Einhundert Menschen verschiedenster Gruppierungen rennen exzessiv schreiend und voller neugieriger Vorfreude auf eine schrill bunt leuchtende Wand zu. Jeder gibt sein bzw. ihr Bestes, um den Wall zu bezwingen, doch die glitschige Beschaffenheit sowie zahlreiche in Rüstung gekleidete und mit Wasserschläuchen bewaffnete Soldaten erschweren den motivierten Angreifern ihre Kletterpartie. Was sich wie ein Fiebertraum oder wie eine neue Staffel Squid Game anhört, ist nichts anderes als die Neuauflage des berühmten Kultklassikers Takeshi’s Castle aus den späten 1980er Jahren. Nach nun fast über 30 Jahren Pause lässt Amazon Prime Video wieder zahlreiche mutige Angreifer auf das Schloss des Fürsten Takeshi stürmen und verleiht der bekannten japanischen Spielshow dabei einen neuen modernen Glanz.
Zauberwort Nostalgie
Schaut man sich in der Popkultur der letzten Jahre einmal genauer um, so fällt vor allem ein häufig genutztes Schema stetig ins Auge. Filme, Serien und Fernsehsendungen, die sich großer Popularität erfreuen und einen gewissen Kultstatus erlangt haben, werden neu verfilmt, neu aufgelegt oder in sonst irgendeiner Art verarbeitet, um am Erfolg der Marke weiterhin festzuhalten. So setzen zum Beispiel Serien wie How I Met Your Father und kürzlich erschienene Kinofilme, wie Der Super Mario Bros. Film, Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben oder Indiana Jones und das Rad des Schicksals vor allem auf ein Zauberwort – Nostalgie. Die Sehnsucht nach Vergangenem wird hierbei offensichtlich als Werkzeug genutzt, um zahlreiche Zuschauer an die Gefühle von früher zu erinnern. In manchen Fällen klappt diese Taktik sehr gut – oft schwingt die Sehnsucht aber auch in Ernüchterung und Enttäuschung um, wenn sich hinter der Nostalgie rein wirtschaftliche Aspekte herauskristallisieren.
Im Fall von Takeshi’s Castle verhält es sich ähnlich. Egal welches Alter – fast jeder hat schon einmal Berührungspunkte mit dem japanischen Kult-Klassiker gehabt. In Japan von 1986 bis 1989 in insgesamt 133 Folgen erschienen, wurde die Spielshow in Deutschland in verschiedensten Varianten und Formen immer wieder ausgestrahlt, weshalb die Sendung keineswegs nur in einer Generation stattgefunden hat. Da liegt es also nahe, auch hier auf Grundlage der Nostalgie den Fans neue Inhalte zu bieten und die Show neu aufzulegen. Und im Prinzip ist es auch genau das, was die von Amazon Prime Video produzierte Sendung nun auch versucht. Von Anfang an wird so der Bezug zum Original deutlich.
Mehr Humor
Immer wieder zeugen Filmausschnitte aus den früheren Aufzeichnungen von der Liebe zum Detail und auch bei den einzelnen Etappen hat man sich von beliebten Klassikern inspirieren lassen. Trotz des Altbekannten bieten sich aber vor allem für die deutschen Zuschauer auch neue Aspekte der Show, da man sich bei den auf RTL II und DSF ausgestrahlten Varianten lediglich auf die Spiele beschränkte. So sind vor allem die im Original schon verwendeten humoristischen Gespräche zwischen Fürst Takeshi und dessen Beratern, sowie die in Safari-Kostüme gekleideten Feldreporter, welche die Kandidaten nach deren Scheitern interviewen ein netter Zusatz – nach einiger Zeit sind die allerdings auch auserzählt.
Repetitives Narrativ
Das Narrativ der Spielshow bleibt wie im Original dasselbe. Hunderte wagemutige Angreifer machen sich auf den Weg, um den Fürsten Takeshi von dessen Thron zu stürzen. Jedoch teilen sich die Kandidaten nun auf insgesamt drei Burgen auf, die zuerst erobert werden müssen, um den Fürsten gefährlich zu werden. Dabei müssen sie zahlreiche Parcours bewältigen, die bekannten Jump’n’Runs wie Super Mario Bros. oder Sonic nachempfunden sind. Berühmte Vertreter sind hierbei zum Beispiel der Grenzwall, bei dem die Kandidaten eine rutschige Schräge heraufrennen müssen oder die Straße nach Gibraltar, bei der eine wackelige Hängebrücke passiert werden muss, während von allen Seiten Bälle und Wasserfontänen die Angreifer behindern. Die einzelnen Spiele zeugen dabei durchaus von Kreativität, Witz und Humor. Auch der hohe Schwierigkeitsgrad der einzelnen Etappen sorgt für Spaß beim Zuschauen – Schadenfreude ist ja bekanntlich eine der schönsten Freuden.
Jedoch fällt spätestens nach zwei bis drei Folgen eine gewisse Repetivität ins Gewicht, der man sich trotz der ganzen Freude am Scheitern der Kandidaten nie entziehen kann. Immer wieder wiederholen sich die einzelnen Spiele, was sich auch durch diverse Upgrades und Erhöhungen der Schwierigkeiten nicht gänzlich ausblenden lässt. Zudem sorgen Trostrunden dafür, dass man sich beim Zuschauen nie wirklich über das Ausscheiden eines Kandidaten sicher sein kann. Somit entsteht nach einiger Zeit der Eindruck, dass die Show an der einen oder anderen Stelle etwas zurechtgeschnitten wurde, um einen narrativ überzeugenden Spannungsbogen aufzubauen. Dieser Plan geht in Anbetracht des eher ernüchternden Staffelfinales jedoch nur mäßig auf.
Mit Spaß dabei
Was man jedoch positiv festhalten muss, ist der Spaß an der Sache selbst, den alle Beteiligten nach außen und innen ausstrahlen. Alle Kandidaten sind herrlich freundlich untereinander und auch die Verteidiger haben sichtlich Freude daran, die Angreifer immer wieder zu jagen, ins Wasser zu befördern oder sonst auf irgendeine Art und Weise am Weiterkommen zu hindern. Takeshi’s Castle nimmt sich somit an keiner Stelle zu ernst und ist somit ein netter kurzweiliger Spaß für zwischendurch.
OT: „Fūun! Takeshi-jō“
Land: Japan
Jahr: 2023
Regie: Masato Inui, Hiroyuki Shimizu, Tetsuo Saito, Daisuke Kaneko, Ayumi Inoue
Drehbuch: Nobu Horita
Musik: Yoshihisa Hirano
Kamera: Genta Yamaki, Naoki Hayashi, Yuka Kabasawa
Moderation: Jun Hattori, Hakuzan Kandan
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