A Haunting in Venice
© 20th Century Studios

A Haunting in Venice

A Haunting in Venice
„A Haunting in Venice“ // Deutschland-Start: 14. September 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Früher einmal, da war Hercule Poirot (Kenneth Branagh) der berühmteste Detektiv der Welt. Doch das ist vorbei, der Belgier hat sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Sein Bodyguard Vitale Portfoglio (Riccardo Scamarcio) sorgt dafür, dass ihm auf seinem Alterssitz in Venedig niemand zu nahe kommt und mit Fällen belästigt. Nur eine schafft es, an diesem vorbeizukommen: die Schriftstellerin Ariadne Oliver (Tina Fey), mit der er seit vielen Jahren befreundet ist. Sie ist es auch, die ihn dazu überredet, an einer Séance mit dem Medium Joyce Reynolds (Michelle Yeoh) teilzunehmen, die im Rahmen einer Halloween-Party abgehalten werden soll. Denn bislang war es Oliver nicht gelungen, sie der Scharlatanerie zu überführen. Neben der Gastgeberin Rowena Drake (Kelly Reilly) nehmen unter anderem der Arzt Dr. Leslie Ferrier (Jamie Dornan) und dessen Sohn Leopold (Jude Hill) daran teil. Aber auch Maxime Gerard (Kyle Allen), der einst mit Drakes verstorbener Tochter liiert war, ist rechtzeitig zur Geisterstunde zugegen. Dabei ahnen sie alle nicht, dass sie bei der Séance tatsächlich bald mit dem Tod zu tun haben werden, als jemand aus der Runde ermordet aufgefunden wird …

Rückkehr des Meister-Detektivs

Als Kenneth Branagh 2017 mit seiner Neuverfilmung von Mord im Orient-Express einen Volltreffer landete – die Adaption des berühmten Romans von Agatha Christie spielte rund das Siebenfache des Budgets wieder ein –, war klar, dass auch weitere Filme folgen würden. Tatsächlich machte man sich bald an die Arbeit, in Tod auf dem Nil schlüpfte der Brite erneut in die Rolle des belgischen Meisterdetektivs. Das Ergebnis war jedoch enttäuschend, kommerziell wie qualitativ. Dass der Film nur etwas mehr als ein Drittel des Vorgängers einspielte, mag auch an den Umständen gelegen haben: die Corona-Pandemie sowie die Kontroverse um Hauptdarsteller Armie Hammer. Dennoch, das Ergebnis war so ernüchternd, dass es verwunderlich erscheint, dass mit A Haunting in Venice ein dritter Film folgt. Noch verwunderlicher ist, dass hierfür keiner der berühmten Romane genommen wurde, sondern Die Schneewittchen-Party, inzwischen auch als Die Halloween-Party bekannt.

Aber auch beim Anschauen dürfte es das eine oder andere irritierte Gesicht geben. Wer sich mit den Büchern der Queen of Crime auskennt, wird beispielsweise eine ziemliche Überraschung erleben. So gibt es zwar noch immer das Motiv der Halloween-Party. Auch dass auf dieser jemand sagt, er habe einen Mord beobachtet, ist gleich geblieben. Ansonsten wurde Christies Roman aber komplett umgeschrieben, selbst die Auflösung ist eine andere. Das Motiv der Séance gab es dort auch nicht. An der Stelle scheint man sich eher von Die letzte Sitzung hat inspirieren lassen. In der 1933 veröffentlichten Kurzgeschichte soll ein Medium den Kontakt zur verstorbenen Tochter einer Frau aufnehmen. Also das, was auch in A Haunting in Venice geschieht. Dieses übernatürliche Motiv ist eine Seltenheit bei der englischen Autorin, die ansonsten mit überwiegend irdischen Rätseln arbeitete.

Ein Krimi wie ein Horrorfilm

Branagh geht aber noch einen ganzen Schritt weiter. So nimmt er nicht nur dankbar das Motiv der Geister an. Er inszeniert das Thema auch, als handele es sich bei dem Film um einen Horrortitel. Das gilt nicht nur für die Szene mit der Séance, die überraschend spannend und dynamisch geworden ist. Auch an anderen Stellen zeigt der nordirische Regisseur ein ungeahntes Talent für dieses Genre, wenn das als Spukhaus verschriene Anwesen der Gastgeberin ein Eigenleben zu entwickeln scheint. Das ist maßgeblich auch dem stimmungsvollen Setting zu verdanken. Dieses ist wie bei Tod auf dem Nil immer irgendwie künstlich. Anders als dort trägt das hier aber zu einer unwirklichen Atmosphäre bei. Verstärkt wird dies durch die eigenwilligen Perspektiven, die Kameramann Haris Zambarloukos (Meg 2: Die Tiefe) immer wieder einnimmt und die einen schon einmal die Orientierung verlieren lassen.

Als Krimi ist der Film ebenfalls sehenswert. So ist die Auflösung zwar überraschend. Es finden sich zwischendurch aber genügend Hinweise, damit das am Ende nicht völlig aus dem Nichts kommt. Größeres Manko sind jedoch die Verhörszenen, wie man sie in Geschichten mit Hercule Poirot oft bekommt. In den Romanen stören sie nicht weiter. In Filmen sind diese Stellen jedoch oft langweilig. So auch bei A Haunting in Venice, wenn das Geschehen dann längere Zeit kaum vorankommt. Dann und wann ergeben sich dadurch zwar auch Überraschungen. Aber eben nicht immer, oft wird das alles nur in die Länge gezogen, die Spannungskurve flacht merklich ab. Ansonsten aber ist der dritte Auftritt dem Vorgänger deutlich überlegen und durch die besagten inszenatorischen Spielereien sogar der interessanteste der drei Filme. Abgerundet wird das Vergnügen durch das Ensemble, das vielleicht nicht ganz so prominent ist wie bei den anderen beiden Adaptionen, aber doch gute Arbeit abliefert.

Credits

OT: „A Haunting in Venice“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Kenneth Branagh
Drehbuch: Michael Green
Vorlage: Agatha Christie
Musik: Hildur Guðnadóttir
Kamera: Haris Zambarloukos
Besetzung: Kyle Allen, Kenneth Branagh, Camille Cottin, Jamie Dornan, Tina Fey, Jude Hill, Ali Khan, Emma Laird, Kelly Reilly, Riccardo Scamarcio, Michelle Yeoh

Bilder

Trailer

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A Haunting in Venice
fazit
Mit „A Haunting in Venice“ geht Kenneth Branagh in mehrfacher Hinsicht überraschende Wege. Nicht nur, dass der Film mit der Vorlage kaum mehr etwas gemeinsam hat. Der Regisseur macht aus dem Stoff eine reizvolle, streckenweise richtig spannende Mischung aus Krimi und Horror, die gerade auch wegen der inszenatorischen Spielereien und eigenwilligen Kameraperspektiven in Erinnerung bleibt.
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