Nach einem längeren Einsatz in Afghanistan ist die Armeeärztin Izzy (Jemima West) froh, wieder in die Heimat fahren zu dürfen. Und doch, so richtig gut geht es ihr dort nicht. Irgendwie fühlt sich vieles falsch an. So hat ihr Mann Ethan (Christopher Dane) seine Arbeit an Legenden aus Hawaii abgebrochen und interessiert sich mehr für Kinderbücher. Und auch Emma (Rebecca Hanssen) und Tommy (Harry McMillan-Hunt) verhalten sich komisch. Oder bildet sich Izzy das alles nur ein? Vielleicht hat sie der Krieg und die Zeit dort doch stärker beeinflusst und sie leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung? So oder so wird der Alltag immer mehr zu einer Belastung, ohne dass sie wirklich wüsste, wie sie für eine Verbesserung sorgen könnte …
Der Schrecken der Heimat
Zuletzt hat es gleich mehrere Horrorfilme gegeben, in denen die Hauptfiguren nach einer längeren Abwesenheit in ihre Heimat zurückkehren und dort unheimliche Erfahrungen machen. Meistens geht das damit einher, dass sie sich mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinandersetzen müssen. The Ones You Didn’t Burn und Fear the Dark sind aktuelle Beispiele für dieses Motiv. Grundsätzlich geht Unfamiliar – Fremde Bedrohung in eine ähnliche Richtung, unterscheidet sich dabei aber in einigen Punkten deutlich. Während bei den beiden obigen Filmen ein Schicksalsschlag die jeweiligen Charaktere dazu bringt, widerwillig die Heimat zu besuchen, wird hier die Heimat zu einem Ort, an dem Izzy den Schrecken da draußen in der Welt hinter sich lassen und vergessen will.
Das klappt aber nicht, wie schnell klar wird. Anstatt sich sicher und geborgen zu fühlen, ist alles anders und fremd für sie. Das ist als grundsätzliche Idee ganz spannend, gerade auch zu Beginn, wenn nicht klar ist, was sich Izzy einbildet und was wirklich geschieht. Unfamiliar – Fremde Bedrohung zeigt auf diese Weise, eingebettet in einen Horrorfilm, wie sich ein Mensch durch unmenschliche Erfahrungen im Krieg von allen anderen entfremdet. Ihr Mann ist ein anderer geworden, die Kinder verhalten sich seltsam. Oder ist es doch sie, die sich seltsam verhält? Das greift auf ein beliebtes Mittel in dem Genre zurück, bei dem die Hauptfigur aus welchem Grund auch immer psychisch angeknackst ist und deshalb schwer zu sagen ist, wo die seelische Belastung endet und das Übernatürliche beginnt. Der Klassiker Bis das Blut gefriert zeigte meisterhaft, wie man sich in diesem ambivalenten Bereich aufhalten kann.
Viele Ideen, wenig Spannung
Hier ist das jedoch deutlich weniger überzeugend. Das liegt weniger an Hauptdarstellerin Jemima West (Sans répit – Ruhelos), deren Verkörperung einer zweifelnden und kämpfenden Frau keinen Grund zur Klage gibt. Die Probleme liegen mehr auf der inhaltlichen Seite. So haben Regisseur Henk Pretorius und seine Co-Autorin Jennifer Nicole Stang eine ganze Reihe von Motiven und Ideen eingebaut, die sie dann aber nicht konsequent verfolgen. Einiges davon ist interessant, wenn es beispielsweise um die Legenden aus Hawaii und kulturelle Aneignung geht, anderes hingegen beliebig zusammengeklaubt wird. Unfamiliar – Fremde Bedrohung wird dadurch zu einem seltsam unschlüssigen Sammelsurium, das letztendlich unbefriedigend bleibt.
Richtig spannend ist der Film auch nicht. Während Pretorius inhaltlich zumindest noch eigene Ansätze demonstriert, fehlen diese bei der Inszenierung. Stattdessen ist Unfamiliar – Fremde Bedrohung dem Titel zum Trotz eine Ansammlung bekannter Bestandteile. Das funktioniert dann zwar schon alles irgendwie, reicht aber nicht aus, um in der Flut an Horror-Titeln, die Jahr für Jahr erscheinen, bestehen zu können. Richtig ärgern muss man sich über das Werk nicht, höchstens über das vergeudete Potenzial. Aber es fehlt eben auch das zwingende Argument, warum man ausgerechnet diesen Horrorfilm anschauen sollte, dafür gibt es einfach zu viele, die etwas Ähnliches machen und dabei besser sind.
OT: „The Unfamiliar“
Land: UK
Jahr: 2020
Regie: Henk Pretorius
Drehbuch: Henk Pretorius, Jennifer Nicole Stang
Musik: Walter Mair
Kamera: Pete Wallington
Besetzung: Jemima West, Christopher Dane, Rebecca Hanssen, Harry McMillan-Hunt, Rachel Lin, Tori Butler-Hart
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