Zuhause bei den Furys – Staffel 1

Wer bei Zuhause bei den Furys auf eine Art McGregor Forever hoffte, der dürfte wohl ziemlich enttäuscht werden. Die einzige Gemeinsamkeit der neuen Reality-Show um den ungeschlagenen Boxweltmeister im Schwergewicht Tyson Fury und der Miniserie über den ehemaligen UFC-Champion Conor McGregor liegt darin, dass sie beide bei Netflix erschienen sind. Konzeptuell sind sie jedenfalls ziemlich gegensätzlich: Während McGregor Forever sich auf den Kämpfer McGregor fokussierte, aber auch den Privatmann und Familienvater McGregor zeigte, ist der Privatmann und Familienvater Fury Dreh- und Angelpunkt von Zuhause bei den Furys, auch wenn es immer wieder einmal und vor allem zum Ende hin um den Boxer Fury geht.

Aus dem Privatleben des Boxers

Der Titel Zuhause bei den Furys weckt bereits Assoziationen zu vergleichbaren Formaten wie Keeping Up with the Kardashians, Hogan Knows Best oder The Osbournes. Folgerichtig gehört das Spotlight hier nicht nur allein Tyson. Vor der Kamera – entweder in ihrer natürlichen Umgebung oder gezielt für Auftritte als talking heads – erscheinen seine Ehefrau Paris, sein Vater John, sein Halbbruder Tommy sowie seine sechs Kinder. Erweitert wird der Fury-Clan mit Tommys Lebensgefährtin Molly Mae Hague, welche ein Kind erwartet. Oder aus heutiger Sicht gesprochen: Welche ein Kind erwartete, denn im Januar 2023 gebar sie eine Tochter. Seit Juli 2023 sind Tommy und Molly verlobt. Zuhause bei den Furys beginnt jedoch ziemlich genau ein Jahr früher. Tyson Fury, der seinen Weltmeistertitel vor wenigen Wochen routiniert gegen Dillian Whyte verteidigt hatte, gab danach bekannt, dass er sich vom aktiven Sport zurückziehe. Somit ist dann auch die Überleitung in den Familienalltag bei den Furys gelungen.

Unter Boxfans ist Furys Vergangenheit gut bekannt. Die Kämpfe außerhalb des Rings gegen Depressionen, bipolare Störung und den Verfall seiner geistigen Gesundheit sind nichts Neues. Zuhause bei den Furys verweilt dann auch nicht zu lange bei dem Thema, erarbeitet es aber doch ausführlich genug, um völlig Ahnungslosen einen informativen Einblick zu geben. Zu Anfang steht eben auch die Frage im Raum, wie sich das Ausbleiben der Wettkampfsituation auf Furys mentalen Zustand auswirken wird. Es offenbart sich jedoch alsbald, dass Zuhause bei den Furys genau wie McGregor Forever ein zeitliches Problem hat – nur eben wieder mit anderem Vorzeichen. Während McGregor Forever zu früh erschien, erschien Zuhause bei den Furys viel zu spät.

Nur für Fans

Die erste Staffel endet, und das kann schwerlich als Spoiler eingeordnet werden, mit Furys Comeback. Nachdem der nicht zustanden gekommene Kampf mit Anthony Joshua abgearbeitet ist, geht es gegen Ende wie eingangs erwähnt etwas sportlicher zu: Am 3. Dezember 2022 stand Fury zum dritten Mal seinem Landsmann Derek Chisora gegenüber, den er in der zehnten Runde via Technischem Knockout besiegen konnte. Wir sehen ein paar Sequenzen des Boxkampfes, auch wenn die Kamera sich immer wieder ins Publikum begibt. Dort sitzt nämlich erstmalig Tysons ältester Sohn, der ihn noch nie zuvor live hat boxen sehen.

Editing ist für manche sicher ein zeitraubender Prozess, es ist jedoch kaum vorstellbar, dass Zuhause bei den Furys wirklich nicht früher als acht Monate nach Drehschluss veröffentlicht werden konnte. Wer kein Fan von Tyson Fury ist, wer sich gar überhaupt nicht fürs Boxen interessiert, wird mit der Reality-Show wohl eher wenig anfangen können, sofern nicht eine generelle Vorliebe für diese Art Format vorhanden ist: Irgendwelche berühmten Leute leben ihren glamourösen Lifestyle, während sie sich gleichzeitig als absolut bodenständig präsentieren können.