Who Is Erin Carter?

Richtig bemerkenswert ist das Leben von Erin Carter (Evin Ahmad) nicht gerade. So ist sie zwar glücklich mit ihrem Mann Jordi (Sean Teale) und ihrer Tochter Harper (Indica Watson), die einer früheren Beziehung entstammt. Beruflich kommt sie hingegen kaum voran, mehr als eine Aushilfsstelle an der Schule ist bislang nicht drin gewesen. Und auch mit der Nachbarschaft hat sie so ihre Schwierigkeiten. Richtig kompliziert wird es jedoch, als sie in einem Supermarkt Zeugin eines Überfalls wird und beherzt eingreift. Tatsächlich überwältigt sie nicht nur einen der Angreifer, sondern tötet ihn auch dabei. Das sorgt nicht nur bei ihrer Familie, sondern auch bei anderen für Bestürzung. Dabei ahnen sie nicht, dass Erin eine Vorgeschichte hat und nicht diejenige ist, für die sie alle halten …

Eine gewöhnliche Mutter mit einem großen Geheimnis

Sie erfreuen sich immer wieder größerer Beliebtheit: Geschichten um Menschen, die ein ganz normales Leben führen und dabei eigentlich jemand ganz anderes sind. Dabei liegt der Reiz oft in dem Nebenher von einem gewöhnlichen Alltag und gefährlichen Situationen, in denen sich die Hauptfigur beweisen muss. Bei Netflix scheint man damit auch gute Erfahrungen gesammelt zu haben. Zumindest ist es auffällig, wie viele Serien dort erscheinen, die auf ein solches Szenario zurückgreifen. Sowohl in In from the Cold wie auch in Ein Teil von ihr stellt sich heraus, dass eine unscheinbare Mutter nicht die Person ist, die sie vorgibt zu sein. Da ist immer ein altes Geheimnis, eine verborgene Identität – sowie besondere Fähigkeiten, die im Ernstfall zum Einsatz kommen. Und auch in der neuen Serie Who Is Erin Carter? ist das so.

Die in Spanien spielende britische Produktion beginnt dabei vergleichbar damit, dass die Protagonistin in einer frühen Szene in Bedrängnis gerät und sich beweisen muss. Das Publikum weiß damit, noch bevor die Geschichte richtig angefangen hat, dass es da ein großes Geheimnis gibt. Wobei natürlich auch schon der Titel Who Is Erin Carter? darauf hinweist, dass Erin nicht Erin ist. Damit steigt dann gleich die Neugierde, mit wem wir es zu tun haben und was der Hintergrund ist. Bis es darauf richtige Antworten gibt, dauert es jedoch eine Weile. Erst rund zur Hälfte der sieben Folgen langen Staffel tauchen wir tiefer in die Vergangenheit ein und bekommen Erin in einem anderen Kontext zu sehen. Da wird es dann auch gleich etwas actionreicher. Wobei es auch nach diesem längeren Flashback Szenen gibt, in denen die Titelfigur unter Beweis stellen darf und muss, dass sie nichts von ihren früheren Fertigkeiten verlernt hat.

Unterhaltsam, aber etwas überfrachtet

Hauptdarstellerin Evin Ahmad (Schnelles Geld) macht dabei auch durchaus eine gute Figur. Vor allem in der sechsten Episode, wenn auf einmal die Geschichte richtig zulegt und Erin gleich in mehrfacher Hinsicht gefordert ist, ist für gute Unterhaltung gesorgt. In anderen Folgen ist das nicht immer so. Zwischenzeitlich zieht sich die Serie. Zwar ist die Gesamtlaufzeit nicht so wahnsinnig lang, rund fünfeinhalb Stunden muss man für alles einplanen. Da die Drehbuchautoren neben der Haupthandlung um die Frau, die von ihrer Vergangenheit eingeholt wird, aber noch diverse andere eingebaut haben, kommt Who Is Erin Carter? zuweilen nicht wirklich voran. Problematisch ist dabei auch, dass manche Stränge nicht zu Ende erzählt werden, sondern einfach irgendwann ignoriert werden, was wenig befriedigend ist.

Wenn man bei diesen Punkten nicht ganz so anspruchsvoll ist und sich auch nicht daran stört, dass das grundsätzliche Prinzip der Serie schon diverse Male zuvor umgesetzt wurde, kann aber seinen Spaß haben. Die schauspielerischen Leistungen schwanken zwischen solide und gut. Es gibt vereinzelt schön fiese Situationen und Duell-Momente. Außerdem will man schon wissen, wie die zwei großen Bedrohungen zusammengeführt werden und wie sich Erin aus dem Ganzen wieder befreit. Im Vergleich zu Mask Girl, einer anderen kürzlich auf Netflix veröffentlichten wendungsreichen Thrillerserie, zieht Who Is Erin Carter? zwar den Kürzeren. Für sich genommen kann man hier aber schon mal einen Blick riskieren.