Irgendetwas stimmt nicht, dessen ist sich Billie (Maisie Richardson-Sellers) sicher. Sie weiß nur nicht genau was. So hat sie immer wieder Blackouts, ist überzeugt, dass etwas Schlimmes geschehen ist, ohne sich daran erinnern zu können. Sie hat auch eigenartige Déjà-vus, so als hätte sie das alles schon einmal erlebt. Als sie Alex (Shannon Woodward) kennenlernt und die beiden rasch ein Paar werden, scheint sich alles zum Besseren zu wenden. Doch die Probleme mit ihrem Gedächtnis bleiben. Sie scheinen sogar immer schlimmer zu werden, Billie verliert sich zunehmend in Visionen und kann kaum noch unterscheiden, was real ist und was nicht. Umso größer ist ihr Wunsch, Licht in das Dunkel zu bringen und herauszufinden, was nicht mit ihr stimmt …
Zwischen Amnesie und Zeitschleife
Disney+ ist nicht unbedingt der Streamingdienst, den man mit dem Horrorgenre in Verbindung bringen würde. Und doch finden sich immer mal wieder neue Filme aus dem Bereich dort, die entweder Produktionen der früheren 20th Century Fox sind oder vom US-amerikanischen Schwesterndienst Hulu stammen. Diese Beiträge werden von Disney oft mit Missachtung gestraft. Klar gibt es auch Titel wie Barbarian, die schon etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen. Doch die meisten Horrorfilme kommen aus dem Nichts, werden kaum beworben, teilweise nicht einmal angekündigt. Clock oder Matriarch mussten selbst schauen, wo sie blieben. Noch übler erwischt es nun Jagged Mind. Der Film fand sich zwar ausnahmsweise wieder auf der monatlichen Ankündigungsliste. Offensichtlich war man aber so wenig davon überzeugt, dass auf eine Synchronisation verzichtet wurde – egal in welcher Sprache.
Das ist schade, weil der Film interessanter ist als viele Genrebeiträge, die in der letzten Zeit erschienen sind. So kombiniert Drehbuchautorin Allyson Morgan, die hiermit ihren Kurzfilm First Date zu einem Langfilm ausarbeitet, zwei Elemente, die in Mystery-Thrillern immer wieder gern gesehen sind. Das eine ist das des Gedächtnisverlustes, wenn die Hauptfigur sich nicht mehr an die Vergangenheit erinnern kann. Das andere ist das der Zeitschleife, wenn jemand denselben Tag oder einen Zeitabschnitt immer wieder erlebt. Nur dass man bei Letzterem nicht ganz sicher sein kann, ob das überhaupt geschieht. Wo beispielsweise der japanische Horrorfilm re:member von Anfang an klarmacht, dass die Schüler und Schülerinnen in einer blutigen Schleife gefangen sind, sie sich auch an die Erlebnisse erinnern, da ist bei Jagged Mind völlig offen, was gespielt wird. Hat Billie diese Situationen wirklich erlebt oder sind diese Déjà-vu-Visionen Ausdruck ihres zunehmenden geistigen Verfalls?
Erschreckend, aber nicht wirklich spannend
Die Auflösung ist originell und wird, entsprechend einem Trend des Horrorgenres, mit einem deutlich alltäglicheren Thema verbunden. Genauer erzählen Morgan und Regisseurin Kelley Kali von einer – Vorsicht kleiner Spoiler – toxischen Beziehung, in der eine Person die andere manipuliert. Das geschieht hier zwar auf eine Weise, die niemand wohl erahnen kann und die dem Film eine reizvolle exotische Note verleihen. Doch die zugrundeliegenden Mechanismen bei Jagged Mind lassen sich ohne weiteres auf normale Beziehungen übertragen. Die beiden führen vor Augen, was es heißt, in einer Partnerschaft gefangen zu sein und in dieser leiden zu müssen, ohne dass man sich der Einzelheiten bewusst ist.
Der Mystery-Anteil, der von Anfang an ausgespielt wird, hat auch vorher schon seinen Reiz. Man möchte als Zuschauer bzw. Zuschauerin doch ganz gerne wissen, was hinter dieser eigenartigen Geschichte steckt. Allerdings sollte man dennoch nicht zu viel Spannung erhoffen. So geschieht in Jagged Mind letztendlich über längere Zeit nicht sehr viel. Es kommt auch durch das Szenario bedingt zu mehreren Wiederholungen, die ungeduldigere Naturen mindestens herausfordern werden. Das könnte zusammen mit einigen offenen Fragen dazu beigetragen haben, dass die Reaktionen auf imdb sehr mäßig ist. Möglicherweise hängt es aber auch damit zusammen, dass im Mittelpunkt eine dunkelhäutige Homosexuelle steht, was manche als gleich doppelt provokativ empfinden. Dabei spielt das für die Geschichte keine große Rolle: Was hier geschieht, könnte zumindest im übertragenen Sinn, allen geschehen, was die Auflösung umso erschreckender macht.
OT: „Jagged Mind“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Kelley Kali
Drehbuch: Allyson Morgan
Musik: Jongnic Bontemps
Kamera: Rasa Partin
Besetzung: Maisie Richardson-Sellers, Shannon Woodward, Rosaline Elbay
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