Während einer Zugfahrt begegnet Snàporaz (Marcello Mastroianni) einer Frau (Bernice Stegers), deren Reizen er nicht widerstehen kann. Als der Zug einen Zwischenstopp einlegt, folgt der Schürzenjäger ihr hinaus in die Natur und in ein Haus, wo gerade ein Kongress von Feministinnen stattfindet. Nachdem er sich ein Bild vom Geschehen in den einzelnen Räumen gemacht hat und weiterhin der Frau gefolgt ist, richten sich alle Blicke auf ihn und er wird scheinbar zur Zielscheibe all der negativen Gefühle gegenüber der Männerwelt. Panisch sucht er nach einem Ausweg, doch jede Route bringt ihn abermals in Kontakt mit den Frauen, die gegen Machos, Chauvinisten und das Patriarchat protestieren. Bei einem Frauen- und Waffennarr namens Xavier Katzone (Ettore Manni) scheint Snàporaz etwas Ruhe zu finden, doch auch die ist nur zeitweise.
Die weibliche Psyche
Während die Reaktionen der Kritik auf Stadt der Frauen noch verhalten positiv ausfielen, fand beispielsweise Federico Fellinis Kollege Andrei Tarkowski deutliche Worte für den Film, den er als „wertlos“ und „schrecklich“ beschrieb. In seiner insgesamt dritten Zusammenarbeit mit Schauspieler Marcello Mastroianni wollte er sich der „weiblichen Psyche“ widmen, wie Fellini im Interview mit Constanzo Constantini erklärt, doch nicht zuletzt Feministinnen sahen in dem Film einen entstellte Sicht auf ihre Ideale. Stadt der Frauen mag auch wegen dieser Reaktionen im Schatten von La dolce vita – Das süße Leben oder 8 1/2 stehen, doch gerade aus heutiger Sicht hat Stadt der Frauen sehr viel an Aktualität gewonnen. In einem immer extremer werdenden Reigen von Bildern setzt sich Fellini nicht nur mit dem Feminismus auseinander, sondern blickt ebenso auf toxische Männerbilder, wobei er sich mehrfach der Überzeichnung und der Karikatur bedient.
In Mastroianni hat Fellini, wie schon in anderen Werken, ein Spiegelbild seiner Überzeugungen gefunden. Snàporaz ist eine Lebemann, ein Casanova und ein Macho, auch wenn er es selbst freilich etwas romantischer und versöhnlicher ausdrücken würde. Aus einer verheißungsvollen Begegnung wird ein Gang durch die Hölle (die maskuline wie auch die feminine), alles motiviert durch seinen Sexualtrieb zum einen und schließlich dem sich den wertenden Blicken der Frauen zu entziehen. Immer ausschweifender, fantasievoller und teils dadaistisch werden die Bildkompositionen, die Sets und die Situationen, die man als Zuschauer ebenso staunend verfolgt wie Snàporaz, der sich schließlich einfach treiben lässt. Viele Elemente dieses Bilderreigens sind reizvoll, manche gar in ihrer Beobachtung von Sichtweisen oder Posen komisch-brillant, andere wiederum sind so abstrus, dass sie übers Ziel hinausschießen.
Zwischen Männern und Frauen
In über zwei Stunden karikiert Fellini sowohl Männer- als auch Frauenbilder. Die offene Männerfeindlichkeit und die Ablehnung von Rollenbildern wird ebenso ironisch hinterfragt wie der Blick der Männer. Ettore Mannis Figur nimmt dabei die Rolle des Schürzenjägers sehr wörtlich, wenn er Frauen wie Trophäen sich an die Wand hängt und seine 10.000ste Bettgenossin mit einem rauschenden Fest feiert (samt einer entsprechenden Anzahl an Kerzen auf dem übergroßen Kuchen). Auf beiden Seiten regiert der Exzess, der Snàporaz zur Introspektion verleitet und den Zuschauer zur Distanz zum Gesehenen, selbst wenn nicht immer klar ist, auf was genau Fellini eigentlich hinaus will. So richtig auflösen kann der Regisseur dieses Geflecht aus Bildern und Figuren dann jedoch nicht, was zu einem sehr unbefriedigenden Ende führt.
OT: „La città delle donne“
Land: Italien
Jahr: 1980
Regie: Federico Fellini
Drehbuch: Federico Fellini, Paula Mitchell,. Brunello Rondi, Bernardino Zapponi
Musik: Luis Bacalov
Kamera: Giuseppe Rotunno
Besetzung: Marcello Mastroianni, Anna Prucnal, Bernice Stegers, Donatella Damiani, Ettore Manni, Fiammetta Baralla
Cannes 1980
Locarno 2023
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