausgezeichnet wurde und welches der US-Amerikaner selbst zu einem Drehbuch umschrieb. Dass die Geschichte ursprünglich im Theater zu Hause war, ist hier immer wieder zu spüren. Das zeigt sich zum einen in der Dialoglastigkeit: Es gibt nahezu keine Handlung, dafür wird die ganze Zeit geredet, oft auch geschrien. Außerdem ist das Setting sehr begrenzt. Der überwiegende Teil des Films spielt an dem großen Familientisch oder dem sich daran anschließenden Zimmer. Regisseur John Wells (Im Rausch der Sterne) versucht auch gar nicht, inszenatorisch mehr daraus zu machen als ein wortreiches Kammerspiel.
Ein Familienduell jenseits der Schmerzgrenze
Das mag auch daran liegen, dass der Inhalt ziemlich reichhaltig ist und gar nicht viel Drumherum braucht. Die Familie als dysfunktional zu beschreiben, wäre noch geschmeichelt. Da geht praktisch gar nichts zusammen, jedes Aufeinandertreffen führt unweigerlich zu Duellen, Kriegserklärungen oder zumindest heftigen Vorwürfen. Nicht jeder davon ist dabei nachzuvollziehen. Tatsächlich ist Im August in Osage County ein völlig überzogenes Drama, gegen das voyeuristische Nachmittags-Talk-Shows, wie es sie früher ohne Ende gab, harmlos wirken. Zumal auch noch alte Geheimnisse gelüftet werden und es eine Flut von Schicksalsschlägen und charakterlichen Mankos gibt. Da treffen schwere Krankheiten auf Abhängigkeiten und Eheprobleme: Obwohl sich da nicht wenige Leute am Tisch tummeln, ist da niemand dabei, der glücklich mit seinem Leben ist oder wenigstens souverän damit umgeht.
Dass das alles völlig übertrieben ist, ist klar. Soll es aber auch wohl sein: Obwohl der Film sehr dramatische Elemente hat, wird er als Tragikomödie bezeichnet. Tatsächlich ist die Tonalität hier ein bisschen diffus. Für eine reine Komödie ist das nicht komisch genug. Damit einem das im Sinne eines Dramas nähergeht, ist es hingegen zu übertrieben. Trotz einzelner universeller Punkte, es ist nicht einfach, sich bei dieser Familie irgendwie wiederfinden zu können. Wer das gar nicht braucht, erlebt in Im August in Osage County eine Reihe beeindruckender Begegnungen, bei denen wirklich sämtliche Register gezogen werden. Das Ensemble liefert erstklassige Arbeit. Der Fokus liegt zwar auf den Figuren von Meryl Streep und Julia Roberts, die jeweils hierfür eine Oscar-Nominierung erhielten. Aber auch die restlichen Kollegen und Kolleginnen tragen dazu bei, dass man hier großes Schauspielkino sieht und dabei den Inhalt fast vergisst.
OT: „August: Osage County“
Land: USA
Jahr: 2013
Regie: John Wells
Drehbuch: Tracy Letts
Vorlage: Tracy Letts
Musik: Gustavo Santaolalla
Kamera: Adriano Goldman
Besetzung: Meryl Streep, Julia Roberts, Ewan McGregor, Chris Cooper, Abigail Breslin, Benedict Cumberbatch, Juliette Lewis, Margo Martindale, Dermot Mulroney, Julianne Nicholson
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 2014 | Beste Hauptdarstellerin | Meryl Streep | Nominiert |
Beste Nebendarstellerin | Julia Roberts | Nominiert | ||
BAFTA | 2014 | Beste Nebendarstellerin | Julia Roberts | Nominiert |
Golden Globes | 2014 | Beste Hauptdarstellerin (Komödie oder Musical) | Meryl Streep | Nominiert |
Beste Nebendarstellerin | Julia Roberts | Nominiert |
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